Small Caps vor der Outperformance
Small Caps vor der Outperformance
Franklin Templeton: Kleine und mittlere Werte handeln mit Abschlägen gegenüber Large Caps
Eine ungewöhnliche Situation ist am europäischen Aktienmarkt eingetreten: Die kleinen und mittleren Werte weisen recht deutliche Abschläge gegenüber den großen Namen auf. Franklin Templeton sieht Potenzial für eine Outperformance der Small und Mid Caps.
kjo Frankfurt
Europäische Small- und Mid-Cap-Aktien sind aufgrund ihres besseren Wachstumsprofils lange mit einem Aufschlag gegenüber Large Caps gehandelt worden. Nun ist an den Aktienmärkten die ungewöhnliche Situation eingetreten, dass sie gemessen an verschiedenen Finanzkennzahlen mit einem Abschlag gehandelt werden. „Aus unserer Sicht ist das Bewertungsprofil europäischer Small Caps derzeit ziemlich attraktiv. Sie befinden sich am unteren Ende ihrer Bewertungsspanne, sowohl im historischen Vergleich als auch gegenüber Aktien mit größerer Marktkapitalisierung. Das könnten gute Voraussetzungen für eine künftige Outperformance sein“, hält Tian Qiu, Portfoliomanagerin und Research-Analystin bei der Templeton Global Equity Group, in einer Studie fest, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Im Small-Cap-Universum sei die Streuung der Wertentwicklung viel größer, so dass sich mehr Möglichkeiten für eine umsichtige Titelauswahl böten. „Wir halten daher aktives Management im Small-Cap-Segment für besonders wichtig“, sagt Qiu.
Abflüsse aus Fonds
Unternehmen mit kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung seien in Europa für mehr als zwei Drittel der Arbeitsplätze und über die Hälfte der wirtschaftlichen Wertschöpfung verantwortlich. In vielerlei Hinsicht seien sie das Lebenselixier der europäischen Wirtschaft. „Und doch haben sich die Aktienkurse von Unternehmen im Small- und Mid-Cap-Segment – SMID – in den vergangenen zweieinhalb Jahren schlechter entwickelt als der Gesamtmarkt“, so Qiu. Im bisherigen Jahresverlauf 2024 sei der europäische Aktienmarkt von einer starken Konzentration auf eine kleine Untergruppe von Large Caps geprägt gewesen. SMID-Fonds hätten derweil in allen Regionen einen dramatischen Rückgang des verwalteten Vermögens hinnehmen müssen, wobei 2024 bereits das dritte Jahr in Folge sei, in dem Mittel abfließen würden. In den vorigen zwei Jahren hätten SMID-Fonds in Europa und in Großbritannien die schlimmsten Mittelabflüsse seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 erlebt. Entsprechend seien SMID-Caps derzeit eine Anlageklasse, die in den Portfolios erheblich unterrepräsentiert sei.
Aufgrund seines besseren Wachstumsprofils sei der SMID-Index lange mit einem Aufschlag gegenüber Large Caps gehandelt worden. Nun sei die Situation eingetreten, dass der Index gemessen an verschiedenen Finanzkennzahlen mit einem Abschlag gehandelt werde, darunter das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-, Kurs-Umsatz- und das Kurs-Cashflow-Verhältnis. „Nach starken Kursverlusten in den vorigen Jahren dürften europäische Small Caps auf lange Sicht attraktive Renditen bieten. Sämtliche Merkmale von Small Caps, aufgrund derer der Aufschlag in den vergangenen Jahren vielleicht gerechtfertigt war – z.B. ihr größeres Wachstumspotenzial –, treffen nach wie vor zu. Wir sind der Meinung, dass die fallenden Kurse von Titeln mit kleiner Marktkapitalisierung eine Überreaktion auf kurzfristige Faktoren darstellen und einem Pessimismus auf kurze Sicht geschuldet sind, der den Blick auf vielversprechende langfristige Chancen versperrt“, führt Qiu aus.
Attraktive Bewertung
Die Wertentwicklung im unteren Marktkapitalisierungssegment sei in den vorigen Jahren schwächer als die des Gesamtmarktes gewesen, so dass die Bewertungen aktuell ziemlich attraktiv erschienen. In den USA seien die im Russell 2000 Index enthaltenen Small Caps seit 2016, abgesehen von einer kurzen Phase der Outperformance in der Anfangszeit der Corona-Pandemie, hinter den Aktien mit größerer Marktkapitalisierung des S&P 500 Index zurückgeblieben. Eine ähnliche Entwicklung zeige sich in Europa, wenn auch über leicht abweichende Zeiträume. „Eine richtiggehende Kluft zwischen SMID-Aktien und dem Gesamtmarkt entstand in Europa gegen Ende des Jahres 2023. Diese hat sich im ersten Quartal 2024 vergrößert“, sagt Qiu.
Es sei ein ungewöhnlich großer Abstand zwischen dem einen und dem anderen Ende des Marktes entstanden. Die hohe Inflation und die gestiegenen Kapitalkosten hätten Small-Cap-Unternehmen hart getroffen, da viele von ihnen eine weniger robuste Bilanz sowie einen höheren Anteil kurzfristiger Schulden aufwiesen und über eine geringere Preissetzungsmacht verfügen würden als größere Unternehmen. Die Kurse von Aktien mit kleinerer Marktkapitalisierung seien seit ihrem Hoch Ende 2021 viel stärker gefallen als die Notierungen von Titeln mit größerer Marktkapitalisierung, so dass die Bewertungen von SMID-Aktien – mit einem KGV, das derzeit 15% unter seinem Zehnjahresdurchschnitt liege – attraktiver erschienen als die des Gesamtmarktes.