TECHNISCHE ANALYSE

Rohöl mit neuem technischen Kaufsignal?

Von Arne Franke *) Börsen-Zeitung, 13.12.2017 Mit einem Kursanstieg von mehr als 5 % in den vergangenen Handelstagen hat der Ölpreis der Sorte Brent wieder auf sich aufmerksam gemacht. Mit dem höchsten Stand seit 2015 zu Beginn dieser Handelswoche...

Rohöl mit neuem technischen Kaufsignal?

Von Arne Franke *)Mit einem Kursanstieg von mehr als 5 % in den vergangenen Handelstagen hat der Ölpreis der Sorte Brent wieder auf sich aufmerksam gemacht. Mit dem höchsten Stand seit 2015 zu Beginn dieser Handelswoche richtete sich der Fokus vieler Investoren auf den für den Kapitalmarkt wohl wichtigsten Rohstoff. Grund genug, einen Blick durch die charttechnische Brille auf das Rohöl der Sorte Brent zu werfen.Nach dem markanten Tief im Januar 2016 bei rund 27 US-Dollar konnte sich das Brent deutlich erholen und in der Spitze bis über 65 Dollar steigen; dies entspricht deutlich mehr als einer Verdoppelung. In dieser Zeit bildete Brent zunächst ab August 2016 einen flach verlaufenden Aufwärtstrend und oszillierte in diesem für mehr als ein Jahr. Dabei wurde die für viele Marktteilnehmer wichtige 200-Tage-Linie mehrmals über- und unterschritten, was zu einer erhöhten Volatilität im Ölpreis führte. Nachdem in der zweiten Junihälfte die untere Aufwärtstrendkanalbegrenzung erfolgreich getestet wurde, etablierte sich ein neuer Aufwärtstrend, der bis zum heutigen Tage Bestand hat. Konsolidierung beendetDie in den folgenden Monaten auftretenden Konsolidierungen wurden immer wieder durch den gebildeten Aufwärtstrend beendet, und neue Preishochs waren die Folge. Anfang November gelang es dem Ölpreis dann sogar, den seit über einem Jahr bestehenden flachen Trendkanal bei ca. 61 Dollar nach oben zu durchbrechen. In den beiden darauf folgenden Handelstagen kam es nochmals zu deutlichen Anschlusskäufen, bevor der Ölpreis seinen deutlich überhitzten quantitativen Indikatoren Tribut zollen musste und in eine abermalige Konsolidierung überging. Innerhalb dieser knapp vierwöchigen Konsolidierung wurde das technische Ausbruchslevel bei ca. 61,50 Dollar einer zweimaligen Belastungsprobe unterzogen und konnte dieser standhalten. Somit bildete sich im Chartbild eine klassische ABC-Konsolidierungsformation aus, die mit dem gestrigen Handelstag nach oben aufgelöst wurde. Da der MACD auf der Tagesebene kurz vor einem Kaufsignal steht, wäre dies auch von Seiten des trendfolgenden Indikators die Bestätigung, dass die Konsolidierung der vergangenen Wochen als abgeschlossen betrachtet werden kann.Nach dem erfolgreichen Ausbruch stellt sich die Frage, wo mögliche neue Ziele auf der Oberseite zu finden sind. Dabei lohnt sich der Blick auf eine höhere wöchentliche Zeitebene. Denn dort wird sichtbar, dass der seit dem Tief im Januar 2016 gebildete Aufwärtstrend bei ca. 70 Dollar verläuft und ein möglicher Anlaufpunkt für die kommenden Wochen bildet. Interessanterweise befindet sich in diesem Bereich auch ein markantes Preishoch aus dem Jahr 2015, welches der Ursprung für den starken Abverkauf bis Anfang 2016 war. Daher bietet sich dieser Bereich an, um nach möglichen Schwächesignalen Ausschau zu halten, die der Startpunkt für eine größere Konsolidierung des seit Juni dieses Jahres bestehenden Aufwärtstrends sein würde.Bevor es jedoch in den Preisbereich von 70 Dollar geht, muss noch eine andere sehr wichtige Hürde aus dem Weg geräumt werden. Denn bei ca. 66 Dollar verläuft das 38,2er Retracement der Abwärtsbewegung vom Hoch bei 128,40 Dollar aus dem Jahre 2012 und dem 2016er Tief bei ca. 27 Dollar. Ein nachhaltiges Scheitern in diesem Preisbereich würde die mittelfristigen Perspektiven für Brent deutlich verdunkeln, da somit die gesamte Erholung von den Tiefs seit Februar 2016 als korrektiv betrachtet werden müsste.Daher sollten die Bullen die aktuelle charttechnische Steilvorlage nutzen und den Preisbereich von 66 Dollar zügig hinter sich lassen. Ein Rückfall unter die Ausbruchsmarke der ABC-Formation bei ca. 64 Dollar wäre ein erstes Warnsignal, dass die Bullen an Kraft verlieren.Ein echter Schlag ins Kontor wäre allerdings erst ein Rückfall unter den Preisbereich von 61 Dollar, womit sich der Ausbruch aus dem flachen Aufwärtstrendkanal als Fehlsignal entpuppen würde. Da in diesem Fall auch der steile seit Juni dieses Jahres verlaufende Trendkanal gebrochen werden würde, wäre dies wohl unausweichlich der Startschuss für eine nachhaltigere Korrektur. Stop-ManagementDa einige quantitative Indikatoren wie der RSI und die Stochastik auf der Tagesebene das neue Preishoch noch nicht bestätigen, wäre ein Scheitern in diesem Preisbereich unmittelbar mit bärischen Divergenzen verbunden und würde die Gefahr eines signifikanteren Rücksetzers sprunghaft ansteigen lassen. Daher sollte aufgrund des Reifegerades der aktuellen Aufwärtsbewegung das Stop-Management für Long-Positionen trotz des frischen Kaufsignals keinesfalls vernachlässigt werden.—-*) Arne Franke ist technischer Analyst bei der BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH.