Russland ist Stabilitätssieger

DZ Bank-Studie zur externen Verletzlichkeit von 16 Schwellenländern - Krisenstaaten bleiben anfällig

Russland ist Stabilitätssieger

Die Schwellenländer sind aus Anlegersicht längst keine homogene Gruppe mehr. Welche der aufstrebenden Volkswirtschaften am stärken verletzlich sind, untersuchte die DZ Bank anhand mehrerer Indikatoren. Unter den 16 Ländern ist Russland der Stabilitätssieger, während am Ende bekannte Krisenstaaten landen.sts Frankfurt – Die Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle baut Positionen in südafrikanischen Lokalwährungsstaatsanleihen und in mexikanischen Hartwährungsstaatspapieren aus, Loys-Fonds nimmt Aktien der Ölkonzerne Petrobras und Lukoil aus Brasilien und Russland ins Portfolio und Star-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen investiert in türkische Staatsanleihen. Während die Diskussion über eine Übertragung der Krise in der Türkei und Argentinien auf weitere Schwellenländer diskutiert wird, nutzen Marktakteure dieser Tage kräftig gefallene Kurse für den Wiedereinstieg in die Anlageklasse Emerging Markets (EM).Das mögen noch erste Hinweise sein, doch mit dem möglichen Rückfluss von Investorengeldern in aufstrebende Volkswirtschaften stellt sich auch die Frage nach der Verletzlichkeit der heterogenen Ländergruppe. “Externen Anfälligkeiten” hat die DZ Bank nun eine Studie gewidmet und anhand verschiedener Indikatoren untersucht, welche Länder gefährdeter sind als andere. Um es vorwegzunehmen: Die beiden jüngsten Krisenstaaten Argentinien und Türkei werden auch in der Studie als höchst riskant eingestuft. Gewisse Defizite werden auch bei Südafrika, Rumänien und Indonesien gesehen. Eher robust zeigten sich Russland, Israel und Brasilien. “Die Krise in der Türkei hat vor Augen geführt, welche fatale Lage sich ergeben kann, wenn vor dem Hintergrund einer ohnehin angespannten EM-Betrachtung – ausgelöst unter anderem durch die neuen US-Handelsstrategien – eine kritische (Wirtschafts-)Politik auf Schwächen in den externen Bilanzen trifft”, betont der Autor der Studie, DZ Bank-Analyst Torsten Hähn. Er untersuchte folgende Kennzahlen zur externen Position der Länder: Leistungsbilanzsaldo, Höhe und Struktur der externen Verbindlichkeiten und Ausstattung mit Devisenreserven.”Problematische Strukturen im Hinblick auf die externen Bilanzen können eine angespannte Situation zum Schlechteren beeinflussen, da wichtige Polster zur Krisenabfederung fehlen. Ein Land mit eindeutig schwachen Kennzahlen hat wenig Spielraum für wirtschaftspolitische Fehltritte”, erläutert Hähn.In der Aufbereitung der Daten haben die Türkei und Argentinien dem Autor zufolge aus den meisten Betrachtungswinkeln schwache Werte ausgewiesen. Gewisse Defizite beständen auch für Südafrika (Leistungsbilanzminus und ausbaufähige Reservenposition), Rumänien (erhöhtes Leistungsbilanzminus) und Indonesien (relativ niedrige Ausstattung mit Reserven). “Auch in Ungarn und Chile könnte das Bild punktuell verbessert werden”, betont der Autor. Keine ImprägnierungAuf der anderen Seite des Spektrums stuft er unter anderem Russland, Brasilien und Israel ein. Allerdings warnt er vor Blauäugigkeit bei den besser eingestuften Ländern: “Die robuste externe Position gewährt diesen – offenkundig nichtdurchgehend unproblematischen – Ländern einen Bewertungspluspunkt, ohne den sich auch die jeweiligen Ratingprofile schlechter gestalten würden. Eine wasserfeste Imprägnierung gegenüber allen EM-Unwettern besteht hierdurch aber nicht.”Beim Indikator Leistungsbilanzsaldo schneiden unter den 16 von Hähn untersuchten Schwellenländern Argentinien und die Türkei am schwächsten ab, während Russland, Kroatien, Bulgarien, Israel und Ungarn mit Überschüssen punkten können. Ungarn zeigt sich jedoch verletzlich beim Verschuldungsstand, der bei kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten in der Summe rund 100 % der Wirtschaftsleistung (BIP) beträgt und damit am höchsten unter den 16 Ländern ist. Am besten schneiden hier Israel, Peru und Russland ab. Bei den Devisenreserven in Prozent des BIP überzeugen Bulgarien, Kroatien und Israel, während Indonesien und – erneut – Argentinien und die Türkei am schwächsten rangieren. Als Nächstes hat Hähn die Risiken einer Kapitalflucht bzw. des Abrisses von Kapitalzuflüssen untersucht und dazu die Reserven ins Verhältnis zu den kurzfristigen Schulden gesetzt. Auf solide Werte kommen hier Russland, Brasilien und Peru. Etwas weiter geht der Analyst in der nächsten Untersuchungsstufe, in welcher er verschiedene Indikatoren zusammenführt. Er addiert zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten noch das Leistungsbilanzdefizit hinzu (vgl. Grafik).Klarer Stabilitätssieger ist hier erneut Russland, das hohe Hartwährungseinnahmen aus Rohstofflieferungen erzielt. Seine Reserven übersteigen die Summe aus kurzfristigen Schulden und Leistungsbilanzsaldo um den Faktor 7. Es folgen Peru und Brasilien.Als weniger leicht angreifbar zeigen sich hier zudem Peru, Brasilien und Israel. Das Trio am Ende besteht aus Südafrika, Argentinien und der Türkei. Diese drei Länder sahen in jüngster Zeit auch erhebliche Abwertungen ihrer Währungen.