"Risiken für Finanzsystem begrenzt"

Bundesbank hält ETFs derzeit nicht für gefährlich - Handelsunterbrechungen wichtiger Schutz bei Crashs

"Risiken für Finanzsystem begrenzt"

Im Monatsbericht beschäftigt sich die Bundesbank mit ETFs und den aus ihnen erwachsenden Risiken. Das Urteil: “Insgesamt erscheinen die von ETFs ausgehenden spezifischen Risiken für das gesamte Finanzsystem derzeit – auch wegen der vergleichsweise geringen Größe des Sektors – begrenzt.”wrü Frankfurt – Exchange Traded Funds (ETFs) gewinnen bei Anlegern immer mehr an Bedeutung. Deshalb beschäftigt sich die Bundesbank im aktuellen Monatsbericht detailliert mit der Funktionsweise und Marktstruktur der börsennotierten Indexfonds. In dem lesenswerten und mit vielen Einzelheiten gefüllten Aufsatz analysieren die Notenbanker insbesondere, welche mögliche Risiken für den einzelnen Anleger und das Finanzsystem insgesamt durch ETFs erwachsen können.Laut Bundesbank betrug das weltweit in Investmentfonds angelegte Vermögen Ende des ersten Halbjahrs 37,1 Bill Dollar, wobei 5,1 Bill. Dollar oder 13,7 % auf ETFs entfielen. Damit habe der Sektor zwar noch eine vergleichsweise geringe Bedeutung, doch sei seine Wachstumsdynamik in den vergangenen Jahren “stark ausgeprägt gewesen”. So hätten ETFs im Jahr 2017 einen Zuwachs von 18,9 % verbuchen können im Vergleich zu einer Wachstumsrate von 5,1 % der offenen Investmentfonds.Weltweit dominieren Aktien-Produkte mit einem Volumen von 3,9 Bill. Dollar den Sektor, während Anleihen mit einem Volumen von 0,8 Bill. Dollar in den vergangenen Jahren immer bedeutender geworden seien. Die mit Abstand wichtigste Zielregion stellt Nordamerika mit 57 % des weltweit ausstehenden ETF-Vermögens dar, während Europa gerade einmal auf 9 % kommt. Inzwischen sei sowohl für in Europa als auch für in den USA begebene ETFs die physische Replikation die bedeutendste Abbildungsform. Kombination der Vorteile”Ein wichtiges Produktmerkmal von ETFs ist eine Kombination der Vorteile von offenen Investmentfonds und Aktien”, stellt die Bundesbank fest. Denn durch ETFs würden Investitionen in ein diversifiziertes Portfolio sowie der Handel innerhalb eines Tages an den Börsen ermöglicht. Ein weiteres Kennzeichen von ETFs sei ihre hohe Kosteneffizienz, insbesondere im Vergleich zu traditionellen Investmentfonds, bei denen “teilweise beträchtliche Gebühren” bezahlt würden.Wenn überhaupt, so gibt es laut Bundesbank nur eine begrenzte Möglichkeit für aktive Fondsmanager, eine systematische Outperformance zur Benchmark zu erzielen. Und “selbst wenn der Referenzindex geschlagen werden kann, müssten die hieraus resultierenden Gewinne die bei aktiven Investmentfonds anfallenden Managementgebühren erwirtschaften.”Die Bundesbank zählt zahlreiche Vorteile der passiven Anlage auf. So könnten ETFs Anlageprozesse vereinfachen und den Einstieg in weniger liquide Anlagesegmente erleichtern. Auch beim Vermögensaufbau von Kleinanlegern, zum Beispiel für die Altersvorsorge, komme diese Vereinfachung zum Tragen. Denn durch ETFs könne ein ausgewogenerer Anlagemix begünstigt werden.Wie einzelne Wertpapiere oder offene Investmentfonds, so unterliegen auch ETFs mitunter erheblichen Kursschwankungen, analysiert die Bundesbank. Von Bedeutung sei aber, ob ETFs gegenüber andern Anlageklassen zusätzliche Risiken aufweisen würden. Daher geht der Aufsatz ausführlich auf Liquiditäts-, Gegenpartei- und Preisbildungsrisiken ein und untersucht wie sich ETFs in Flash Crashs verhalten haben. Gefahren in StressphasenLetztendlich fällt das Urteil der Bundesbank ambivalent aus. Auch wegen der noch vergleichsweise geringen Größe des Sektors erscheinen den Notenbankern die von den börsennotierten Indexfonds ausgehenden Risiken für das gesamte Finanzsystem begrenzt. Doch deute die Analyse verschiedener Flash Crashs darauf hin, dass Potenziale zur kurzfristigen Verstärkung von Phasen ausgeprägter Anspannungen an den Finanzmärkten bestünden. Die komplexe Struktur von ETFs erschwere die Risikobeurteilung und könne Liquiditätsrisiken bergen.Insbesondere Funktionsstörungen im Preisbildungsprozess bei den autorisierten Teilnehmern (Authorized Participants) könnten zu einem Auseinanderdriften zwischen ETF-Preis und Referenzindex führen. In der Vergangenheit seien derartige Störungen auf wenige Minuten begrenzt gewesen. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es, vor allem bei Stressereignissen, auch zu länger anhaltenden Phasen versiegender Marktliquidität oder sich fortsetzender negativen Preisdynamiken kommen kann.Immerhin bestehen laut Bundesbank zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit von ETFs bereits verschiedene Schutzmechanismen. Die Notenbanker wörtlich: “Bei einem Anstieg der Volatilität in Stressphasen scheinen Handelsunterbrechungen einen Beitrag zur Marktstabilisierung leisten zu können.”