Sanktionen treffen Ölmarkt kaum

USA setzen Iran unter Druck - Aber wichtigste Abnehmerländer vorerst ausgenommen - Brent-Preis stabil

Sanktionen treffen Ölmarkt kaum

Die angekündigten weitreichenden US-Sanktionen auf iranische Ölexporte haben sich als weniger hart als erwartet herausgestellt. Fast alle der großen Abnehmerländer des Iran werden vorerst ausgenommen. Daher bleibt der Brent-Ölpreis auf einem gegenüber dem Hoch von Anfang Oktober niedrigen Niveau.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtAm gestrigen Montag sind, um einen Ausdruck des amerikanischen Präsidenten zu verwenden, die “härtesten Sanktionen aller Zeiten” gegen den Iran als einen der größten Ölproduzenten innerhalb der Opec in Kraft getreten. Gleichwohl befindet sich der Ölpreis in der Baisse: Mit aktuell 73,29 Dollar je Barrel hat die Notierung von Brent Crude zwar gegenüber Vortag um 0,7 % zugelegt. Sie befindet sich aber weit unter dem Niveau von 86 Dollar per Anfang Oktober. Damals hatten zudem Analysten und Marktteilnehmer einen Anstieg des Ölpreises bis zum Jahresende auf rund 100 Dollar vorausgesagt. Dazu ist es bislang nicht gekommen, Brent Crude befindet sich stattdessen auf dem niedrigsten Stand seit August, und die US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) ist so billig wie zuletzt im April. Grund dafür ist die Tatsache, dass es bislang nicht zu der erwarteten Unterversorgung des Marktes gekommen ist. Stattdessen besteht nun nach Einschätzung der Rohstoffanalysten der Commerzbank sogar die Gefahr, dass der Ölmarkt im laufenden Quartal überversorgt sein könnte.Dies ist auf mehrere Entwicklungen zurückzuführen. So haben sich die Sanktionen am Montag als ein zahnloser Tiger herausgestellt. US-Außenminister Mike Pompeo hat nämlich acht bedeutende Kunden des Iran von den Sanktionen vorerst ausgenommen, so dass diese Länder bis auf Weiteres iranisches Öl beziehen dürfen. Dies sind China, Indien, Südkorea, Türkei, Italien, Japan, Griechenland und Taiwan. Laut Daten von Bloomberg haben diese Länder im bisherigen Jahresverlauf im Durchschnitt 1,76 Mill. Barrel pro Tag (bpd) aus dem Iran bezogen. Da Bloomberg die iranische Ölexporte auf 2,03 Mill. bpd schätzt, wären somit knapp 87 % der iranischen Ausfuhren vorerst von den Sanktionen ausgenommen. Dass diese Wendung der Ereignisse am Montag nicht zu einem starken Preisrückgang bei Rohöl geführt hat, liegt allein daran, dass sich der Sinneswandel der Trump-Administration bereits seit einigen Tagen abzeichnete. Zudem hatte China als der wichtigste Abnehmer des Iran mit im laufenden Jahr rund 658 000 bpd schon vor längerer Zeit angekündigt, dass man nicht gedenkt, sich an die Vorgaben aus Washington zu halten. Opec dreht den Hahn aufEs gibt aber noch weitere Aspekte: So merken die Experten der Commerzbank an, dass die Opec derzeit rund 1 Mill. bpd mehr produziert als im Sommer. Hinzu kommen rund 400 000 bpd zusätzlich aus Russland und rund 300 000 bpd mehr aus den USA. “Die Sorge vor einem knappen Angebot wegen der fallenden Ölexporte aus dem Iran wurde damit weggespült”, kommentiert Eugen Weinberg von der Commerzbank.Zudem hat der Iran seine Taktiken zur Verschleierung der Ölexporte gegenüber früheren Jahren perfektioniert. Seit Ende Oktober haben nun sämtliche iranischen Tanker ihre Automatic Identification System (AIS) genannten Positionssender abgeschaltet, so dass die Bewegungen der Schiffe kaum noch zu verfolgen sind. Der Iran soll ferner beabsichtigen, Öl zu russischen Raffinerien zu transportieren, wobei es von dort als russisches Öl oder russische Destillationsprodukte weiterverkauft würde. Zum Ölpreisrückgang hat auch beigetragen, dass mit Blick auf den amerikanisch-chinesischen Handelsstreit die Konjunktursorgen zugenommen haben.Dass der Ölpreis allerdings so niedrig bleibt wie aktuell, ist eher nicht zu erwarten. Sollte es, wie von Trump angekündigt, zu einer Einigung mit China kommen, dürften die Schätzungen der Ölnachfrage wieder optimistischer werden. Zudem befindet sich derzeit die Anzahl der Netto-Long-Positionen, mit denen spekulative Marktteilnehmer auf einen steigenden Ölpreis setzen, auf den niedrigsten Stand seit rund einem Jahr. Darin könnte eine Kapitulation der Marktteilnehmer zu sehen sein, was als Indikator für eine Trendwende am Markt und damit für einen wieder höheren Ölpreis gilt.Ferner könnte die aktuell hohe Ölproduktion der Opec vor allem der Besänftigung von US-Präsident Trump vor den Zwischenwahlen zum Kongress dienen, so dass das Kartell nach den Wahlen den Ölhahn wieder zudrehen könnte. Nach einem Ölpreis von 100 Dollar am Jahresende sieht es derzeit zwar nicht aus, eine Erholung bis über 80 Dollar ist aber durchaus drin.