Small is beautiful
Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (339)
Small is beautiful
Das Börsenjahr 2024 hat gut angefangen. Bis Mitte Mai schlägt für Dax-Anleger bereits ein Plus von rund 12% zu Buche. Und für den S&P 500 in den USA sieht es ähnlich aus. Ein ganz anderes Bild zeichnet sich für Investoren in geringer kapitalisierte Unternehmen. In den USA verzeichnet der Small Cap Index Russell 2000 magere 3% Plus im gleichen Zeitraum und für den deutschen MDax-Anleger steht per Saldo eine Null seit Jahresbeginn. Doch das könnte sich in den kommenden Quartalen ändern.
Die Gründe für die ausgeprägte relative Schwäche der Small- und Midcap-Werte, die schon seit 2020 anhält, liegen auf der Hand. Zunächst ist da die unaufhaltsame Verlagerung von aktiv verwalteten Geldern in passive Strukturen zu nennen. Die global in ETFs verwalteten Gelder haben sich seit 2011 rund verzehnfacht und machen bei Aktienprodukten bereits mehr als die Hälfte des in Fonds gehaltenen Vermögens aus. Die USA führen diesen Trend naturgemäß an, aber auch in Europa wird kräftig aufgeholt. Jetzt sind Indizes in aller Regel kapitalgewichtet und so wundert es nicht, dass auf die Schwergewichte im Aktienmarkt auch ein Großteil der investierten Mittel entfällt. Insbesondere auch, da Investoren dies- und jenseits des Atlantiks gleichermaßen von den erfolgreichen US-Internetkonzernen angezogen werden. Die großen US-Tech-Konzerne können sich also einer quasi automatisierten Nachfrage nach ihren Aktien sicher sein. Bei diesen hochliquiden Unternehmen kommen dann häufig noch Aktienrückkäufe nachfrageverstärkend hinzu – ein nicht zu unterschätzender Faktor, der sich bei Small Caps eher seltener findet. Doch trotz dieses Large Caps tendenziell favorisierenden Trends, haben Small Caps über weite Teile der 2010er-Jahre deutlich besser abgeschnitten als Large Caps.
Belastungsfaktoren treten in den Hintergrund
Neben diesem strukturellen, markttechnischen Faktor muss es also weitere Gründe für die aktuelle Schwächeperiode kleinerer Unternehmen geben. Und die gilt es im Auge zu behalten, um eventuelle Wendepunkte in der relativen Performanceentwicklung zu erkennen.
Mit Beginn der Pandemie Anfang 2020, gefolgt von Russlands militärischem Angriff auf die Ukraine und einem starken Anstieg der Inflation mit anschließender geldpolitischer Straffung, hat die Outperformance der globalen Mid- und Small-Cap-Aktien (SMC-Segment), die während des gesamten vergangenen Jahrzehnts vorherrschte, ein jähes Ende gefunden. In Deutschland konnte der Dax von Anfang 2020 bis Ende 2023 noch eine positive Rendite von 5,4% p.a. erwirtschaften, während der MDAX im Durchschnitt 1,6% p.a. verlor. Unsicherheit, Wachstumsschwäche, hohe Finanzierungskosten und Lieferkettenprobleme: Dieser Cocktail an Belastungsfaktoren lässt eine Flucht der Investoren in liquidere und vermeintlich sicherere Aktien durchaus rechtfertigen. Aktuell mildern sich viele der negativen Faktoren, die das SMC-Segment in den vergangenen vier Jahre belastet haben, deutlich ab oder treten in den Hintergrund. Die Zinsen fallen, Lieferketten haben sich normalisiert, der Inflationsdruck ebbt ab und viele Frühindikatoren deuten eine – wenn auch bislang eher langsame – Belebung des globalen Wachstums an.
Hohes Gewinnwachstum erwartet
Für die Jahre 2025 und 2026 erwartet der Analystenkonsens aktuell für den MDax Gewinnwachstumsraten von 29% und 18% – rund 10 Prozentpunkte mehr als für den Dax. Gleichzeitig bezahlt man gegenwärtig für einen Euro erwarteten Umsatz 2024 im Dax ein EV/Sales (Unternehmenswert/Umsatz) Multiple von 1,23x – für den MDAX lediglich 0,82x. Gehorcht der Markt auch weiterhin ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, dann sollten all dies die Bausteine einer relativen Outperformance der, zuletzt arg vernachlässigten, Small und Mid Caps in den kommenden Quartalen sein.