GASTBEITRAG

Schwellenländer-Unternehmensanleihen attraktiv

Börsen-Zeitung, 6.5.2017 Erneute Kapitalzuflüsse und steigende Kurse sind die Trends, die zu Beginn des Jahres 2017 die Emerging Markets (EM) dominieren. Die Ausgangslage hat sich im Vergleich zur Situation nach der US-Wahl sichtbar gewandelt:...

Schwellenländer-Unternehmensanleihen attraktiv

Erneute Kapitalzuflüsse und steigende Kurse sind die Trends, die zu Beginn des Jahres 2017 die Emerging Markets (EM) dominieren. Die Ausgangslage hat sich im Vergleich zur Situation nach der US-Wahl sichtbar gewandelt: Abflüsse, eine hohe Volatilität und Protektionismusängste waren tonangebend. Unserer Meinung nach sollten Anleger über die Schlagzeilen hinausschauen und langfristig denken, wenn sie sich in den Schwellenmärkten engagieren wollen. Hier nun vier Gründe, warum wir dem oft übersehenen Segment der Schwellenländer-Unternehmensanleihen so positiv gegenüberstehen. Zeichen des VertrauensSchwellenmarkt-Anleihen haben sich zu einer bedeutenden Anlageklasse entwickelt, die Hart- und Weichwährungen sowie den Staats- und Privatsektor umfasst. Wir sprechen über ein Anlageuniversum, das aktuell mehr als 3,5 Bill. Dollar schwer ist. Die meist auf Dollar lautenden EM-Unternehmensanleihen decken mittlerweile fast ein Viertel dieses Segments ab. Ihren Aufstieg führen wir auf eine robuste Anlegernachfrage, das langfristig kräftige Wirtschaftswachstum in Schwellenländern und die zunehmende Integration in die globalen Kapitalmärkte zurück. Die Tatsache, dass die Nachfrage nach diesen Papieren mit dem großen Angebot Schritt hält, ist für uns ein Zeichen des Vertrauens, das die Anleger in die Qualität der EM-Unternehmensanleihemärkte haben.EM-Unternehmensanleihen bieten eine höhere Rendite als ähnlich bewertete Unternehmensanleihen aus den Industrieländern. Höhere Renditen spiegeln zum Teil die höhere Risikoprämie wider, die Anleger in der Regel verlangen, wenn sie in den Schwellenmärkten investieren. Unserer Ansicht nach ändert sich jedoch gerade die Risikowahrnehmung der Anleger. Bessere FundamentaldatenSchließlich verbessert sich die Corporate Governance im Privatsektor stetig, während gleichzeitig die Makropolitik im gesamten Schwellenmarkt-Universum immer rationaler wird. Die Ereignisse in Europa und den USA haben indessen gezeigt, dass politische Risiken auch vor den Industrieländern nicht haltmachen. Auf Unternehmensebene sind zunehmend bessere Fundamentaldaten zu beobachten, wie der Trend zur Schuldenkonsolidierung und eine tendenziell konservative Investitionspolitik zeigen. Beides wirkt sich positiv auf die Kreditqualität aus. Aus technischer Sicht schätzen wir die Angebotsaussichten für 2017 mit einer relativ verhaltenen Nettoemission von EM-Unternehmen als günstig ein. Einzige Ausnahme dürfte hierbei China sein, wo der Unternehmenssektor weiter Schulden aufbaut.Das Unternehmensuniversum der Schwellenmärkte umfasst über 540 Emittenten aus mehr als 50 Ländern. Gelegenheiten für eine geschickte Titelauswahl sehen wir hier häufiger als bei den entwickelten Märkten, was teilweise damit zusammenhängt, dass der EM-Unternehmenssektor von Research-Analysten weniger abgedeckt wird. Nach unserer Überzeugung kann ein sorgfältiges, fundamentales Research helfen, Anlagemöglichkeiten mit Renditepotenzial zu identifizieren, das das eingegangene Risiko angemessen entschädigt.Gleichzeitig gilt es, Bereiche mit übermäßigem Kreditrisiko zu meiden. Außerdem ist es notwendig, die makroökonomischen Bedingungen und das Kreditumfeld für jedes Schwellenland einzeln zu untersuchen. Die Emerging Markets sind alles andere als ein einheitlicher Block. Dies sollte aktive Fondsmanager aber nicht daran hindern, Alpha zu generieren. Sie müssen dazu jedoch die jeweilige Länderposition im Konjunkturzyklus kennen und länderspezifische Extremrisiken identifizieren, die sich negativ auf den Unternehmenssektor auswirken könnten.Die Kreditzyklen der Schwellenländer befinden sich in unterschiedlichen Stadien und bieten ein breites Spektrum von Anlagemöglichkeiten. Der US-Kreditzyklus ist dagegen schon weiter fortgeschritten. EM-Unternehmensanleihen bieten Anlegern die Gelegenheit für ein Engagement in Unternehmen, die von einer wachsenden Mittelschicht profitieren können. Sie taugen demnach als potenzielles Diversifizierungsinstrument für Allokationen in Unternehmensanleihen der Industrieländer. Geringe KorrelationUnternehmensanleihen der Schwellenländer eignen sich auch insofern zur Diversifizierung, als sie historisch eine geringe Korrelation zu den traditionellen Anleihemärkten wie dem Bloomberg Barclays Aggregate Bond Index aufweisen. Im Vergleich zu Schwellenländer-Staatsanleihen verfügt der Sektor typischerweise über eine niedrigere Duration, aber eine höhere Bonität und kann unseres Erachtens als attraktive Beimischung zu bestehenden EM-Engagements dienen.—-Angus Bell, Manager des GS Emerging Markets Corporate Bond Portfolios von Goldman Sachs Asset Management