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Starkes Jahr für Schuldscheine

Von Mario Kristl *) Börsen-Zeitung, 31.10.2019 Am Markt für Unternehmensschuldscheindarlehen sind im bisherigen Jahresverlauf erneut eine ungebrochene Dynamik und demnach eine erfreuliche Entwicklung zu beobachten gewesen. Von Januar bis September...

Starkes Jahr für Schuldscheine

Von Mario Kristl *)Am Markt für Unternehmensschuldscheindarlehen sind im bisherigen Jahresverlauf erneut eine ungebrochene Dynamik und demnach eine erfreuliche Entwicklung zu beobachten gewesen. Von Januar bis September 2019 wurden nach unseren Kenntnissen bereits 112 Schuldscheindarlehen mit einem Gesamtvolumen von rund 23,3 Mrd. Euro emittiert. Im Vorjahreszeitraum standen nur 94 Schuldscheindarlehen mit einem Gesamtvolumen von etwa 17,1 Mrd. Euro zu Buche. Auch das Gesamtvolumen des vorigen Jahres von rund 22 Mrd. Euro bei insgesamt 120 Schuldscheindarlehen wurde in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres deutlich übertroffen. Allerdings rechnen wir trotz der unvermittelt dynamischen Entwicklung aus heutiger Sicht nicht mehr damit, dass der Rekordwert am Schuldscheindarlehensmarkt aus dem Jahr 2017 erreicht wird. Damals lag das Gesamtemissionsvolumen mit 136 Schuldscheindarlehen bei 27,4 Mrd. Euro. Dennoch gehen wir davon aus, dass dieses Segment im Jahr 2019 im historischen Vergleich das zweithöchste Platzierungsvolumen verbuchen wird. Höhere EinzelvoluminaDas durchschnittliche Einzeltransaktionsvolumen lag in den ersten neun Monaten des Jahres 2019 nach unseren Schätzungen bei rund 208 Mill. Euro und damit auf den ersten Blick spürbar über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (182 Mill. Euro) sowie des Gesamtjahres 2018 (183 Mill. Euro). Damit dürfte der Trend der Vorjahre hin zu tendenziell wieder kleineren Emissionsvolumina 2019 erstmals wieder gestoppt werden. Die positive Entwicklung war in diesem Jahr zwar einem verhältnismäßig hohen Schuldscheindarlehen über 2,1 Mrd. Euro des deutschen Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen zu verdanken. Allerdings liegt das durchschnittliche Einzeltransaktionsvolumen auch bei einer Bereinigung um dieses milliardenschwere Schuldscheindarlehen mit ungefähr 191 Mill. Euro leicht über dem Vorjahresniveau. Während im bisherigen Jahresverlauf zwei Schuldscheindarlehen mit einem Volumen von 1 Mrd. Euro oder mehr am Markt emittiert wurden (Gesamtjahr 2018: eine Transaktion, 2017: drei Transaktionen), wurden zwischen Januar und September 2018 sechs Schuldscheindarlehen mit einem Volumen von jeweils 500 Mill. Euro bis 1 Mrd. Euro erfolgreich platziert (zum Vergleich Gesamtjahr 2018: acht Transaktionen, 2017: zehn Transaktionen). Generell beläuft sich heute das durchschnittliche Einzeltransaktionsvolumen im historischen Vergleich nach wie vor auf einem hohen Niveau. Noch vor einigen Jahren lag dieser Wert zwischen 120 und 130 Mill. Euro. Überraschende EntwicklungZudem fällt im bisherigen Jahresverlauf auf, dass der Löwenanteil der Darlehensnehmer am Markt für Schuldscheindarlehen im Gegensatz zu früheren Jahren nicht mehr aus den Reihen des deutschen Mittelstands stammt. Diese Entwicklung kommt durchaus überraschend, galten Schuldscheindarlehen doch traditionell überwiegend als klassische Finanzierungsform für mittelständische Unternehmen. In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 war die Mehrheit der Gesellschaften (über 63 %) am Schuldscheindarlehensmarkt am Kapitalmarkt notiert. In früheren Jahren dominierten hingegen stets mittelständisch geprägte Unternehmen ohne Börsennotiz das Geschehen in diesem Segment. Ausland ist präsentWie bereits in den Vorjahren war allerdings im bisherigen Jahresverlauf erneut eine starke Präsenz von ausländischen Unternehmen am Unternehmensschuldscheinmarkt zu beobachten. Diesen nutzten zwischen Januar und September 2019 bereits 49 verschiedene ausländische Emittenten (Anteil nach Anzahl der Transaktionen: knapp 44 %), um Schuldscheindarlehen mit einem Gesamtvolumen von rund 9,6 Mrd. Euro (Anteil am Gesamtemissionsvolumen: über 41 %) zu platzieren.Das Einzeltransaktionsvolumen bei Schuldscheindarlehen ausländischer Emittenten belief sich nach unseren Schätzungen bislang auf rund 196 Mill. Euro. Vor allem Gesellschaften aus Österreich waren wie schon in den Vorjahren am Markt für Schuldscheine aktiv. Zum Vergleich: Das gesamte Emissionsvolumen ausländischer Gesellschaften lag im Gesamtjahr 2018 mit 46 Schuldscheindarlehen bei 10,8 Mrd. Euro (Einzeltransaktionsvolumen: 235 Mill. Euro). Keine stärkere KonzentrationÄhnlich wie in den Vorjahren war im bisherigen Jahresverlauf erneut keine stärkere Konzentration hinsichtlich einzelner Branchen zu beobachten. Von Januar bis Ende September 2019 waren jedoch vor allem Unternehmen aus dem Automotive-Umfeld (knapp 23 % am bisherigen Emissionsvolumen) sowie der Bau- und Immobilien-Branche (12,2 %) am deutschen Schuldscheindarlehensmarkt aktiv.In der jüngsten Vergangenheit haben sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen zwar eingetrübt, nicht zuletzt auch im Zuge des Handelskonflikts zwischen den USA und China. Wie schon in der Vergangenheit sollte der Markt für Unternehmensschuldscheindarlehen jedoch die vorerst weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besser verkraften als der Corporate-Bond-Markt. Die bisherige Entwicklung im laufenden Jahr hat eindrucksvoll gezeigt, dass der Markt für Unternehmens-Schuldscheindarlehen trotz eines volatileren Umfelds insbesondere für großvolumige Schuldscheindarlehenstransaktionen aufnahmefähig bleibt. Nachfrageüberhang bleibtVor allem auf Seiten der Investoren sprechen verschiedene Faktoren dafür, dass sich dieser Markt vorerst weiterhin robust entwickeln wird. Kapitalmarktanleger sollten angesichts des anhaltenden Niedrigzinsniveaus am Anleihemarkt unverändert verstärkt auf der Suche nach Schuldscheindarlehen mit einem attraktiven Rendite-Risiko-Verhältnis sein. Daher gehen wir davon aus, dass sich der derzeitige Nachfrageüberhang nach Schuldscheindarlehen vorerst fortsetzen wird. Auch der seit längerer Zeit zu beobachtende Trend einer zunehmenden Internationalisierung des Schuldscheindarlehens dürfte anhalten.Ein nach wie vor beherrschendes Thema werden außerdem die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehende zunehmende Bedeutung digitaler Plattformen für die Emission von Schuldscheindarlehen bleiben. Zwar dürften Schuldscheindarlehen in den kommenden Jahren vorerst weiterhin parallel zu den externen digitalen Plattformen über die traditionellen bankinternen Prozesse vermarket und abgewickelt werden. Trotz des durchaus vielschichtigen und oftmals heterogenen Prozesses bei der Emission eines Schuldscheindarlehens ist aus heutiger Sicht allerdings nicht auszuschließen, dass sich das “digitale” Schuldscheindarlehen nicht zuletzt angesichts der vorhandenen Effizienzgewinne auf lange Sicht durchsetzen wird. *) Mario Kristl ist Corporate-Bond-Analyst bei der DZ Bank.