GELD ODER BRIEF

Starbucks meistert die Krise recht gut

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.5.2020 Die global aufgestellte amerikanische Kaffeehauskette Starbucks gehört zu den Unternehmen, die in einem besonderen Maße unter der Coronakrise leiden. Rund um den Globus musste und muss die...

Starbucks meistert die Krise recht gut

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie global aufgestellte amerikanische Kaffeehauskette Starbucks gehört zu den Unternehmen, die in einem besonderen Maße unter der Coronakrise leiden. Rund um den Globus musste und muss die Gastronomie wegen ihres Potenzials zur Weiterverbreitung der Seuche schließen und einige Systemgastronomieketten wie Vapiano und Maredo hat es ja auch bereits erwischt: Sie mussten Konkurs anmelden. Ein ähnliches Schicksal ist für Starbucks aber nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Starbucks dürfte relativ gut durch die Krise kommen – zumindest, wenn es beim bisher abschätzbaren Ausmaß der Krise bleiben sollte. Mehr StraßenverkaufDazu trägt bei, dass eine Kaffeehauskette weniger auf die Ertragskraft der Sitzplätze angewiesen ist wie Restaurantketten, sondern vergleichsweise leicht auf den seuchenpolizeilich weniger gefährlichen Straßenverkauf ausweichen kann. Daher konnte sich der Konzern für US-Verhältnisse auch ungewöhnlich freigebig gegenüber den Angestellten zeigen, als er kürzlich publikumswirksam mitteilte, er wolle die euphemistisch “Partner” genannten Mitarbeiter für 30 Tage weiter bezahlen, auch wenn diese krisenbedingt nicht zur Arbeit erschienen.Im zweiten Quartal per Ende März ist das Ergebnis zwar mit einem Gewinn je Aktie von 32 Cent hinter der Konsensschätzung von 34 Cent zurückgeblieben. Außerdem hat sich das Ergebnis gegenüber dem Vorquartal in etwa halbiert. Die Erlöse fielen mit rund 6 Mrd. Dollar aber etwas besser aus als gemäß der Konsensschätzung mit 5,89 Mrd. Dollar erwartet. Gegenüber dem Vorjahreswert ist dies ein Rückgang um 5 %. Auf gleicher Verkaufsfläche gingen die Erlöse im Vorjahresvergleich um 10 % zurück, etwas mehr als vom Konsens der Analysten mit 9,7 % erwartet. Im wichtigen chinesischen Markt betrug der Rückgang gar 50%. China ist der zweitwichtigste Markt für Starbucks. Dort hat es per Ende März 4 351 Filialen gegeben, in den USA waren es 15 257 Niederlassungen. Zusammen machen die USA und China 61 % aller Filialen aus.Die unmittelbare Reaktion am Aktienmarkt auf die Quartalszahlen hielt sich erwartungsgemäß in Grenzen: Am Mittwoch gab die Aktie um lediglich 2 % nach. Am Donnerstag gab es dann im frühen Handel eine Seitwärtsbewegung. Kurs gibt nachDer Aktienkurs des Café-Giganten hatte bereits deutlich auf die Krise reagiert. Hatte die Aktie noch Ende Juli vergangenen Jahres ein Hoch von 99,72 Dollar erreicht, rutschte sie Mitte März auf 58 Dollar ab. Damit notierte sie auf dem Höhepunkt der Börsenreaktionen auf die Coronakrise immer noch deutlich höher als Ende Juni 2018, als sie zeitweilig unter die Marke von 50 Dollar gefallen war. Inzwischen hat sich der Aktienkurs wieder auf rund 77 Dollar erholt, damit auf das Niveau von vor etwa einem Jahr. Damit kommt Starbucks immer noch auf eine Marktkapitalisierung von knapp 90 Mrd. Dollar.Gleichwohl hinterlässt die Krise auch bei Starbucks deutliche Spuren, auch wenn das Unternehmen mitteilen kann, dass inzwischen fast alle Cafés in China – nämlich rund 98 % – wiedereröffnet werden konnten. Erwartet wird vom Management, dass die Erlöse auf Basis gleicher Verkaufsflächen im laufenden Jahr konzernweit um 15 bis 25 % zurückgehen werden. Dementsprechend sollen die Auswirkungen auf das Ergebnis des dritten Quartals per Ende Juni “signifikant größer” ausfallen als im ersten Quartal. Erst im vierten Quartal sollen die Auswirkungen deutlich moderater werden. Hohe BewertungDie Bewertung von Starbucks ist für ein Unternehmen aus dem Bereich Gastronomie hoch. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Analystenschätzungen für die kommenden zwölf Monate liegt bei 27,3. Das ist in etwa doppelt so hoch wie der Branchendurchschnitt. Wettbewerber Dunkin Brands Group, Muttergesellschaft des Schmalzkringel-Fritierers Dunkin Donuts, kommt trotz des wesentlich höheren Franchise-Anteils auf lediglich 22,3. Gastronomie- und Einzelhandelsketten mit einem hohen Franchise-Anteil werden wegen der geringeren operativen Risiken normalerweise höher bewertet als Konzerne mit geringem Franchise-Anteil wie Starbucks. Zum vergleichsweise hohen Kursniveau trägt auch bei, dass Starbucks wie viele große US-Konzerne immer fleißig Aktien zurückgekauft hat. Über die vergangenen fünf Jahre waren es nicht weniger als 23,3 Mrd. Dollar. Allein im dritten Quartal 2019 beliefen sich die Rückkäufe auf 2,3 Mrd. Dollar, womit sich der Konzern auf Platz 13 alle Unternehmen im S&P 500 befand. Starbucks weist derzeit langfristige Schulden von immerhin rund 11,7 Mrd. Dollar auf und kommt damit auf ein negatives Eigenkapital von rund 7,5 Mrd. Dollar. Allerdings reicht die Ertragskraft bei weitem aus, die Fremdkapitalzinsen zu bezahlen und trotzdem weiter zu expandieren.Mit Blick auf die Bewertung sind die Analysten für amerikanische Verhältnisse relativ vorsichtig, was Empfehlungen hinsichtlich der Aktie betrifft. Derzeit raten zwar zwölf Banken zum Kauf, während ein Analyst die Aktie mit “Overweight” eingestuft. 19 Häuser empfehlen ihren Kunden aber lediglich, die Aktie im Portfolio zu behalten. Interessanterweise hat sich dies durch die Krise kaum geändert. Vor drei Monaten waren es 13 Kaufempfehlungen und 17 “Hold”-Einstufungen. Verkaufsempfehlungen liegen aktuell nicht vor und es hat sie auch vor drei Monaten nicht gegeben. Kein Potenzial mehrGemäß der Konsensschätzung sieht die Gesamtheit der Analysten derzeit kein Kurspotenzial für die Aktie mehr: Das Kursziel für die Zeitspanne von 12 Monaten wird mit 77,48 Dollar veranschlagt.Schwere Probleme könnte es für Starbucks wie für andere Unternehmen aus der Gastronomiebranche geben, wenn es nach dem Sommer zu einer Rückkehr der Pandemie kommt, mit tiefgreifenden Auswirkungen für die weltweite Konjunktur bis hin zu einer Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er Jahren. Teurer Kaffee aus Pappbechern gehört zu den ersten Dingen, auf die Konsumenten in harten Zeiten verzichten werden.