Reto Francioni 60
ku – Reto Francioni, der seit kurzem pensionierte Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, begeht am Dienstag, dem 18. August, seinen 60. Geburtstag. Francioni hat die Deutsche Börse geprägt, an deren Spitze er ab 2005 für zehn Jahre stand. Auch nach der Stabübergabe an seinen Nachfolger Carsten Kengeter ist Francioni weiter aktiv. Dies betrifft nicht nur seine Leidenschaft, das Angeln. So ist der Schweizer unter anderem Mitglied des Verwaltungsrats der eidgenössischen Großbank UBS, wobei er dort auch im einflussreichen Human Resources and Compensation Committee vertreten ist.Francionis Bilanz an der Spitze des Frankfurter Marktbetreibers ist positiv, auch wenn ihm längst nicht alles geglückt ist, was er sich vorgenommen hatte – was ihm aber in den meisten Fällen nicht anzulasten ist. Auch wenn Francioni nie eine Aura hektischer Betriebsamkeit ausgestrahlt hat – wäre es nach ihm gegangen, wäre die Deutsche Börse heute ein ganz anderes Unternehmen. Im Bereich der Börsenkonsolidierung hatte er jedoch kein Glück. Es scheiterte der Versuch, die Mehrländerbörse Euronext zu übernehmen. Und auch bei der New York Stock Exchange (Nyse) ist er nicht zum Zug gekommen. Scheiterte das erste Vorhaben am Widerstand des Pariser Finanzplatzes, so legte an der Fusion mit der Nyse die Europäische Kommission als zuständige Kartellbehörde die Axt an. Marktwert gesteigertAuch zu einer von ihm angestrebten weitergehenden Annäherung an die Schweizer Börsen- und Finanzplatzholding Six Group kam es nicht – im Gegenteil: die beiden Marktbetreiber haben mittlerweile ihre Zusammenarbeit fast völlig aufgegeben und die gemeinsamen Aktivitäten wie Eurex, Stoxx und Scoach entflochten. Zu den Gründen für das Scheitern der Fusionen und Annäherungen gehörte immer, dass die Deutsche Börse mit ihrer höheren eigenen Marktkapitalisierung das Schwergewicht in der Liaison gewesen wäre, was Ängste bei den Partnern weckte. Dass Francioni den Marktwert der Deutschen Börse stetig – und zwar von 7,9 Mrd. Euro zu Beginn seiner Amtszeit auf zuletzt 14,3 Mrd. Euro – ausgebaut hat, ist dabei aber zweifellos als Erfolg zu werten und nicht als Fehler. Hedgefonds abgewehrtAuf der Habenseite kann Francioni für sich verbuchen, dass er das Unternehmen durch schwierige Zeiten geführt und dabei auf Kurs gehalten hat. Das fing schon an, als er 2005 Chef der Börse wurde, nachdem die Hedgefonds seinen Vorgänger Werner Seifert gestürzt hatten. Francioni gelang es, die Angriffe der Hedgefonds abzuwehren, die unter anderem das bewährte Geschäftsmodell der vertikalen Integration abschaffen wollten und dazu drängten, die Ertragsperle Clearstream zu verkaufen. Er sorgte dafür, dass das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser kam. Francioni kann für sich auch in Anspruch nehmen, dass die Deutsche Börse die Finanzkrise der Jahre 2007/08 ohne Schaden überstand. Er hat zudem wichtige Akzente gesetzt wie die Expansion nach Asien, die erst jetzt nach seinem Ausscheiden zu sichtbaren Ergebnissen führt.Francioni hat an der Universität Zürich Rechtswissenschaften studiert und dort auch 1987 den Doktortitel erlangt. Seine Laufbahn begann er 1981 bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, der heutigen UBS. Von 1985 bis 1988 war er im Aktienhandel und der Rechtsabteilung der Schweizerischen Kreditanstalt (der heutigen Credit Suisse) tätig, danach in der Geschäftsleitung der Association Tripartite Bourses, einer damaligen gemeinsamen Organisation der drei Schweizer Börsen Zürich, Genf und Basel. Von 1992 bis 1993 arbeitete er in der Corporate-Finance-Einheit des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche. 1993 wechselte er erstmals zur Deutschen Börse, wo er verschiedene Positionen im Management innehatte, zuletzt war er von 1999 bis 2000 stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Von 2000 bis 2002 zog es ihn in die Provinz: Er wurde Sprecher des Vorstands des Discount-Brokers Consors in Nürnberg. Von 2002 bis 2005 war er in seiner Schweizer Heimat Vorsitzender des Verwaltungsrats und Präsident der SWX Swiss Exchange, die heute Teil der Six Group ist.