GASTBEITRAG

Steuerpflichtige Revenue Bonds eine attraktive Anlagemöglichkeit

Börsen-Zeitung, 15.3.2017 Mit nahezu 4 Bill. Dollar gehört der Markt für US-Kommunalanleihen zu den ältesten und größten der Welt. Bis vor kurzem waren viele Investoren außerhalb der USA, wenn überhaupt, aber nur geringfügig in dieser Anlageklasse...

Steuerpflichtige Revenue Bonds eine attraktive Anlagemöglichkeit

Mit nahezu 4 Bill. Dollar gehört der Markt für US-Kommunalanleihen zu den ältesten und größten der Welt. Bis vor kurzem waren viele Investoren außerhalb der USA, wenn überhaupt, aber nur geringfügig in dieser Anlageklasse engagiert. Da ein Ende der Negativzinspolitik nicht in Sicht ist und die Zentralbanken an ihren Wertpapierkäufen festhalten, ändert sich das nun; Grund ist der Wunsch nach zuverlässigen Renditen, die die Bonität des Portfolios nicht beeinträchtigen. Durch Einnahmen besichertFür Anleger außerhalb der USA sind steuerpflichtige Revenue Bonds das attraktivste Segment dieses Marktes. Berichte internationaler Berater deuten darauf hin, dass diese Papiere immer beliebter werden. Der Markt erkennt allmählich, welche Renditevorteile sowohl mittelfristige als auch sehr lange Laufzeiten in diesem Bereich bieten. Besichert werden die Titel durch Einnahmen aus erstklassigen Infrastrukturprojekten, die von den Bundesstaaten und Großstädten der USA gefördert werden.Vor allem für die Portfolios europäischer Versicherer sind steuerpflichtige Revenue Bonds eine interessante Anlagemöglichkeit, da die im Solvency-II-Regelwerk vorgesehenen Kapitalanforderungen für Infrastrukturinvestitionen inzwischen geklärt sind.Ein Grund ist das Qualitätsprofil steuerpflichtiger US-Kommunalanleihen. Es trägt zur Verringerung des erforderlichen Solvenzkapitals bei, wenn die Verbindlichkeiten regulierter Versicherer mit diesen Papieren unterlegt werden. Der größte Pluspunkt besteht jedoch darin, dass die Kapitalauflagen für Infrastrukturinvestitionen gemäß Solvency II voraussichtlich rund 30 % geringer ausfallen werden als bei Unternehmensanleihen mit vergleichbarem Risikoprofil. Voraussetzung ist, dass sich die betreffenden Projekte innerhalb der OECD befinden – ein Kriterium, das die meisten steuerpflichtigen Revenue Bonds in den USA automatisch erfüllen. Sowohl Umfang als auch Qualität dieses Marktes, die langen Laufzeiten, die Bandbreite und Sicherheit der zugrundeliegenden Projekte und Einnahmen sowie die Rendite im Verhältnis zu vergleichbaren Unternehmensanleihen tragen dazu bei, dass steuerpflichtige Revenue Bonds aus den USA eine attraktive Anlagemöglichkeit für europäische Versicherer sind.Die niedrigen und mitunter sogar negativen Leitzinsen der großen Zentralbanken weltweit haben Erträge in US-Dollar noch attraktiver gemacht, selbst wenn man die Kosten für die Währungsabsicherung berücksichtigt. Gleichzeitig ist der Markt für Kommunalanleihen immer weiter gewachsen. Institutionelle Anleger in Europa sind sich zunehmend darüber im Klaren, dass ein Markt dieser Größenordnung eine sinnvolle Alternative sein könnte, zumal seine Zuverlässigkeit, seine Kreditqualität, das Profil seiner Ausfallrisiken und das Spektrum der Laufzeiten ebenfalls triftige Argumente sind. 3,7 Bill. Dollar schwerAufgrund langjähriger Erfahrungen ist der Markt für US-Kommunalanleihen mittlerweile gut erforscht. Ende 2015 waren Anleihen im Wert von 3,7 Bill. Dollar im Umlauf, die von mehr als 50 000 Emittenten auf Ebene der Bundesstaaten, Städte und Kommunen begeben wurden. Für diese Emittenten stellen Kommunalanleihen die wichtigste Finanzierungsmöglichkeit am Kapitalmarkt dar.Es gibt in den USA im Wesentlichen zwei Arten von Kommunalanleihen: General Obligation Bonds und Revenue Bonds. General Obligation Bonds machen etwa ein Drittel des Marktvolumens aus. Die restlichen zwei Drittel entfallen auf Revenue Bonds. Sie dienen zur Finanzierung einer ganzen Reihe langfristiger Projekte, von Investitionen in die Industrie und Agrarwirtschaft bis hin zu wichtiger Infrastruktur wie Mautstraßen, Krankenhäuser, Flughäfen, Schulen, Sozialwohnungen und Wasser- bzw. Abwassersysteme. Die Einnahmen aus diesen Projekten dienen als primäre Kreditsicherheit.Bei beiden Arten von Anleihen gibt es sowohl steuerbefreite als auch steuerpflichtige Emissionen. Um auf der bundesstaatlichen und kommunalen Regierungsebene Anreize für private Finanzierungen zu schaffen, sind rund 85 % des Gesamtmarktes steuerbefreit.Der Markt für steuerpflichtige Papiere existiert seit langem, um die Finanzmittel von Projekten aufzustocken, die laut US-Steuergesetz nicht ausschließlich mit steuerbefreiten Darlehen finanziert werden können. Zu einer raschen Expansion kam es 2009 und 2010 durch das Build-America-Bond-Programm (BAB), das im Rahmen der staatlichen Konjunkturpakete nach der Finanzkrise steuerpflichtige Anleihen subventionierte, die zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten emittiert wurden. Das Programm spülte fast 200 Mrd. Dollar in die Staatskassen, und durch anderweitige Emissionen ist dieser Markt seitdem auf knapp 500 Mrd. Dollar angewachsen.Vor diesem Hintergrund sind steuerpflichtige Revenue Bonds gerade für europäische Investoren interessant. Das jährliche Emissionsvolumen dieser Papiere beläuft sich im Durchschnitt auf 30 Mrd. US-Dollar, einschließlich des sechsjährigen Zeitraums seit dem Ende des BAB-Programms. Es ist durchaus realistisch, dass der Markt in einer zweiten Phase des BAB-Programms weiter zulegen wird, um die von der neuen amerikanischen Regierung in Aussicht gestellten Infrastrukturausgaben zu finanzieren. Da die US-Staatsverschuldung bereits sehr hoch ist, gilt es als wahrscheinlich, dass dieser Finanzbedarf in erster Linie den Bundesstaaten und Kommunen auferlegt wird. Die höheren Renditen ergeben sich übrigens aus der Komplexität und Fragmentierung dieses örtlich stark begrenzten und im Freiverkehr gehandelten Marktes – nicht aufgrund der Annahme höherer Ausfallquoten.Steuerpflichtige Revenue Bonds können sehr lange Laufzeiten aufweisen, da sie im Infrastrukturbereich angesiedelt sind. Dadurch können die Fälligkeiten innerhalb eines Portfolios auf der gesamten Kurve weitaus besser aufeinander abgestimmt werden, als es auf dem viel kleineren, stark umkämpften und noch längst nicht ausgereiften Markt für europäische Infrastrukturanleihen möglich ist.Außerdem können die Risiken, die mit langfristigen Unternehmensanleihen einhergehen, auf diese Weise diversifiziert werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Markt für Unternehmensanleihen – wie in Europa – sehr stark von Emittenten aus dem Finanzsektor geprägt ist. Gleichzeitig verläuft der kommunale Kreditzyklus in der Regel anders als der industrielle Kreditzyklus. Beträchtlicher AufschlagKurz gesagt: Steuerpflichtige Anleihen haben sich zu einem wesentlichen Bestandteil des Marktes entwickelt und werden im Vergleich zu Treasuries mit einem beträchtlichen Renditeaufschlag gehandelt – und sogar mit einem Aufschlag gegenüber vergleichbaren Unternehmensanleihen in Europa und den USA. Für europäische Versicherungsgesellschaften sind sie aufgrund ihrer Behandlung laut Solvency II ein besonders effektives Instrument zur Abstimmung des Fälligkeitsprofils.—-Christian Puschmann, Leiter der Frankfurter Niederlassung von Neuberger Berman