Emerging Markets

Schwellenländer locken mit attraktiven Erträgen

Investments in Emerging Markets locken Anleger mit attraktiven Erträgen. Die Währungsvolatilität ist gesunken. Gute Perspektiven gibt es für die Aktien der Schwellenländer

Schwellenländer locken mit attraktiven Erträgen

Schwellenländer locken mit attraktiven Erträgen

Experten konstatieren solide Fundamentaldaten der Staaten – Währungsvolatilität nimmt deutlich ab – Positive Perspektiven für Aktien

Investments in Schwellenländern sehen im gegenwärtigen Umfeld vielversprechend aus. Die Fundamentaldaten vieler Staaten sind günstig. Die Währungsvolatilität ist gesunken. Für Aktienanleger gibt es gute Perspektiven.

kjo Frankfurt

Die Investments in Schwellenländern erfreuen sich bei Anlegern einer sehr regen Beliebtheit. Denn in den Emerging Markets (EM) ließen und lassen sich aufgrund des veränderten Zinsumfeldes, das in den meisten Volkswirtschaften seit Anfang vergangenen Jahres zum Tragen kam, recht attraktive Renditen erzielen – mit Anleihen, Aktien und auch den Währungen der betreffenden Länder. Die EM überzeugen gleich mit mehreren Argumenten. Dazu zählen zum einen die auf sehr lange Sicht meist positiv beurteilten Wachstumsperspektiven, wenn diese Länder gerade im Bereich neuer Technologien zu entwickelten Staaten aufschließen oder manche diese womöglich noch überholen könnten. Zum anderen punkten sie bei Investoren mit einer im Vergleich zu den Industriestaaten, allen voran den USA aber auch europäischen Staaten mit einer deutlich geringeren Staatsverschuldung. Das heißt, ihre Schuldentragfähigkeit wird zumeist von Volkswirten recht positiv beurteilt.

Im gegenwärtigen makroökonomischen Umfeld gibt es aber noch ein weiteres Argument, das für die Investments in Schwellenländer spricht, und das ist die Geldpolitik. In früheren globalen Zinszyklen gingen meist die Industriestaaten bei Leitzinsanhebungen voraus, allen voran die US-Notenbank Fed. Damit einher ging die Sorge von Anlegern aber auch Währungshütern, dass Investoren ihr Kapital aus den dann niedriger verzinsten Währungen der Schwellenländer abziehen und es höher verzinslich in den Industriestaaten, zum Beispiel den USA, anlegen – der sogenannte Carry Trade. Diese Sorge trug in früheren Zinszyklen auch dazu bei, dass etwa die Fed mit ihren Straffungszyklus zögerte – neben anderen Faktoren, die die ins Kalkül zog.

Konträres Bild

Im gegenwärtigen Umfeld bietet sich nun das konträre Bild. Die Zentralbanken vieler Schwellenländer haben mit ihren geldpolitischen Straffungszyklus früher angefangen als etwa die Fed oder die Europäische Zentralbank (EZB). Das sorgte für einen Zustrom von Kapital in die Schwellenländer. Davon profitieren die Währungen durch Aufwertungen und auch die betreffenden Assets wie Aktien und Bonds des jeweiligen Landes, in lokaler Währung und in Hartwährungen wie Dollar oder Euro – im Zusammenspiel mit günstigen Fundamentaldaten der Staaten wie der Verschuldungslage. „Wenn in der Vergangenheit die USA niesen mussten, bekamen die Schwellenländer eine Erkältung. Dieses Sprichwort spielt auf die bedeutenden Auswirkungen an, die die Zyklen der US-Notenbank oft auf die Schwellenländer hatten. Der aktuelle Zyklus unterscheidet sich indes davon aus mehreren Gründen, wobei die Zentralbanken der Schwellenländer als erste zu einem Lockerungszyklus übergehen“, hält etwa Lupin Rahman, Portfoliomanagerin beim Anleiheriesen Pimco, fest. Die meisten Zentralbanken der Schwellenländer seien in diesem Zyklus der Zeit voraus gewesen und hätten die Zinssätze frühzeitig und rasch erhöht, bevor die Zentralbanken der entwickelten Länder mit der Straffung begonnen hätten. „Die Inflation hat in den Schwellenländern im Allgemeinen schneller ihren Höhepunkt erreicht als in den Industriestaaten. Dies ist auf Basiseffekte, den Rückgang der Rohstoffpreise und die Stärkung der Währungen zurückzuführen und führte zu einer unerwartet starken Disinflation sowohl bei der Gesamtinflation als auch bei der Kerninflation“, führt Rahman aus. „Außerhalb der Schwellenländer mag die Inflation in den USA und weltweit ihren Höhepunkt erreicht haben, doch liegt sie nach wie vor deutlich über den Zielen der Zentralbanken“, ergänzt sie.

Lateinamerika beginnt

In diesem Umfeld sind nun Zinssenkungen einzukalkulieren. Lateinamerika habe vorige Woche mit der chilenischen Zentralbank den Anfang gemacht, die ihren Leitzins am Freitag um 100 Basispunkte (BP) auf 10,25% gesenkt habe. Brasilien werde nächste Woche wahrscheinlich mit einer Senkung um 50 BP auf 13,25% folgen, und Peru im Laufe dieses Monats mit einer Senkung um 50 BP auf 7,25%. „Wir erwarten, dass sich Kolumbien und Mexiko im Oktober bzw. November der weniger restriktiven Geldpolitik der Tauben anschließen werden“, sagt Rahman. Außerhalb Lateinamerikas seien die Aussichten eher gemischt. Ungarn habe den Einlagensatz für einen Tag bereits gesenkt und damit einige der Notanhebungen des vergangenen Jahres rückgängig gemacht. Polen werde seinen Lockerungszyklus wahrscheinlich im September mit einer Senkung um 25 BP auf 6,50% beginnen. „Wir gehen davon aus, dass Südafrika zunächst bei 8,25% verharren wird, bevor die Notenbank im Laufe des Jahres weitere Zinssenkungen vornimmt. Die Tschechische Republik wird wahrscheinlich für den Rest des Jahres bei 7% bleiben“, so die Expertin. Die asiatischen Schwellenländer bleiben ihrer Ansicht nach aufgrund leicht asynchroner Konjunkturzyklen und weniger dramatischer Inflationsschübe hinter dem breiteren Schwellenländerzyklus zurück.

Keine aggressive Lockerung

„Wir erwarten dennoch keinen aggressiven Lockerungszyklus in den Schwellenländern. Die Zentralbanken werden voraussichtlich schrittweise vorgehen und dabei sowohl die Entwicklung ihrer Währungen im Blick behalten als auch darauf achten, keine Maßnahmen zu ergreifen, die Carry Trades beeinträchtigen könnten“, sagt sie. Diese Carry Trades unterstützen das Narrativ einer sanften Landung in den USA  – obwohl Pimco immer noch eine US-Rezession für wahrscheinlicher hält als eine Vermeidung des Abschwungs.

Im ersten Halbjahr sind Investments in Schwellenländern, in Aktien und Währungen etwa, sehr gut gelaufen, und brachten Investoren attraktive Erträge ein. In diesem Zeitraum erzielten einige große Schwellenländer – aus dem Bereich mit höherem Beta und höherer Empfindlichkeit gegenüber dem Dollar – sowohl bei den Währungen als auch bei den Aktien starke Renditen, konstatiert der Assetmanager JO Hambro. Beispielsweise habe der MSCI Mexico eine Rendite von 11,6% in Lokalwährung aufgewiesen, während der mexikanische Peso gegenüber dem Dollar um 13,9% aufgewertet habe und die Dollar-Rendite des Index auf 27,1% angestiegen sei. Brasilien und Indonesien hätten in der ersten Jahreshälfte ähnliche Renditemuster verzeichnet. „Diese Unterstützung der Aktienrenditen durch die Währungen ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, die unseres Erachtens auch in der zweiten Jahreshälfte 2023 anhalten dürften. Das stärkt unser Vertrauen in die Märkte, in denen unser Portfolio übergewichtet ist“, hält James Syme, Senior Fondsmanager von J O Hambro Capital Management, fest.

Günstige Bedingungen

Unter anderem aufgrund der früheren und weitaus aggressiveren Zinsanhebungen in diesen Ländern gab es sehr günstige Bedingungen für Carry-Trade-Investoren, die sich in US-Dollar finanzieren und in die Zins- und Anleihemärkte der Schwellenländer investieren. „Da diese Ströme die Währungsvolatilität stabilisiert haben, haben sich die risikobereinigten Carry-Renditen stetig verbessert. Ein Index von JP Morgan für die einmonatige Volatilität von Schwellenländerwährungen erreichte während des Covid-Ausverkaufs einen Höchststand von 20%. Im Jahr 2022 lag er bei durchschnittlich 11,3% und ging im Juni 2023 auf 8% zurück. Volatilitätsbereinigte Carrys sind im Vergleich zur Vergangenheit immer noch attraktiv“, sagt Syme.

Schließlich seien die Fundamentaldaten für den Handel sowohl in Bezug auf die Preise (Terms of Trade) als auch auf die Warenströme (Handelsbilanzen) äußerst günstig. Die Handels- und Leistungsbilanzsalden Brasiliens, Indiens und Indonesiens würden im historischen Vergleich gut aussehen, während das mexikanische Handelsdefizit durch Überweisungen mexikanischer Arbeitnehmer aus dem Ausland ausgeglichen werde. „Für diese Schwellenländer sehen wir attraktive wirtschaftliche Bedingungen und ein starkes Bekenntnis zur geldpolitischen Orthodoxie, die zunehmende Kapitalströme von globalen Carry-Trade-Investoren anziehen. Diese Ströme treiben die Liquidität und das Wachstum weiter an und stabilisieren und stärken die Währungen, was alles sehr positiv für Aktienanleger ist. Wir sehen die Aussichten für diese Märkte in der zweiten Jahreshälfte weiterhin sehr positiv“, so Symes Resümee.

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