KREDITWÜRDIG

Schwellenländerbonds sind kaum zu schlagen

Von Janis Hübner *) Börsen-Zeitung, 21.12.2017 Hartwährungsanleihen der Emerging Markets (EM) zählen regelmäßig zu den Anlageklassen mit den besten Erträgen, und sie steuern auch 2017 wieder auf ein sehr gutes Ergebnis zu. Investoren können sich...

Schwellenländerbonds sind kaum zu schlagen

Von Janis Hübner *)Hartwährungsanleihen der Emerging Markets (EM) zählen regelmäßig zu den Anlageklassen mit den besten Erträgen, und sie steuern auch 2017 wieder auf ein sehr gutes Ergebnis zu. Investoren können sich über einen Wertzuwachs von rund 10 % seit Jahresanfang freuen, gemessen am J.P. Morgan EMBIG Div. Ein Portfolio von US-Staatsanleihen ähnlicher Laufzeiten hätte nur etwas mehr als 2 % erbracht.Dabei war der Start in das Jahr von hoher Unsicherheit geprägt. Hintergrund war der überraschende Ausgang der US-Präsidentschaftswahl. Donald Trump schien einen Handelskrieg mit China vom Zaun brechen zu wollen. Zudem trieb Nordkorea sein Atomwaffen- und Raketenprogramm mit hohem Tempo voran. Ob Trump angesichts dieser Bedrohung die Nerven behalten würde, war eine der wichtigsten Fragen des Jahres. Er behielt sie. Zumindest bis heute ging die Reaktion über verbale Ausfälle und die Verschärfung von Wirtschaftssanktionen nicht hinaus. Dass auch China zunehmend Härte gegenüber Nordkorea zeigte, war dem Klima zwischen den beiden Großmächten zuträglich. Das Zögern Trumps, China handelspolitisch stärker anzugehen, dürfte aber darüber hinaus auf fehlende Rückendeckung im Parlament in dieser Frage zurückzuführen sein. Robuste WeltwirtschaftDass diese Themen zumindest bis auf Weiteres in den Hintergrund getreten sind, hat den Rückgang der Risikoprämien für EM-Anleihen von 340 auf 290 Basispunkte (BP) begünstigt. Hinzu kam Rückenwind von der Weltkonjunktur, die sich vor allem in Europa, aber auch in China besser entwickelte als erwartet. In diesem Umfeld erholten sich auch die Preise wichtiger Rohstoffe, wovon viele Schwellenländer profitieren.Neben Trump war auch die US-Notenbank ein heißer Kandidat, die EM-Party zu beenden. Mit drei Zinsanhebungen und dem Einstieg in die Schrumpfung ihrer aufgeblähten Bilanz hat sie 2017 auf den ersten Blick wichtige Schritte hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik gemacht. Doch bekundeten die Währungshüter gleichzeitig immer wieder, angesichts anhaltend niedriger Inflation und mäßiger Lohnentwicklung etwas ratlos zu sein. Diese Unentschlossenheit führte dazu, dass die Zinsen im kurzen Laufzeitbereich zwar stiegen, bei längeren Laufzeiten aber sogar fielen. Die Suche nach Zusatzrenditen in Schwellenländern hielt daher an.Auch eine echte Schuldenkrise konnte den Markt für Hartwährungsanleihen nicht in Unruhe versetzen: Mit Venezuela kündigte einer der einstmals wichtigsten EM-Emittenten eine Restrukturierung an, was einen Kurssturz bei den Anleihen des Landes auslöste. Auf dieses Eingeständnis, den Schuldendienst nicht mehr leisten zu können, warteten die Investoren allerdings bereits seit Jahren. Ansteckungseffekte blieben daher aus. Unsicherheit geht zurückGemessen an der Unsicherheit, die den vergangenen Jahreswechsel begleitete, ist die Stimmung gegenwärtig deutlich gefasster. Das hängt vor allem damit zusammen, dass man meint, Präsident Trump nun besser einschätzen zu können. In den meisten Fällen schreckte er bislang vor weitreichenden Beschlüssen zurück. Die Nichtratifizierung der Transpazifischen Partnerschaft zeigt jedoch, dass er dazu durchaus in der Lage ist. Vor allem in der Handelspolitik erscheint es wahrscheinlich, dass die USA 2018 die Tonlage verschärfen.Auch die US-Notenbank bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Zwar steht der zukünftige Fed-Gouverneur Powell eher für Kontinuität, doch angesichts der Sensibilität, mit der Investoren auf alle Nuancen der Geldpolitik blicken, versprechen die ersten Sitzungen unter neuer Führung dennoch einige Spannung.Dies gilt verstärkt für die Präsidentschaftswahlen, die 2018 in Brasilien und Mexiko anstehen. Beide Länder zählen zu den wichtigsten Anleiheemittenten unter den Schwellenländern, und in beiden Ländern erscheint ein Kurswechsel durchaus möglich. In Mexiko zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Kandidaten der Regierungspartei José Antonio Meade und dem Oppositionskandidaten Manuel López Obrador ab. Ein Sieg von López Obrador hätte mit Sicherheit einen Schwenk hin zu mehr Sozialprogrammen zur Folge, und seine Wahl würde wohl zunächst zu Verunsicherung unter Anlegern führen. In Brasilien erscheint sogar vollkommen offen, wer in die Stichwahl kommt. Es ist unsicher, ob der in den Umfragen führende Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva überhaupt antreten darf. Sollte eine Verurteilung wegen Korruption bestätigt werden, würde er aus dem Rennen ausscheiden. Kein anderer Kandidat konnte bislang eine große Zahl von Wählern für sich einnehmen.Wie immer ist natürlich auch China ein Kandidat, der für neue Unruhe sorgen kann. Es wird spekuliert, Präsident Xi Jingping habe seine Macht nach dem jüngsten Parteitag ausreichend konsolidiert, um strukturelle Reformen nun energisch in Angriff zu nehmen und insbesondere das Schuldenwachstum einzudämmen. Falls er bereit ist, dafür Wirtschaftswachstum zu opfern, könnte die Rate schnell in Richtung 6 % oder gar darunter fallen. Damit wäre ein Anstieg der Risikoaversion zu erwarten, denn China war in den vergangenen Jahren der Motor der Weltwirtschaft. Gleichzeitig würden die Zentralbanken rund um den Globus allerdings wohl noch vorsichtiger werden, als sie es ohnehin schon sind, was mittelfristig wiederum die Suche nach Zusatzrenditen in Schwellenländern erneut verstärken würde. Doch es erscheint ohnehin unwahrscheinlich, dass die chinesische Regierung ihre Wachstumsambitionen deutlich nach unten schraubt. Denn damit würde sie neue Verunsicherung in der heimischen Wirtschaft riskieren. Außerdem hat sie klar angekündigt, auf vielen Feldern der Wirtschaft eine globale Führungsrolle anzustreben. Das hört sich nicht nach einem Ende der Wachstumsstory an. Gute PerspektiveSo dürfte auch 2018 wieder ein ordentliches Jahr für EM-Hartwährungsanleihen werden. Dass die Risikoprämien erneut um 50 BP zurückgehen, ist allerdings nicht zu erwarten. 2017 engten sich die Spreads bei kleineren, oftmals rohstoffreichen Ländern besonders stark ein, doch auch bei großen etablierten Emittenten wie Brasilien, Mexiko, Indonesien und der Türkei waren Rückgänge der Risikoaufschläge von 50 bis 90 BP zu beobachten. Angesichts der nun erreichten Niveaus lässt sich das kaum wiederholen. Andererseits hat allein Venezuela den EMBIG-Spread 2018 um rund 30 BP ansteigen lassen, was sich schon rechnerisch nicht wiederholen kann, weil die Kurse nicht unter null sinken können. Die US-Renditen dürften über alle Laufzeiten leicht steigen, ohne damit jedoch eine massive Verunsicherung auszulösen. So könnten EM-Hartwährungsanleihen 2018 etwa 5 % Rendite bringen. Das würde einer Halbierung zu 2017 entsprechen, wäre aber voraussichtlich immer noch ziemlich schwer zu schlagen durch die Anleihemärkte Europas und Nordamerikas.—-*) Janis Hübner ist im Makro-Research der DekaBank tätig.