KREDITWÜRDIG

Spanische Banken kämpfen um Vertrauen

Von Abdoulaye Aboubakar *) Börsen-Zeitung, 18.10.2012 Spaniens Banken sehen sich derzeit mit einem großen Misstrauen der Investoren konfrontiert. Nach Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) haben sich die Kundengelder bei diesen Instituten...

Spanische Banken kämpfen um Vertrauen

Von Abdoulaye Aboubakar *)Spaniens Banken sehen sich derzeit mit einem großen Misstrauen der Investoren konfrontiert. Nach Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) haben sich die Kundengelder bei diesen Instituten zwischen Juli 2011 und Juli 2012 um 232 Mrd. Euro verringert. Dabei hat Spanien seit 2009 zahlreiche Gesetze und Verordnungen mit dem erklärten Ziel beschlossen, den Bankensektor gründlich zu restrukturieren und das Vertrauen in die Kreditinstitute des Landes wiederherzustellen. Der unter großem Druck der Kapitalmärkte Anfang Juni gestellte Antrag auf eine Bankenrekapitalisierungshilfe bei der Eurogruppe, der mit einer Zusage von bis zu 100 Mrd. Euro positiv beschieden wurde, und die in diesem Zusammenhang durchgeführten Stresstests stellen den jüngsten und zugleich umfangreichsten Versuch Spaniens dar, das Bild des Bankensektors in der Wahrnehmung der Investoren zu verbessern. Stresstests beruhigen nichtZunächst wurde im vergangenen Juni eine Top-down-Prüfung des aggregierten Inlandskreditportfolios der 14 größten spanischen Bankengruppen, die 90 % der Gesamtbilanzsumme stellen, durch die Beratungsgesellschaften Roland Berger und Oliver Wyman vorgenommen und ein Kapitalbedarf von maximal 62 Mrd. Euro festgestellt. Im Anschluss daran folgte die Prüfung der einzelnen Bankbilanzen unter Federführung von Oliver Wyman und der Beteiligung von vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (Deloitte, PWC, KPMG, Ernst & Young) sowie sechs in- und ausländischen Immobilienbewertungsgesellschaften. Diese sogenannte Bottom-up-Prüfung ergab einen Nettokapitalbedarf von maximal 56 Mrd. Euro. Das Ergebnis des Stresstests enthielt insgesamt wenig Überraschendes, da ein Kapitalbedarf in ähnlicher Höhe weitestgehend erwartet worden war und der Großteil der Kapitallücke (83 %) erwartungsgemäß auf die verstaatlichten Institute Banco de Valencia, NCG, Catalunya Banc und Bankia-BFA entfiel. Da die Institute angehalten sind, durch verschiedene Maßnahmen wie Aktivaverkäufe, Kapitalerhöhungen, Auslagerung von Aktiva auf eine Bad Bank etc. auf privatwirtschaftlichem Wege Kapital zu generieren, schätzt die spanische Regierung, dass sie “lediglich” rund 40 Mrd. Euro zur Rekapitalisierung der Banken des Landes in Anspruch nehmen wird.Spanien hat zweifellos mit dem Umfang der Prüfung (90 % der Bankaktiva) und der Einbeziehung in- und ausländischer Experten den Versuch unternommen, dem Stresstest Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die Frage, ob die jüngsten Maßnahmen nachhaltig dazu beitragen werden, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, kann aus heutiger Sicht bezweifelt werden. Die Skepsis ist insbesondere mit einigen “Schwächen” des Stresstests, mit weiterhin ungeklärten Fragen bezüglich der Sanierung der Bankbilanzen sowie mit den weiteren Entwicklungen an der “Sovereign Front” zu begründen.Zuallererst sind die den Stresstests zugrunde gelegten Annahmen in Zweifel zu ziehen. Die Tatsache, dass im Basisszenario eine Core-Tier-1-Quote (CT 1) von 9 %, im Krisenszenario jedoch eine CT 1- Quote von lediglich 6 % zu erfüllen ist, hat nach Moody’s Berechnungen dazu geführt, dass im Krisenszenario Kapital in Höhe von 51 Mrd. Euro “gespart” werden konnte. Die Begründung aus Spanien, wonach die Mindestkapitalanforderung im Krisenszenario in der Regel niedriger angesetzt werde, weil die Eintrittswahrscheinlichkeit des Krisenszenarios sehr niedrig ist, klingt wenig überzeugend. Auch in einem Krisenszenario müssen schließlich geltende Mindestkapitalanforderungen erfüllt werden. Zudem dürften die Banken gerade im Falle hoher, im Krisenszenario angenommener Verluste darauf angewiesen sein, hohe Eigenkapitalquoten auszuweisen, um eine Refinanzierung an den Kapitalmärkten sicherstellen zu können. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass Moody’s, welche die derzeit geltenden CT 1-Quoten von 8 % (börsennotierte Institute) und 10 % einheitlich im Basis- und Krisenszenario zugrunde legte, zu einem höheren Kapitalbedarf von 70 bis 105 Mrd. Euro kommt. Details stehen ausDas neue spanische Bankenrestrukturierungs- und Abwicklungsgesetz sieht vor, dass bis Dezember 2012 eine zentrale Bad Bank zur Auslagerung von Problemaktiva eingerichtet werden soll. Dennoch bleibt nach wie vor ungeklärt, welche Aktiva zu welchen Werten ausgelagert werden. Nähere Details zur Ausgestaltung der Bad Bank sollen Presseberichten zufolge in diesem Monat bekannt gegeben werden. Diese werden entscheidend sein, ob es gelingen wird, Privatinvestoren an der Bad Bank zu beteiligen. Ziel der spanischen Regierung ist, dass der Staat zwischen 45 % und 50 % der Anteile an der Bad Bank halten soll. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass die restlichen Anteile vorrangig von spanischen Banken übernommen werden (müssen). Die Eurogruppe fordert im Memorandum of Understanding eine Übertragung der Aktiva zum langfristigen ökonomischen Wert. Es wird insgesamt erwartet, dass die Aktiva maximal zum Marktwert übertragen werden, um spätere Verluste bei der Bad Bank zu minimieren. Angesichts der im Rahmen der Reformgesetze von Februar und Mai 2012 vorgenommenen Abschreibungen auf Immobilienaktiva dürften sich die zusätzlichen Belastungen für die betroffenen Banken zum Zeitpunkt der Übertragung in Grenzen halten. Ob und wie hoch zukünftige Verluste jedoch ausfallen werden, wird unter anderem von der weiteren Entwicklung der Immobilienpreise abhängen. Die Immobilienpreiskorrektur seit dem Höchststand im ersten Quartal 2008 beträgt in Spanien rund 22 %. Insgesamt wird, insbesondere mit Blick auf Irland mit einer Preiskorrektur von 50 %, weiterer Korrekturbedarf gesehen. Eine aus Sicht der Investoren “attraktive” Bewertung der Aktiva wird derzeit jedoch kaum erwartet. Die gesündesten Banken des Landes – Santander, BBVA und Caixa Bank – sollen sich Presseberichten zufolge mit jeweils bis zu 700 Mill. Euro an der Bad Bank beteiligen. Es stellt sich hier jedoch die Frage, ob eine Bad Bank, die sich mehrheitlich im Besitz der Banken befindet, ihr vorrangiges Ziel, namentlich die Banken vor zukünftigen Verlusten zu schützen, erfüllen würde. Kritische ThemenDie Rückkehr des Investorenvertrauens wird auch davon abhängen, ob Spanien als Land insgesamt zur Ruhe kommt. Angesichts vieler offener Fragen dürfte diese Beruhigung noch lange auf sich warten lassen. Nach dem überraschenden Downgrade durch S & P vor einer Woche wirkt die jüngste Bestätigung des Länderratings Spaniens durch Moody’s wie Balsam für die geschundene spanische Seele. Dennoch bleiben weitere kritische Themen, wie das von der spanischen Regierung bereits angedeutete mögliche Verfehlen des Defizitziels von 6,3 % für dieses Jahr, Sorgen um die Solvenz der autonomen Regionen, andauernde Massenproteste gegen die Austeritätspolitik sowie die Frage, ob und wann Spanien einen ESM-Hilfsantrag stellen wird, im Fokus der Investoren.—-*) Abdoulaye Aboubakar ist Senior-Bankanalyst bei der DZ Bank.