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Starke Argumente für Corporate Bonds 2021

Von Joachim Schallmayer *) Börsen-Zeitung, 7.1.2021 Das Jahr 2020 wird fest mit der Corona-Pandemie und deren schwerwiegenden Folgen in Erinnerung bleiben. Aber nicht alles ist im vergangenen Jahr schiefgelaufen. Geld- und Fiskalpolitik haben...

Starke Argumente für Corporate Bonds 2021

Von Joachim Schallmayer *) Das Jahr 2020 wird fest mit der Corona-Pandemie und deren schwerwiegenden Folgen in Erinnerung bleiben. Aber nicht alles ist im vergangenen Jahr schiefgelaufen. Geld- und Fiskalpolitik haben äußerst schnell und konsequent reagiert, Abwärtsspiralen wurden wirksam aufgefangen, eine Finanzmarktkrise wurde abgewendet. Einige Volkswirtschaften können bereits eine schnelle Erholung vorweisen, die US-Wahlen verliefen friedlich und mit klarem Ausgang, und selbst beim Brexit gelang eine Übereinkunft in letzter Sekunde. Vor allem im vierten Quartal hat die rekordschnelle Entwicklung von Impfstoffen die positive Richtung an den Kapitalmärkten verstärkt.Somit ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich das Anlagejahr 2020 trotz der extremen Rahmenbedingungen durchaus sehen lassen kann und für die Rentenmärkte in der Summe gut verlaufen ist. Risikobehaftete Titel konnten ihre unterjährigen teilweise sehr heftigen Risikoaufschläge zügig wieder aufholen und das Jahr mit einer positiven Gesamtrendite von 2,6 % bei Euro-Investment-Grade-Corporates (IG), 2,8 % bei Euro-High-Yield-Corporates (HY), 9,8 % bei US-IG-Corporates und 6,2 % bei US-HY-Corporates jeweils in lokaler Währung abschließen. Große UnterschiedeDie Richtung der Wertentwicklung der Unternehmensanleihen stimmt somit gut und nachvollziehbar mit der Bewegung an den Aktienmärkten überein. Große Unterschiede gibt es aber bei der Kursentwicklung einzelner Branchen. Am Aktienmarkt sind die Unterschiede zwischen den Branchen enorm groß, während an den Anleihemärkten, mit Ausnahme des Sektors Verkehr und Freizeit, die Branchenentwicklung einen extrem hohen Gleichlauf zeigt. Früher noch als die Aktienmärkte leiteten die Branchen-Subindizes der iBoxx-Indexfamilie vom Tiefpunkt im März ihre Aufholbewegung ein und hatten ihre Verluste bereits im Laufe des Sommers in der Gesamtrenditebetrachtung aufgeholt, lediglich die Automobile benötigten dafür bis in den Oktober hinein.Der iBoxx-Gesamtindex schloss das Jahr 2020 mit einem Total Return von 2,7 % ab (Vorjahr 6,3 %). Gewinner unter den Branchen war – wie 2019 – die Telekomsparte mit einem Total Return von gut 4 % (7,1 %). Auf Platz 2 haben es die Unternehmensanleihen aus dem Rohstoffsektor mit 3,5 % geschafft. Dies ist umso bemerkenswerter, da Rohstoffe gemeinsam mit den Automobilen im Frühjahr besonders stark abstürzten und mit einem Rückstand von 10 % die Aufholjagd aufgenommen haben.Eher enttäuschend lief es mit einem Gesamtertrag von 1,9 % für die Automobilbranche. Diese hatte einen vergleichsweise hohen Liquiditätsbedarf, der zwar gut gedeckt werden konnte, aber zu einem großen Neuemissionsvolumen geführt hatte, das auf den Spreads lastete. Ebenfalls am unteren Rand der Branchenentwicklung finden sich die Banktitel ein. Nach dieser hervorragenden Wertentwicklung sind bereits viele Vorschusslorbeeren vergeben und positive Trends diskontiert. Weder von der Spread- noch von der Zinsseite wird sich die Dynamik, die im Jahresverlauf 2020 zu beobachten war, wiederholen. Im Gegenteil, aufgrund der bereits niedrigen Risikoaufschläge, die für Euro-IG-Corporates 93 Basispunkte (BP) und für Euro-HY-Corporates 350 BP betragen, sowie des äußerst niedrigen Zinsniveaus notieren viele Unternehmensbonds nahe 0 % oder sogar bereits im negativen Bereich. Eine Ausgangslage, die nur sehr niedrige Gesamtertragsperspektiven zulässt. Dennoch bleiben Unternehmensanleihen im Gesamtportfoliokontext ein wichtiger und unverzichtbarer Ertragsbestandteil. Die Gründe dafür sind erstens die stark verbesserten konjunkturellen Perspektiven, zweitens eine weiterhin aktiv agierende Fiskalpolitik und drittens eine auf Dauer angelegte expansive Geldpolitik der Notenbanken.Nachdem die asiatischen Volkswirtschaften als Erste wieder auf einen deutlichen Wachstumskurs eingeschwenkt sind, werden auch die Wirtschaften der Industrieländer nachziehen. Global wird das Wachstum in diesem Jahr an die 6 % heranreichen. Somit dürften Ausfallraten, die im globalen Hochzinsbereich aktuell bei knapp 7 % liegen, bis Mitte dieses Jahres nur noch leicht in Richtung der 8-%-Marke ansteigen und bereits im zweiten Halbjahr deutlich nach unten drehen. Unterstützt wird diese Bewegung durch die in diesem Jahr wirkenden fiskalpolitischen Maßnahmenpakete. Vor diesem Hintergrund ist trotz der bereits überschaubaren Risikoaufschläge gegen Ende dieses Jahres mit nochmals niedrigeren Niveaus zu rechnen. Neben diesem fundamentalen Aspekt ist die Anlageklasse durch die unverändert expansive geldpolitische Ausrichtung gut unterstützt. Denn die Angebots- und Nachfragerelationen werden sich in diesem Jahr deutlich verschieben.Zum einen haben die Eingriffe der Notenbanken die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen massiv nach unten gedrückt, so dass sich diese selbst in einem absoluten Krisenumfeld wie im zurückliegenden Jahr zu extrem vorteilhaften Konditionen über den Kapitalmarkt finanzieren konnten. Die Firmen haben von dieser Möglichkeit aktiv Gebrauch gemacht und das Emissionsvolumen im Jahr 2020 auf neue Rekordstände getrieben. Allein die auf Euro lautenden Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Bereich erreichten ein Volumen von rund 390 Mrd. Euro, wovon sich ein Anteil von rund 280 Mrd. Euro für die Kaufprogramme der Europäischen Zentralbank (EZB) qualifizierte. Diese griff in einer Größenordnung von 66 Mrd. Euro mit Käufen im Markt zu und verknappte damit das frei verfügbare Volumen um fast ein Viertel. Dies erklärt auch die extrem homogene Entwicklung der Branchen. Üppige PolsterZum anderen wird sich das Angebot-Nachfrage-Verhältnis im laufenden Jahr weiter verknappen. Denn die EZB dürfte mit rund 6 Mrd. Euro im Monat im Markt aktiv bleiben. Allerdings haben sich die Unternehmen in der Krise üppige Liquiditätspolster angelegt, die jetzt zunächst zurückgefahren werden, so dass sich das Angebot an Unternehmensanleihen deutlich verknappen wird. Emissionen werden somit trotz der niedrigen Renditen extrem stark nachgefragt bleiben. Das hilft nicht nur den Kursen, sondern wird auch die zu erwartenden Kursschwankungen in engen Grenzen halten. Selbst im Fall zwischenzeitlich ansteigender Risiken haben die Notenbanken in ihren für dieses Jahr in Aussicht gestellten Kaufprogrammen mehr als ausreichende Flexibilität, die Kaufvolumina im Unternehmensanleihebereich so deutlich anzuheben, dass Kursrückgänge sehr schnell aufgefangen werden können. Dies verbessert zwar nicht zwingend die zu erwartende Gesamtrendite, wohl aber die risikoadjustierte Rendite. Das ist ein weiteres starkes Argument für diese Anlageklasse. Der branchenseitige Gleichlauf dürfte anhalten. Allerdings räumen wir den im Jahr 2020 zurückgebliebenen Sektoren etwas größere Aufholchancen ein. Das gilt auch für den Hochzinsbereich insgesamt. *) Joachim Schallmayer ist Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der DekaBank.