DEVISENWOCHE

Sicherer Hafen Dollar 2021 weniger gefragt

Von Sebastian Sachs *) Börsen-Zeitung, 8.12.2020 Corona und die resultierenden Reaktionen der Zentralbanken - damit sind die Haupteinflussfaktoren auf den Devisenmarkt 2020 bereits aufgezählt. Natürlich gab es auch die US-Präsidentschaftswahl, doch...

Sicherer Hafen Dollar 2021 weniger gefragt

Von Sebastian Sachs *)Corona und die resultierenden Reaktionen der Zentralbanken – damit sind die Haupteinflussfaktoren auf den Devisenmarkt 2020 bereits aufgezählt. Natürlich gab es auch die US-Präsidentschaftswahl, doch deren Impulse für den Währungshandel waren allenfalls marginal. Das große Fragezeichen ist und bleibt die mittel- und langfristige Zukunft des US-Dollar. Der Greenback hat zwar in Phasen erhöhter Unsicherheit profitiert, doch insgesamt können wir dem Dollar-Index für das nun fast abgelaufene Jahr kein gutes Zeugnis ausstellen. Und die Probleme bestehen nicht erst seit “gestern”. Vor allem die vergangenen vier Jahre, in denen einerseits Präsident Trump stets einem schwächeren Greenback das Wort geredet und andererseits die Fed permanent zu weiteren expansiven Aktionen aufgefordert hat, waren keine gute Zeit für den Dollar.Die protektionistische Politik der USA hat zudem dazu geführt, dass erste Marktexperten von einem Strukturbruch gesprochen und sogar die Vormachtstellung der US- Valuta als Reservewährung infrage gestellt haben. Das ist unseres Erachtens etwas weit hergeholt, doch scheinen auch uns einige Kratzer am Image der Währung durchaus tiefer zu gehen. So entwickelt sich die US-Leistungsbilanz in die völlig falsche Richtung. Statt zu sinken, ist das Defizit seit 2016 um fast 30 % auf aktuell 508 Mrd. Dollar angewachsen. Dazu kommt eine viel zu geringe Sparquote in den USA. Die Probleme nehmen zu, sollte das Haushaltsdefizit weiter aufgeblasen werden – Stichwort notwendige fiskalpolitische Antworten auf Covid-19. Nachhaltigere ProblemeBefinden wir uns an der Schwelle eines säkularen Abwärtstrends der US-Währung? Oder wird unter einem US-Präsidenten Biden alles anders? Eines ist klar, Joe Biden steht für eine andere Politik. Weniger Protektionismus sollte den Handel ankurbeln. Per se positiv für den Dollar? Nicht unbedingt! Denn eine Erholung des internationalen Warenverkehrs könnte auch dazu führen, dass aufgrund steigender Einnahmen die Nachfrage der Exporteure nach alternativen Währungen anspringt. Zudem sind die Konsensprognosen für die US-Valuta eher verhalten bis negativ, so dass Exporteure ermutigt sein könnten, zumindest Teile ihrer Erlöse in die jeweiligen Heimatwährungen zu tauschen. Bei infolgedessen steigenden Devisenreserven der Zentralbanken ist zudem vorstellbar, dass auch hier die Nachfrage nach Diversifikation steigt. All dies spricht durchaus für nachhaltigere Probleme des Dollar.Andererseits gibt es fortgesetzte Argumente für eine weiterhin hohe ausländische Nachfrage: Zu nennen sind der Rendite-Pick-up, den Treasuries etwa gegenüber Bunds nach wie vor bieten, sowie eine zu erwartende temporär steiler werdende Renditestruktur jenseits des Atlantiks. Und nicht nur auf der Bondseite, sondern vor allem mit Blick auf die Wall Street sind aufgrund attraktiver Performance-Aussichten Kapitalströme in den US-Dollar zu erwarten. Zusammengenommen bedeutet dies als Zwischenfazit zumindest die Chance auf eine Verlangsamung des Absturzes oder gar eine Stabilisierung des Dollar-Index.Die sich ergebende Schlussfolgerung für das Währungspaar Euro-Dollar ist zwiegespalten. Die EZB wird bereits im Dezember eine weitere Stufe ihres geldpolitischen Arsenals zünden. Das ist zunächst keine gute Nachricht für den Euro. Andererseits bleibt unserer Meinung nach auch die Fed unter Zugzwang, und entsprechende geldpolitische Maßnahmen in den USA bergen durchaus höheres Überraschungspotenzial. Zudem bleibt das Federal Open Market Committee selbst dann auf Kurs, wenn die Inflation anziehen oder gar überschießen sollte.Für den Euro spricht zudem, dass die Flut an neuen Anleihen der EU zur Finanzierung der Corona-Rettungspakete die Nachfrage nach der Einheitswährung treiben sollte – denn endlich wird einmal ein Gegengewicht zu Dollar-Papieren geschaffen. Und schließlich gibt es ja noch die Kaufkraftparität; hier ist der Dollar zum Euro um bis zu 15 % überbewertet. In Summe ergibt sich ein Bild, das die Einheitswährung 2021 im Vorteil sieht, wenn auch nur leicht.Wir gehen davon aus, dass sich die Konjunktur global im Jahresverlauf wieder auf einen soliden Pfad zurückkämpft. In Kombination mit dem Abklingen einer gewissen Grundnervosität sollten die sogenannten sicheren Häfen nicht mehr so stark gefragt sein. Konsequenzen ergeben sich hieraus insbesondere für den Schweizer Franken und den Yen. Beide Valuten sehen wir gegen Euro und Dollar schwächer tendieren – vor allem, da sich die Schweizer Nationalbank und die BoJ fortgesetzt einem extrem expansiven Kurs verschrieben haben.Die norwegische und die schwedische Krone hätten sich 2020 nicht unterschiedlicher entwickeln können. Zwischenzeitlich stand die schwedische Krone auf Platz 1 der Performance-Liste, während sich ihr norwegisches Pendant ganz hinten einreihen musste. Für 2021 sollte insbesondere die von uns erwartete Stabilisierung des Ölpreises unterstützend für die norwegische Währung wirken. Wir prognostizieren dennoch für beide Valuten eine eher verhaltene Performance.Für den australischen und den neuseeländischen Dollar wird von herausragender Bedeutung sein, wie sich die Konjunktur in China entwickelt. Hier sind wir ausgesprochen konstruktiv gestimmt. Stand heute scheint die asiatische Region die Corona-Pandemie deutlich schneller überwunden zu haben als Europa und die USA. Chinesische Konjunkturveröffentlichungen bewegen sich teils bereits wieder auf Niveaus von Ende 2019/Anfang 2020. Können Neuseeland, aber insbesondere Australien in diesem Fahrwasser mitschwimmen und werden die dortigen Zentralbanken somit aus dem expansiven Sog entlassen, sollte sich das in guter Performance von Aussie und Kiwi widerspiegeln. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Entwicklung von Dollar-Yuan interessant. Wir gehen davon aus, dass sich die chinesische Währung im Jahresverlauf 2021 deutlich stärker präsentieren kann.Bleibt das britische Pfund. Wird ein harter Brexit vermieden, sollte sich zumindest kurzfristig ein kleines Kursfeuerwerk für die Währung einstellen. Aber das dürfte es dann auch gewesen sein. Denn selbst mit einem Freihandelsabkommen mit der EU im Rücken türmt sich ein Berg Probleme auf, den die neu gewonnene Freiheit so mit sich bringt. Die BoE wird sich folglich mit weiteren expansiven Schritten beschäftigen müssen, was das Pfund zusätzlich belasten sollte. *) Sebastian Sachs ist Finanzanalyst FI/FX beim Bankhaus Metzler.