Grüne und nachhaltige Geldanlagen wie etwa Green and Sustainable Bonds erleben seit Jahren einen gewaltigen Boom. Und Experten gehen davon aus, dass sich dieser Trend in den kommenden Monaten, aber auch Jahren fortsetzen wird. Denn das Thema ESG – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – gewinnt weltweit an Bedeutung. Unter Anlegern, Politikern, Aufsichtsbehörden und Unternehmen setzt sich die Einsicht durch, dass es höchste Zeit ist, zu handeln. In den vergangenen Jahren standen laut Nordea Asset Management (AM) dabei vor allem Umweltaspekte im Vordergrund. Thomas Sørensen und Olutayo Osunkunle, Portfoliomanager bei Nordea AM, sind jedoch davon überzeugt, dass auch bedingt durch die Coronakrise nun verstärkt die soziale Komponente in den Fokus rückt. Diese Einschätzung teilen viele Kapitalanlageexperten auch bei anderen Assetmanagern und positionieren sich entsprechend.

„Es ist eine natürliche Entwicklung, dass wir anfangen, die sozialen Herausforderungen, mit denen die Gesellschaft heute konfrontiert ist, umfassender zu betrachten und darüber nachzudenken, wie wir zur Entwicklung einer integrativen und grünen Wirtschaft beitragen können“, sagt Sørensen. Dabei gehe es unter anderem um die Frage, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter und andere an der Lieferkette beteiligte Menschen behandeln. „Das ,S‘ in ESG sollte sich nicht darauf beschränken, den Schaden möglichst gering zu halten, sondern vielmehr darauf abzielen, die Gesellschaft zum Guten zu verändern, indem zum Beispiel der Zugang zum Arbeitsmarkt oder zum Gesundheitssystem verbessert wird“, ergänzt Osunkunle. „Beim Thema Umweltschutz hat sich bereits gezeigt, was mit der gezielten Allokation von Kapital erreicht werden kann“, so Sørensen. „Wir sind deshalb fest davon überzeugt, dass innovative Ansätze im sozialen Bereich ein ebenso großes Potenzial haben.“ Der wirtschaftliche Aspekt sei dabei ein wichtiger Teil der Strategie.

Bei Nordea AM hat man nun auch bestimmte börsennotierte Unternehmen vor diesem sozialen Aspekt im Fokus. Die beiden Portfoliomanager lenken den Blick auf fünf Unternehmen, die ihrer Ansicht nach eine Vorreiterrolle beim Thema Social Em­powerment (soziale Stärkung) einnehmen. Dazu zählt LEG Immobilien, diese sei als Vermieter von Wohnungen zu fairen Mieten ausschließlich am deutschen Immobilienmarkt engagiert, der sich durch extrem hohe Nachfrage und ein viel zu knappes Angebot an erschwinglichem Wohnraum auszeichne. Das Unternehmen habe in diesem Marktsegment einen Anteil von 10% und verlange im Durchschnitt 30% niedrigere Mieten bei geringeren Mietpreissteigerungen, heißt es bei Nordea AM. „Trotz der vergleichsweise niedrigen Renditen ist das Unternehmen als sehr solide einzustufen und glänzt mit einem attraktiven Risiko-Rendite-Profil“, so Osunkunle.

Safaricom zählt laut Nordea AM als größter Telekommunikationsanbieter in Kenia zu den profitabelsten Unternehmen in Ost- und Zentralafrika. Da nur 12% der kenianischen Bevölkerung Zugang zu festem Breitbandinternet hätten, nutzten die meisten Kenianer ihr Smartphone, um online zu gehen. „Hinzu kommt, dass nicht einmal 40% der Einwohner Kenias über ein Bankkonto verfügen“, sagt Osunkunle. „Der von Safaricom entwickelte mobile Zahlungsdienst M-Pesa schafft hier Abhilfe und leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur finanziellen Inklusion.“

Die Plattform Ping An Good Doctor ging 2015 an den Start und ist laut Nordea AM schon jetzt mit 300 Millionen registrierten Nutzern (rund 21,5% der chinesischen Bevölkerung) das größte Online-Gesundheitsportal Chinas. Patienten profitieren hier den Angaben zufolge sieben­ Tage die Woche rund um die Uhr von online bereitgestellten me­dizinischen­ Dienstleistungen, einer E-Commerce-Plattform für Ge­sundheitsprodukte und Con­su­mer-Healthcare-Dienstleistungen­. „Die Kombination aus einem internen Medizinerteam und modernster KI-Technologie macht das Angebot so einzigartig“, sagt Sørensen. Mehr als 500 Millionen Chinesen würden in ländlichen Regionen leben, wo der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen oft begrenzt sei. Die Plattform trage dazu bei, das staatliche Gesundheitssystem zu entlasten und zugleich die Gesundheitsversorgung in schwer zugänglichen Teilen des Landes zu verbessern.

Das neuseeländische Technologieunternehmen Xero strebt an, mit seiner cloudbasierten Buchhaltungssoftware kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu helfen, ihre Finanzen zu organisieren und so nicht nur Zeit und Kosten zu sparen, sondern auch die Produktivität zu verbessern. „Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen ist der Einsatz von Technologielösungen zur Verbesserung von Geschäftsprozessen im Vergleich zu Großunternehmen eher gering“, führt Osunkunle aus und ergänzt: „Unternehmen dieser Größenordnung spielen im weltwirtschaftlichen Gefüge jedoch eine zentrale Rolle, zeichnet dieses Segment Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge doch für rund 50% der Arbeitsplätze verantwortlich.“ Als zweitgrößte Bank Indonesiens zählt Bank Rakyat zu den erfolgreichsten Mikrofinanzinstituten der Welt, wird bei Nordea festgehalten. „Da weite Teile der Bevölkerung in Indonesien keinen Zugang zu einem Bankkonto haben, sind viele Familien auf Kleinkredite wie die der Bank Rakyat angewiesen, um eigene Kleinbetriebe zu gründen und erfolgreich zu betreiben“, sagt Sørensen. „Bank Rakyat kann Darlehen zu bezahlbaren Konditionen gewähren, weil ihre Quote an notleidenden Krediten im Vergleich zu herkömmlichen Bankfinanzierungen sehr gering ist.“ Nutznießer seien nicht nur die Bank selbst und ihre Anleger, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes.

Experten gehen davon aus, dass nachhaltig ausgerichtete Unternehmen, die somit eben auch den sozialen Aspekt stärker als andere betonen, in den kommenden Jahren von Anlegern bevorzugt werden gegenüber Adressen, die diese Punkte eher untergewichten. So wird erwartet, dass es zu herkömmlichen Kapitalmarktprodukten künftig auch ein grünes oder nachhaltiges Pendant geben wird. Zudem geben Experten die Prognose ab, dass diese Produkte auch besser performen werden als nichtnachhaltige Instrumente. Abzulesen ist das etwa schon an dem sogenannten Greenium, zusammengesetzt aus Green und Premium. Das bedeutet: Anleger sind bereit, eine Prämie dafür zu bezahlen, dass ihr Kapital grün investiert wird. Grüne Anleihen von diversen Emittenten handeln am Markt mit geringeren laufenden Renditen als ihre nichtgrünen Pendants.

Zudem wird am Markt davon ausgegangen, dass gerade die Millennials, also einige Jahre vor der Jahrtausendwende geborene Menschen, künftig nur noch auf nachhaltige Renditen setzen werden. Gerade sie werden sich in der Geldanlage, so auch bei Aktien, Unternehmen zuwenden, die dem Nachhaltigkeitsaspekt einen sehr hohen Stellenwert einräumen. Ebenso gehören Pensionsfonds zu derjenigen Anlagegruppe, die bei Unternehmen unter anderem in sozialer Hinsicht auf den Aspekt des Engagements setzen, um darüber einen Einfluss in Sachen Soziales und Nachhaltigkeit zu erzielen.