IM GESPRÄCH: MITCH REZNICK UND AARON HAY, FEDERATED HERMES

"SDG-Investitionen sind kein Nullsummenspiel"

Investmentmanager sucht nach Nachhaltigkeitschampions - Schwellenländeranleihen im Blick

"SDG-Investitionen sind kein Nullsummenspiel"

xaw Frankfurt – Nach Ansicht des Investmentmanagers Federated Hermes bietet ein Engagement auf der Anleiheseite gute Möglichkeiten, an der langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie von Unternehmen mitzuarbeiten. “Tatsächlich ist das nicht schwieriger als in der Position eines Aktieninvestors”, sagt Aaron Hay, dessen Aufgabe als Lead Engager des SDG Engagement High Yield Credit Fund von Federated Hermes es ist, in den Dialog mit Unternehmen zu treten. Die langfristige Natur der Anlageform mache es sogar leichter, auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDG), der Vereinten Nationen hinzuarbeiten. Fundamentaler EinflussZu den UN-Zielen zählen unter anderem sauberes Trinkwasser, der Zugang zu nachhaltiger und moderner Energie, menschenwürdige Arbeit, nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen und Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel – der Großteil von ihnen deckt sich mit den Kriterien, die auf ESG (Umwelt, Soziales, gute Unternehmensführung) bedachte Investoren anwenden. “Diese Themen können einen fundamentalen Einfluss auf die Bonität eines Unternehmens haben”, sagt Mitch Reznick, Co-Portfoliomanager des SDG Engagement High Yield Credit Fund. Keiner der drei ESG-Faktoren sei wichtiger als die anderen, allerdings stelle eine gute Governance einen soliden Indikator dafür, wie Unternehmen mit sozialen Veränderungen und höheren Umweltstandards umgehen könnten.”An den Nachhaltigkeitszielen orientierte Investitionen sind kein Nullsummenspiel”, sagt Reznick. Die zusätzlichen Faktoren, die durch die Orientierung an den UN-Zielen in die Anlageentscheidungen einflössen, kosteten keine Rendite – sie verstärkten die Performance sogar. Gegenüber der Dollar-gehedgten Benchmark, dem ICE BoA Global High Yield Constrained Index, habe der Nachhaltigkeitsfonds seit Auflegung Anfang Oktober 2019 vor Gebühren eine Outperformance von 300 Basispunkten erzielt. Reznick setzt dabei nach eigener Aussage nicht unbedingt auf Unternehmen, die bereits in Nachhaltigkeitsfragen führend sind, sondern auf solche, die bei sozialen und Umweltthemen künftig zu Vorreitern werden könnten.”Ein Beispiel ist der Baustoffhersteller Cemex, der seine Produktion in Europa so stark dekarbonisiert hat, dass er einen Überschuss aus dem Emissionsrechtehandel erzielt”, sagt Reznick. Dies generiere wiederum positive Cash-flow-Effekte und sei damit gut für die finanzielle Struktur des Unternehmens. Hay führt zudem einen US-Naturgaskonzern auf, der in seiner Produktion Wasser frisch aufbereite, extrahiere und dies mittlerweile auch extern verfügbar mache. Diese Zusatzeinnahmen waren früher noch Umweltmanagementkosten. “Viele US-Energiekonzerne realisieren, dass sie in puncto Nachhaltigkeit hinterherhinken”, sagt Hay. Bei Gesprächen in Texas hat der Lead Engager nach eigener Aussage festgestellt, dass Unternehmen der Branche zur Reduzierung von Umweltbelastungen und transparenter ESG-Offenlegung aktiv Unterstützung von Investoren mit progressiver Haltung suchen. Kleine Titel mit PotenzialHäufig kämen die vielversprechendsten Titel aber von kleineren Emittenten, die mit ihrem Geschäftsmodell einen Wandel in der gesamten Lieferkette erzeugten. “Dazu zählen Verpackungsmaterialhersteller, die für große Konsumgüterkonzerne ESG-konforme Lösungen erarbeiten, im Großteil der Portfolios aber nicht vertreten sind”, sagt Hay.Insgesamt sind Hay und Reznick nach eigenen Angaben mit über 70 % der Unternehmen aus ihrem 105 Werte zählenden Portfolio im Gespräch. Die in ihrem Fonds investierten Anleger verstünden den derzeitigen Wandel in der Unternehmenskultur gut und sähen den Fonds bereits als ihr primäres Vehikel im Hochzinsbereich an. Exportstärke als KriteriumDer Fonds kann sich allerdings nicht völlig von den Auswirkungen der Coronakrise und den Reaktionen der Zentralbanken, deren Lockerungsmaßnahmen die ohnehin schon tiefen Anleiherenditen weiter unter Druck gesetzt haben, befreien. Ein Weg, um diese Probleme zu umgehen, sind für Reznick Emerging-Market-Anleihen. Zwar seien diese gegen makroökonomischen Druck nicht immun, allerdings intervenierten die Zentralbanken in Schwellenländern weniger stark als in Europa und den USA. “Dies schafft eine höhere Volatilität und damit höhere Renditechancen”, sagt Reznick. Es sei wichtig, nationale Champions mit guter Unternehmensführung und globaler Präsenz zu finden. Während ein starker Dollar üblicherweise den Druck auf die Emerging Markets erhöhe, sei er gut für solche exportstarken Unternehmen.In Schwellenländern, aber auch global werde der Markt für SDG-konforme Anleihen weiterwachsen. Dafür sorgten auch die Zentralstaaten, von denen sich immer mehr mit Green-Bond-Emissionen vorwagten und somit eine Vorbildfunktion für das Unternehmenssegment einnähmen. Allerdings seien für Corporate-Bond-Investoren deutlich stärker spezialisierte Anlagestrategien verfügbar, zum Beispiel mit einem Fokus auf sauberes Trinkwasser. – Im Blickfeld Seite 8