LEITARTIKEL

Renditen bleiben lange niedrig

Die Zinsen und die Staatsanleiherenditen der Eurozone liegen auf historischen Tiefs oder in der Nähe mehrjähriger Tiefstände. Zehnjährige Bundesanleihen bieten eine Verzinsung von gerade einmal einem kümmerlichen Prozent. Und auf absehbare Zeit...

Renditen bleiben lange niedrig

Die Zinsen und die Staatsanleiherenditen der Eurozone liegen auf historischen Tiefs oder in der Nähe mehrjähriger Tiefstände. Zehnjährige Bundesanleihen bieten eine Verzinsung von gerade einmal einem kümmerlichen Prozent. Und auf absehbare Zeit werden Investoren auch nicht damit rechnen können, dass es zu deutlichen Renditeanstiegen kommen wird, mit denen das Investieren aufgrund höherer Zinserträge wieder entspannter wird. Fünf Aspekte sprechen für ein jahrelanges Niedrigrenditeumfeld.Erstens: Die Konjunktur Eurolands tritt auf der Stelle. Der Disinflationstrend setzt sich fort, Deflationsgefahren mit japanischen Verhältnissen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf dieses Szenario gerade erst mit einer nochmaligen Senkung der Leitzinsen und Anleihekaufprogrammen reagiert. Sollte sich die konjunkturelle Lage noch verschärfen, die Inflationsrate noch mehr zurückgehen oder sollten im gemeinsamen Währungsgebiet tatsächlich deflationäre Tendenzen aufkommen, werden bei der EZB höhere Zinsen gewiss nicht auf der Agenda stehen. Und auch wenn sich die Lage entspannt, schwingt das Pendel nicht gerade mit voller Kraft zurück, so dass unmittelbar eine starke Teuerung eintritt. Die EZB wird dann nicht gleich jedem Auftrieb bei der Teuerung den Garaus machen wollen, schließlich ist Inflation ja gewünscht. Von Seiten der Konjunktur und der Entwicklung der Geldwertstabilität muss man sich über höhere Zinsen derzeit keine Gedanken machen.Zweitens: Die Euro-Schuldenkrise wird die EZB weiter mit üppiger Liquiditätsausstattung begleiten. Gerade erst wurden Kaufprogramme für forderungsbesicherte Wertpapiere wie ABS und Pfandbriefe verkündet. Aber auch über weitergehende Maßnahmen des Quantitative Easing wurde im EZB-Rat schon diskutiert. Die Märkte werden genau darauf spekulieren. Die Käufe der EZB werden die Renditen drücken. Kommen auch noch Staatsanleihekäufe dazu, was nicht auszuschließen ist, geben sie den Renditen nochmals einen Schub nach unten. Die EZB hat mehrfach klargestellt, dass sie wirklich zu allem bereit ist, um die gemeinsame Währung zu erhalten. Das hält die Renditen weiter unter Druck. Selbst wenn die EZB der Peripherie nicht mehr helfen sollte, was kaum anzunehmen ist, und damit wieder die Sorgen über ein Auseinanderbrechen der Währungsunion hochkommen würden, wären Bundesanleihen wieder als Hort der Sicherheit gefragt, was die Renditen drücken würde.Drittens: Bundesanleihen sind auch wegen der geopolitischen Krisenherde in den vergangenen Jahren immer mehr in der Gunst der Anleger gestiegen. Kam es zu Verschärfungen im Ukraine-Konflikt oder nahmen die Auseinandersetzungen im Nahen Osten zu, gab es für die Anleger meist nur eines: Bundesanleihen kaufen. Daneben waren auch die Treasuries gefragt. In den vergangenen Jahren nahmen die geopolitischen Krisen nicht ab, sondern verstärkten sich. Auch von dieser Seite droht also kein Aufwärtsdruck bei den Renditen.Viertens: Die Regulierungsseite führt dazu, dass sichere Papiere immer mehr benötigt werden. Weniger Risiken, mehr Sicherheit ist die Devise zum Beispiel für die Banken. Auch das dämpft jeglichen Renditeauftrieb, wenn Banken und Versicherer aus diesem Aspekt heraus mehr Staatsanleihen ordern.Fünftens: Der Anlagedruck bei vielen Institutionellen wie Versicherern und Pensionsfonds dämpft generell jeden Renditeauftrieb, der sich am Markt zeigt. Diese Anlegergruppierungen sind auf der krampfhaften Suche nach Rendite bzw. Renditeaufschlägen. Bleibt beispielsweise die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe für eine längere Zeit unterhalb einer bestimmten Marke – etwa von 2 % – und bewegt sich der Markt dann in Richtung dieser Marke, greifen die Anleger verstärkt zu, um sich genau diese Verzinsung zu sichern. Wollen sich also viele die zehnjährige Bundrendite von 2 % sichern, ordert der eine oder andere Investor eben auch schon mal bei 1,9 oder 1,95 %. Dieses verstärkte Zugreifen bei bestimmten Renditemarken ist immer wieder zu beobachten. Je länger sich ein Investor ein bestimmtes Renditeniveau nicht sichern konnte, die Rendite beispielsweise deutlich unter 2 % blieb, desto stärker wird er später zugreifen, allein aus der Sorge heraus, dass es dieses Renditeniveau vielleicht so schnell nicht wieder gibt. Allein dieses Verhalten der Anleger, d.h. diese verstärkten Käufe, sorgen schon für ein deutliches Abbremsen jeglichen Renditeauftriebs. Von höheren Bondrenditen sollte man sich verabschieden – für sehr lange.——–Von Kai JohannsenVon Seiten der Konjunktur und der Entwicklung der Geldwertstabilität muss man sich über höhere Zinsen derzeit keine Gedanken machen.——-