Aktie von Porsche AG im Höhenflug
Aktie von Porsche stellt Titel der Großeigner in den Schatten
Die Aktie der Porsche AG gehört im Dax zu den Überfliegern. Seit dem Neustart des Sportwagenbauers an der Börse Ende September vergangenen Jahres hat der stimmrechtslose Vorzugstitel 45% an Wert gewonnen. Die Schwaben gaben den Anteilschein für 82,50 Euro aus. Am Donnerstag notierte das Papier bei über 119 Euro. Mit der Kursperformance stellt die Edelmarke aus Stuttgart-Zuffenhausen ihre beiden größten Anteilseigner in den Schatten. Im gleichen Zeitraum gab die Vorzugsaktie des Mutterkonzerns Volkswagen um 15% nach. Die Vorzugsaktie der Porsche Automobil Holding SE büßte über ein Viertel ein.
Geld oder Brief
Aktie von Porsche stellt Titel der beiden Großeigner in den Schatten
Sportwagenbauer verzeichnet nach IPO Kurshöhenflug
Von Stefan Kroneck, München
Die Wolfsburger Mehrmarkengesellschaft hält seit dem IPO 75,4% des gesamten Aktienkapitals (inklusive der stimmberechtigten, nicht börsennotierten Stämme), die Porsche SE 12,5%. Nur 12,1% befinden sich in Streubesitz. Trotz dieser begrenzten Liquidität auf dem Handelsparkett ist der Titel offensichtlich bei institutionellen Investoren und privaten Kleinanlegern sehr begehrt. Diese stören sich augenscheinlich nicht daran, dass sie bei der Porsche AG faktisch nichts zu melden haben. Aufgrund des in zwei Aktiengattungen aufgeteilten Grundkapitals verfügen diese auf den Hauptversammlungen über keine Stimmrechte. Über das Wohl und Wehe des Unternehmens entscheiden hauptsächlich die beiden Familienzweige Porsche und Piëch. Sie beherrschen die ebenfalls in Stuttgart beheimatete Beteiligungsholding. Letztere ist wiederum mit 53,3% Mehrheitsaktionär von VW. Diese spezielle Form der Corporate Governance mag bei manchen berechtigterweise für Stirnrunzeln sorgen, einen entscheidenden negativen Einfluss hat diese Konstellation in der Eigentümerstruktur auf die Anlageentscheidungen der Marktakteure in Bezug auf die Porsche AG offenbar nicht. Ansonsten würde vermutlich die Kursentwicklung anders ausfallen, wenn das Kriterium einer (guten) Unternehmensführung in vorliegenden Fall Gewicht hätte. Vor diesem Hintergrund ist die Porsche AG eine Closed-Shop-Veranstaltung.
Für Aufsehen sorgt dabei die Tatsache, dass in Bezug auf die Marktkapitalisierung die vom legendären Auto- und Motorenkonstrukteur Ferdinand Porsche 1931 gegründete Tochtergesellschaft aus dem Stadtteil Stuttgart-Zuffenhausen mittlerweile mehr auf die Waage bringt als der Dax-Riese aus der niedersächsischen Tiefebene. Nimmt man das in insgesamt 911 Millionen Anteilscheinen aufgeteilte Grundkapital als Basis – jeweils zur Hälfte in Vorzüge und Stämme – bringt es die Porsche AG derzeit auf einen Marktwert von 109 Mrd. Euro, wenn man für die nicht börsengehandelten Stammaktien den gleichen Wert ansetzt wie bei den Vorzügen. Zum Vergleich: VW kommt auf 77 Mrd. Euro. Die Porsche SE verzeichnet 16 Mrd. Euro. Die familiendominierte Beteiligungsholding hadert mit ihrem Kursabsturz. Dies zeigte sich auf der zurückliegenden Bilanzpressekonferenz des Unternehmens. Vorstandschef Hans Dieter Pötsch beklagte sich über eine aus seiner Sicht deutliche Unterbewertung der Gesellschaft (vgl. BZ vom 24. März). Pötsch ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der VW AG. Ende November vergangenen Jahres kam Autoanalyst Daniel Schwarz von der US-Investmentbank Stifel zu einer ähnlichen Beurteilung. Als Maßstab nimmt er das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), welches sich bei beiden Unternehmen deutlich unterscheidet. Während die Porsche AG nach derzeitigem Stand ein KGV von 21,8 bezüglich der Gewinnerwartungen je Aktie für 2023 aufweist, wird die Porsche SE nur mit 3,5 bewertet. Trotz der hohen Finanzschulden der Porsche SE zieht der Autor der Studie das Fazit, dass „die Bewertungslücke“ zwischen beiden Emittenten „deutlich übertrieben“ scheine. Daher bevorzuge Stifel die Beteiligungsholding vor dem Sportwagenbauer, so Schwarz. Als möglichen Dämpfer für den Aktienkurs der Porsche SE nannte Pötsch zuletzt ebenfalls die Verschuldung, die in Zeiten steigender Zinsen bei einer sich zugleich abschwächenden Weltwirtschaft aus Sicht des Marktes ein Risiko darstellt. Zur Erinnerung: Die Porsche SE nahm Bankkredite in Milliardenhöhe auf, um den Erwerb einer Sperrminorität an der Porsche AG von 25% (gemäß Stämme) von VW zu finanzieren. Die Transaktion erfolgte zum Jahreswechsel. Ende 2022 schossen dadurch die Finanzverbindlichkeiten der Porsche SE auf 7,1 Mrd. Euro in die Höhe. 2021 war der Konzern noch schuldenfrei gewesen.
Auf Wolke 7
Mit solchen Themen müssen sich Oliver Blume, der Vorstandschef der Porsche AG, und sein Vize, Finanzvorstand Lutz Meschke, nicht herumschlagen. Blume, seit siebeneinhalb Monaten zugleich CEO von VW, schwebt aktuell auf Wolke 7. Die Geschäfte laufen passabel, die Profitabilität des Luxusanbieters steigt. Und das trotz der derzeit schwierigen Rahmenbedingungen, wenn man allein die allgemein wachstumsdämpfenden Folgen des Ukraine-Krieges in Betracht zieht. Luxusmarken bleiben von solchen externen Schocks weitgehend verschont, wie das Bespiel Porsche AG verdeutlicht. Reiche sind halt nicht so preissensibel wie Konsumenten im Massengeschäft. Gut Situierte können sich auch in Krisenzeiten viel leisten. Davon profitiert auch der Sportwagenhersteller, der bei einem zunehmenden Tempo in der Transformation zur Elektromobilität den Anlegern auf lange Sicht einen operative Marge von 20% verspricht. Blume orientiert sich bei dieser Vorgabe an dem Vorbild Ferrari. Die börsennotierte italienische Sportwagenmarke ist zwar viel kleiner als die Firma aus der baden-württembergischen Landeshauptstadt, fährt aber Margen von rund 25% ein. Der überwiegende Teil der Analysten traut dem Führungsduo Blume-Meschke offenbar zu, ihren selbst gesteckten ambitionierten Ziele nach dem erfolgreichen IPO zu erreichen. Deren Equity-Story ist aus Sicht der Analysten stimmig.
Der Höhenflug der Aktie trug entscheidend dazu bei, dass die Porsche AG nur neun Wochen nach ihrem Börsengang in den Dax aufrückte. Ausschlaggebend für dieses „Fast Entry“ in den Dax Anfang Dezember 2022 war die Marktkapitalisierung des Streubesitzes. Diese beträgt derzeit 13,2 Mrd. Euro. Die US-Investmentbank Goldman Sachs erhöhte dieser Tage ihr Kursziel von 117 auf 145 Euro und bestätigte ihre Kaufempfehlung für das Papier. Analyst George Galliers bewertet das Luxussegment im Automarkt höher als das Volumensegment. Das Wettbewerbsrisiko bei Edelmarken sei in Bezug auf Marktanteile im wachsenden Segment der E-Fahrzeuge geringer als im hart umkämpften Massengeschäft, führte der Autor der Studie von Goldman Sachs an. Hersteller wie die Porsche AG seien in Schwächephasen generell widerstandsfähiger. Sechs von 17 befragten Analysten empfehlen den Titel zum Kauf, zwei zum Aufstocken und acht zum Halten, wie aus Angaben von Marketscreener hervorgeht. Lediglich einer setzt auf „Reduce“. Goldman Sachs sticht unter den Optimisten besonders hervor, liegt doch ihre Erwartung weit über der Konsensschätzung, die bei etwas über 117 Euro liegt. Nimmt man das als Maßstab, hätte die Vorzugsaktie der Porsche AG ihren Zenit längst überschritten.