Risiken für Beyond Meat nehmen zu
Die Risiken für die Aktie von Beyond Meat, dem Vorreiter am Markt für Fleischersatzprodukte, nehmen zu. Um 70 % hat der Titel seit Jahresbeginn zugelegt, nur noch eine Minderheit der Analysten empfiehlt den Wert zum Kauf. Das Hauptproblem: Beyond Meat ist längst nicht mehr allein auf dem Markt unterwegs, der Konkurrenzdruck auf das Unternehmen steigt.Von Alex Wehnert, FrankfurtDer Konkurrenzkampf am Markt für Fleischersatzprodukte zieht kräftig an. Der kalifornische Hersteller Impossible Foods ist jüngst eine Partnerschaft mit Starbucks eingegangen, die Kaffeehauskette verkauft in den USA künftig ein veganes Sandwich des Unternehmens. Und auch US-Lebensmittelriesen wie Kellogg und Hormel weiten ihr Engagement bei Fleischalternativen auf pflanzlicher Basis aus, der Schweizer Konsumgüterkonzern Nestlé verfügt bereits über ein vergleichsweise breites Sortiment an veganen Erzeugnissen. Somit steigt der Druck auf Beyond Meat, den Vorreiter am Markt. Dessen Aktie profitierte lange Zeit davon, dass das Unternehmen aus dem kalifornischen El Segundo mit seinen Produkten genau im Trend zu bewussterer Ernährung lag, während andere Konsumgüterhersteller aus den Vereinigten Staaten den Trend zu verschlafen schienen. Gewaltiges WachstumDenn der Markt für Fleischersatzprodukte bietet gewaltiges Wachstumspotenzial, laut dem Informationsdienstleister Bloomberg könnte das Volumen der Erlöse im Segment im Lauf der nächsten zehn Jahre auf 10 Mrd. Dollar steigen. Gemäß dem kanadischen Landwirtschaftsministerium zieht der Umsatz dabei sowohl in Westeuropa als auch in den USA stark an. In den westeuropäischen Staaten dürften sie sich bis 2022 demnach auf insgesamt fast 2,25 Mrd. Dollar belaufen – im Jahr 2015 seien es noch 1,35 Mrd. gewesen. In den Vereinigten Staaten werde der Wert von derzeit 995,2 Mill. Dollar auf 1,12 Mrd. Dollar im Jahr 2022 steigen.Weil im Zuge dieses rasanten Wachstums auch die Wettbewerber von Beyond Meat aufholen, sind die Analysten für die Aktie des Herstellers nun deutlich skeptischer geworden. Der Anteil der Verkaufsempfehlungen ist laut dem Informationsdienstleister Bloomberg zuletzt gestiegen, mittlerweile beträgt er 42,9 % – nur noch 14,3 % der Analysten raten dazu, bei dem Papier zuzuschlagen. Der durchschnittliche Zwölf-Monats-Zielkurs liegt mit 102,64 Dollar denn auch deutlich unter dem gestern erreichten Niveau von 130,66 Dollar. Zu den pessimistisch eingestellten Instituten gehört neuerdings auch die britische Großbank Barclays, die das Kursziel für die Aktie zwar von 100 auf 115 Dollar erhöht, den Titel aber von “Übergewichten” auf “Untergewichten” zurückgestuft hat. Gut aufgestelltZwar sei Beyond Meat ein gut aufgestelltes Unternehmen, das sich auch künftig signifikante Anteile an einem Markt sichern dürfte, dessen Volumen bis auf 10 % der globalen Fleischbranche wachsen könne. Allerdings führt der Kursanstieg von 73 % seit Jahresbeginn zu einem hohen Bewertungsniveau. Barclays sieht darin zu viel Optimismus bezüglich der Absatzzahlen und der Profitabilität des Unternehmens reflektiert.Schließlich habe die Coronakrise einen schwerwiegenden Einfluss auf den Außer-Haus-Konsum gehabt – und für die Verkaufszahlen von Beyond Meat sei das Restaurantgeschäft besonders relevant. Im Gesamtjahr 2019 etwa seien die Absätze im Außer-Haus-Geschäft höher ausgefallen als die aus dem Einzelhandel. Dass diese nun gesunken seien, erschwere es dem Hersteller, eine höhere Skalierung zu erreichen und somit profitabler zu werden. Zudem hat das Unternehmen selbst bereits eingeräumt, dass die pandemiebedingte Gefahr einer Unterbrechung der Lieferketten durchaus real ist. Allerdings sprechen auch einige Punkte für Beyond Meat: So erachten die Barclays-Analysten die Risiken für die Produktion für geringer als bei traditionellen Fleischproduzenten, bei denen der Einschnitt durch die sozialen Abstandsregeln deutlich größer sei. Während sich große Schlachtereien und fleischverarbeitende Unternehmen gegen eine Ausbreitung des Virus in ihren Betrieben abmühten, biete das geringere Ansteckungsrisiko der Beyond-Meat-Mitarbeiter für den Ersatzprodukt-Hersteller möglicherweise Reputationschancen. Der Ruf der Tönnies Holding jedenfalls hat infolge der Ausbreitung der Lungenseuche in ihrem Werk in Rheda-Wiedenbrück jedenfalls stark gelitten – und der US-Lebensmittelkonzern Tyson Foods hatte sowohl unter den Arbeitern in der Produktion von Schweinefleisch als auch von Geflügel mit Corona-Fällen zu kämpfen. Die Aktie des Unternehmens aus Arkansas gehört dementsprechend zu den Titeln aus der Branche, die sich nur in geringem Umfang von den Tiefständen von Mitte März erholen konnten. Im Gesamtjahr liegt sie noch immer mit 33 % im Minus. Allerdings hat auch Tyson inzwischen Chicken Nuggets auf Erbsenbasis im Portfolio und will eine Reihe weiterer Fleischersatzprodukte entwickeln.Somit könnte das Unternehmen ebenfalls davon profitieren, dass angesichts der herrschenden Fleischknappheit und des schwindenden Preisgefälles zwischen Fleisch und Ersatzprodukten laut Barclays nun zusätzliche Konsumenten zur Alternative auf pflanzlicher Basis greifen könnten. Beyond Meat beispielsweise arbeite bereits daran, Endverbraucher direkter anzusprechen: So wolle das Unternehmen verstärkt für den Einzelhandel produzieren und seine Präsenz im Online-Geschäft erhöhen. Die Hamsterkäufe während der Lockdowns hätten dazu geführt, dass das Unternehmen mehr Haushalte erreiche. Produktion zieht anDoch die Schweine- und Rindfleischproduktion habe zuletzt wieder deutlich angezogen, die jüngsten Daten für den Juni zeigten sogar eine erhöhte Aktivität gegenüber dem Vorjahr. Daher steige auch die Verfügbarkeit von Fleisch im Einzelhandel wieder. Auch Beyond-Meat-Konkurrent Impossible Foods habe seine Bemühungen im Retail-Geschäft verstärkt – zudem sehen die Barclays-Analysten die Kooperation mit Starbucks offenbar als wichtiges Zeichen. Schließlich habe Beyond Meat bereits in China und Kanada mit der Kaffeehauskette zusammengearbeitet und trotzdem keinen Platz auf der Speisekarte in ihren US-Filialen erhalten. Abzuwarten bleibt natürlich, wie das Sandwich von Impossible Foods bei den Kunden ankommt. Die Produkte von Beyond Meat haben sich im kanadischen Fast-Food-Markt bislang jedenfalls nicht als garantierte Verkaufsschlager erwiesen. Einen Testlauf in McDonald’s-Restaurants in Ontario hatte das Unternehmen im April beendet – laut Barclays mit enttäuschenden Ergebnissen. Auch ein Pilotversuch mit Frühstückswürstchen auf pflanzlicher Basis in den kanadischen Filialen von Starbucks, Dunkin` Donuts, Hardee’s und Carl’s Jr. habe gezeigt, dass Anpassungen auf der strategischen oder der Produktseite notwendig seien. Kooperation in ChinaDerweil sieht Beyond Meat Asien als gewaltigen Markt für seine Erzeugnisse an. Den Starbucks-Deal von Impossible Foods konterte das Unternehmen dort Anfang Juli mit der Verkündung einer großen Kooperation in China. Dort sollen Produkte von Beyond Meat künftig über 50 Läden von Freshippo, die Supermarktkette des Digital-Riesen Alibaba, in Schanghai vertrieben werden.