Rohstoffe enttäuschen schon wieder
Mit einem Gesamtindexminus von nahezu 14% sind Rohstoffe für die Investoren auch in diesem Jahr eine Enttäuschung. Nur wenige Segmente konnten gute Ergebnisse erzielen. Auch wenn einzelne Bereiche auf stark gedrücktem Niveau nun einiges Erholungspotenzial haben könnten, sehen auch die weiteren Perspektiven nicht berauschend aus.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtRohstoffinvestoren, die nicht zufällig auf Kaffee, Kakao, Rindviecher oder vereinzelte Industriemetalle gesetzt haben, schauen auch in diesem Jahr in die Röhre. Denn 2014 setzt sich die enttäuschende Entwicklung der Rohstoffnotierungen fort. Mit einem Minus von 13,7 % im Sammelindex S & P GSCI sind sie die Verlierer unter den Asset-Klassen. Zum Vergleich: Aktien konnten sich gemessen am MSCI World zumindest in etwa auf dem Stand von Ende 2013 halten, und mit langlaufenden Bundesanleihen war sogar ein Ertrag vom mehr als 10 % zu erzielen, von den haussierenden Anleihen der europäischen Peripheriestaaten ganz zu schweigen. Superzyklus gebrochenDie Befürchtung, dass der Superzyklus der ersten Dekade dieses Jahrzehnts nicht nur vorübergehend unterbrochen, sondern nachhaltig gebrochen worden ist, bewahrheitet sich immer mehr. Vom unwiderstehlichen Importsog Chinas, aber auch von der stark steigenden Nachfrage anderer Schwellenländer wird in der Finanzbranche kaum noch gesprochen, von der damit verbundenen Angst vor Energie- und Agrarrohstoffknappheiten ist nichts mehr zu spüren. Das Wachstum der Volksrepublik ist mit rd. 7,5 % weit von den prozentual zweistelligen Raten, die noch vor wenigen Jahren zu sehen waren, und wird sich voraussichtlich noch weiter davon entfernen. Jenen Boom, der auch in den Investment-Marketing-Abteilungen und in den Medien mit rauschenden Kommentaren begleitet wurde, zu extrapolieren erweist sich als Fehler. Leider auch für Rohstoffproduzenten etwa des Metallsegments, die Förderkapazitäten viel zu stark ausgebaut haben und noch lange brauchen werden, bis das Problem bereinigt ist, mit entsprechenden Folgen für das Angebot.Nicht genug damit, haben sich in diesem Jahr weitere für die Rohstoffpreise abträgliche Entwicklungen eingestellt. Nicht nur in China, auch in anderen Schwellenländern geht das Wachstum weiter zurück. Vor allem aber hat sich die Lage im Euroraum weiter verschlechtert, was zuletzt Deflations- und Rezessionsbefürchtungen aufflammen ließ. Die Hoffnungen auf eine auch für die Rohstoffe stützende Beschleunigung des weltweiten Wachstums im kommenden Jahr ist zwar noch nicht aufgegeben, die Prognosen sind jedoch gestutzt worden. So hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr 2014 im Rahmen des World Economic Outlook kürzlich von 3,7 % auf 3,3 % reduziert. Für das Jahr 2015 wird nur eine moderate Erhöhung auf 3,8 % vorausgesagt. Starker Dollar belastetHinzu kommt die Erstarkung der US-Währung, eine Entwicklung, die grundsätzlich die Rohstoffnotierungen belastet. Der Dollar-Index, der den Außenwert der Valuta gegenüber sechs anderen wichtigen Industrieländer-Währungen darstellt, hat seit dem Jahresbeginn um 7,3 % zugelegt. Beides zusammen spricht dafür, dass sich die Aussichten für die Rohstoffnotierungen auch in der nächsten Zeit in einem überschaubaren Rahmen halten werden. Es wird nämlich davon ausgegangen, dass zusätzlich zu dem bescheideneren Wachstum eine weitere Befestigung des Dollar ins Haus steht. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, wann die amerikanische Notenbank Fed ein erstes Mal an der Zinsschraube drehen wird, während vor allem die Währungshüter des Euroraums und Japans wohl mit dem Fuß am Gaspedal festgeklebt bleiben werden.Bei einer differenzierteren Betrachtung nach einzelnen Rohstoffen bzw. Segmenten treten weitere Belastungsfaktoren auf, die aber in den kommenden Monaten durchaus auch zu preisstützenden Faktoren mutieren könnten. Das Gesamtindexminus dieses Jahres ist in erster Linie auf den Fall der Preise für Öl und andere Energieträger zurückzuführen. Der sehr schwergewichtige S & P GSCI Energy hat seit Jahresbeginn rund 18 % eingebüßt. Das ist umso bemerkenswerter, als der Rückgang bis auf den niedrigsten Stand seit Mitte 2012 vor dem Hintergrund gravierender geopolitischer Krisen, die den Ölpreis in den zurückliegenden Jahren stets gestützt haben, erfolgt ist.Zwei Entwicklungen haben maßgeblich dazu beigetragen. Zum einen wurden parallel zu den stetig gekürzten Wirtschaftswachstumsprognosen auch die Annahmen für das Wachstum der Ölnachfrage reduziert. Zum anderen drängt mit dem Öl aus unkonventionellen Quellen wie Schieferformationen ein riesiges neues Angebot aus Nordamerika auf den Markt. Dies hat Saudi-Arabien, das größte Förderland der Welt, veranlasst, einen Preiskrieg anzuzetteln, um der neuen Konkurrenz Schwierigkeiten zu bereiten und Marktanteile zu behaupten. Allerdings hat es Saudi-Arabien auch in der Hand, das Angebot nennenswert zu verknappen, indem es bei Bedarf die Förderung kürzt, was wiederum preissteigernd wirken würde. RekordernteEbenso unprognostizierbar, aber ebenfalls denkbar ist eine Wende nach oben im Agrarsegment. Wurden die Preise hier in der Boom-Phase neben der starken Nachfrage und sich ändernden Ernährungsgewohnheiten (höherer Fleischkonsum) in den Schwellenländern durch katastrophale Dürren sowie sehr großflächige Brände (Russland) in die Höhe getrieben, so wurden die Preise in diesem Jahr durch die Witterungsverhältnisse gedrückt. Das Angebot aus Nordamerika, aber auch aus anderen Regionen ist stark gewachsen, so dass die Lagerbestände weiter anschwellen. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium erwartet etwa für 2014/2015 eine weltweite Weizenernte von rekordhohen 720 Mill. Tonnen; Weizen ist derzeit so billig wie zuletzt im Jahr 2010. Mit der Zeit könnten jedoch ungünstigere – aber eben völlig unprognostizierbare – Witterungsverhältnisse wieder zu Angebotsreduzierungen und zu einer Trendumkehr führen. Hinzu kommen Folgen der stark gesunkenen Preise für das Angebot, wie die Commerzbank erläutert. “Spätestens mit dem Auslaufen der letzten alternativen Kontrakte haben die Märkte nur noch die komfortable Versorgungssituation 2014/ 15 bei Getreiden, Ölsaaten und Baumwolle im Blick.” Diese drücke die Preise immer tiefer. Doch dass die Preise auf mehrjährigen Tiefständen angelangt seien, werde nicht ohne Wirkung auf Angebot und Nachfrage bleiben. “Zumindest bei Mais, dessen Preis sich im letzten Jahr besonders ungünstig entwickelt hat, dürfte die Produktion 2015 zugunsten von Sojabohnen gebremst werden. Davon dürfte neben dem Mais- auch der Weizenpreis profitieren – vor allem Sojabohnen dürfte eine Preiserholung dagegen schwerfallen.”Insgesamt wenig verändert haben sich seit Jahresbeginn neben den Edelmetallen auch die Industriemetalle. Bei Letzteren, deren Entwicklung wie beim Energiesegment maßgeblich von den reduzierten Wachstumserwartungen gedämpft wurde, fällt die Entwicklung sehr differenziert aus. So liegt der Preis des mit Abstand wichtigsten Metalls des Segments, Kupfer, 9,9 % unterhalb des Stands von Ende 2013. Dieses Metall leidet unter nachlassender Nachfrage aus China bzw. insbesondere unter der dort nachlassenden Bauaktivität. Macquarie glaubt, dass Überschüsse und die Schwäche der chinesischen Nachfrage im nächsten Jahr auf ein um rund 6 % höheres Minenangebot stoßen werden, und erwartet den Kupferpreis Ende 2015 bei 6 488 (aktuell 6 630 Dollar).Die Preise anderer Industriemetalle wurden wiederum durch Angebotsverknappungen getrieben. Dazu zählt beispielsweise Nickel, das sich im bisherigen Jahresverlauf um 9,4 % verteuert hat. Hintergrund sind die von den Regierungen Indonesiens und der Philippinen verhängten Exportstopps, die aber letztlich irgendwann auch wieder aufgehoben werden. Zunächst aber werden sich die Lager weiter leeren. Macquarie hält für das nächste Jahr einen Anstieg des Durchschnittspreises um ein Drittel für möglich.