Steiniger Weg für Irland und Portugal

Beide Staaten wollen 2014 wieder an den Bondmarkt - Kleinere Investorenbasis könnte EZB-Hilfe erfordern

Steiniger Weg für Irland und Portugal

Irland und Portugal streben im kommenden Jahr die Rückkehr an die internationalen Anleihemärkte an. Das könnte investorenseitig allerdings eine Herausforderung werden, so dass beide Staaten auf die Hilfe des ESM angewiesen sein könnten. Damit könnte auch das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) für beide Länder in Frage kommen.Von Kai Johannsen, FrankfurtIrland und Portugal wollen 2014 wieder einen normalen Marktzugang herstellen und darüber die Refinanzierung des Staates bewerkstelligen. Bei beiden Ländern laufen die Hilfsprogramme aus, die Staaten müssen wieder auf eigenen Füßen stehen. Marktteilnehmer sehen darin aber ein sehr schwieriges Unterfangen. Sie erwarten nicht, dass sich die Rückkehr an die Märkte so einfach realisieren lässt. Einzelne Bonds als Testballon zu verkaufen – wie im Fall von Irland – sei schließlich etwas anderes, als ein komplettes Refinanzierungsprogramm dauerhaft auf die Beine zu stellen, heißt es etwa am Markt. Nachfragegesichtspunkte können hier zum Knackpunkt werden. Der Weg an die Märkte dürfte sich holprig gestalten. Jedoch existieren wichtige Unterschiede zwischen beiden Staaten. MusterschülerIrland gilt auf dem Weg der Gesundung der Staatsfinanzen als Musterschüler. Auch die Politik betont das. Die Ratingagenturen erkennen ebenfalls eine positive Entwicklung im Falle von Irland. Und auch der Bondmarkt läuft, denn die Renditen liegen mittlerweile unter den Sätzen Italiens und Spaniens. Fünfjährige Anleihen aus Irland rentieren mit 2,54 % (Italien: 3,38 %, Spanien: 3,20 %). Bei den zehnjährigen Staatstiteln liegen die Iren bei 3,88 %, in Italien sind es 4,48 % (Spanien: 4,34 %). Die irischen Schuldenmanager haben somit genügend Spielraum für Preiszugeständnisse, d. h., die Renditen sind sehr weit gesunken, so dass sie eine Zeit lang höhere Renditen in schwierigen Marktphasen, in denen die Investoren höhere Prämien für die Übernahme irischen Staatskreditrisikos verlangen, akzeptieren können.Im Fall von Irland liegt der Refinanzierungsbedarf über die kommenden drei Jahre bei durchschnittlich rund 15 Mrd. Euro p. a. “Das ist für ein Land, das von Hilfsprogrammen profitiert hat und immer noch profitiert, eine nicht zu vernachlässigende Größe”, sagt Michael Leister, Zinsstratege bei der Commerzbank in London. Leister weist darauf hin, dass Bestände irischer Schuldtitel bei einheimischen Adressen in den vergangenen Quartalen zwar stabil geblieben sind. Anders sieht es aber bei den Beständen irischer Schuldtitel bei ausländischen Privatanlegern und Notenbanken aus. An diese Stelle sind zum Teil Notkredite und Käufe der EZB im Rahmen des SMP (Securities Markets Programme) getreten. Diese belaufen sich mittlerweile auf 42 % der irischen Staatsschuld, d. h., dass 42 % der irischen Schuld bei öffentlichen Gläubigern liegen. Im zweiten Quartal 2011 waren es etwa 26 %. “Bei allem Optimismus, der im Markt vorzufinden ist, muss doch festgehalten werden, dass sich der Pool der privaten Investoren enorm verkleinert hat. Das Comeback Irlands an den Markt und dort dann regelmäßig mit Emissionen vorstellig zu werden ist mit einem nicht unerheblichen Risiko verbunden. Es besteht die Gefahr, dass sich dauerhaft eben nicht genügend Käufer für irische Staatsanleihen finden, zumindest zu den aktuellen Renditeniveaus”, so Leister. Positiver KonjunkturausblickDer Experte weist aber auch auf positive Aspekte in Sachen Marktrückkehr Irlands hin. Die Nachfrage ausländischer institutioneller Investoren habe wieder zugenommen, und gleichzeitig hätten sich die Bestände einheimischer Banken über die vergangenen Monate stabilisiert. Zudem sei der Konjunkturausblick positiv. Die Commerzbank erwartet im nächsten Jahr ein Wachstum der irischen Wirtschaft von 1,9 %. Die Renditeniveaus böten den irischen Schuldenmanagern zudem Raum für Angebotskonzessionen. “In diesem Umfeld sollte der Gang an den Markt im kommenden Jahr gelingen. Es bleiben jedoch noch Restrisiken bei der Nachfrageentwicklung. Halten sich die Investoren extrem zurück, könnte Irland dazu gezwungen sein, Unterstützung über den ESM anzufragen”, sagt Leister. Dies würde dann in Form von sogenannten Precautionary Conditioned Credit Lines (PCCL) geschehen. Hierbei handelt es sich um Kreditlinien des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), mit denen dann dem Land geholfen wird. Die Bedingungen für diese Kreditlinien sind laut Leister vergleichsweise flexibel. Ein Land, das in den Genuss von PCCL kommt, qualifiziert sich damit auch für das OMT-Programm (Outright Monetary Transactions) der EZB. John Corrigan, Chef der irischen Schuldenagentur NTMA (National Treasury Management Agency) hat bereits erklärt, dass eine PCCL für Irland vernünftig wäre.Für Portugal stellt das Markt-Comeback eine große Herausforderung dar und dürfte laut Experten im Vergleich zu Irlands Rückkehr an die Märkte deutlich schwieriger werden. Die staatliche Schuldenagentur muss 2014 einen Finanzierungsaufwand von 8 Mrd. Euro (ohne Geldmarktpapiere) stemmen. Notkredite und Bond-Bestände im Rahmen des SMP machen laut Commerzbank rund 45 % der ausstehenden Staatsschulden aus, sie liegen also bei öffentlichen Gläubigern. Damit ist der Pool an privaten Investoren mittlerweile recht begrenzt. “Anders als in Spanien und Italien dürften heimische Banken in Portugal nicht mehr einspringen. Deren Bestände sind in den vergangenen Quartalen nicht zuletzt aufgrund der Probleme, die die Häuser haben, absolut und relativ gesehen bereits signifikant gesunken, und die verhaltenen Konjunkturperspektiven in Portugal – das Land steht schlechter da als Irland – dürften die Risikoaufnahmekapazität der Anleger zudem begrenzen”, sagt Leister. Zudem sehen die Investoren das politische Risiko in Portugal. Hilfen über ESMAusländische institutionelle Investoren haben ihr Engagement in den vergangenen Quartalen laut Leister allmählich erhöht und auch den Großteil der im Mai emittierten neuen zehnjährigen portugiesischen Staatsanleihe aufgenommen. “Verhandlungen über Anschlusshilfen des ESM in einer Zeit, in der über einen neuerlichen Schuldenschnitt in Griechenland diskutiert wird, werden private Investoren in Zukunft aber eher abschrecken. Portugal bleibt auf öffentliche Gläubiger angewiesen”, sagt Leister. Damit stellt sich die Frage, wie die Rückkehr an die Anleihemärkte aussehen könnte. Der Deal könnte Leister zufolge folgende Gestalt annehmen: Die Troika, bestehend aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EZB und EU-Kommission, pocht weiterhin auf die Umsetzung des Sparkurses. Die Regierung in Lissabon gibt hierzu ein entsprechendes Bekenntnis ab. Im Gegenzug erhalten die Portugiesen Hilfen über die PCCL des ESM. Damit qualifiziert sich das Land auch für das OMT-Programm der EZB und kann über diesen Weg die Rückkehr an die Kapitalmärkte bewerkstelligen. “Wenn die EZB dann mit Bondkäufen stützend eingreift, könnten allmählich auch die Privatinvestoren nach Portugal zurückkehren. Denn Extremrisiken wie eine komplette Verwerfung an den Märkten für portugiesische Staatstitel sind dann deutlich geringer einzuschätzen”, so Leister.