TECHNISCHE ANALYSE

Stimmung für den Dax angeschlagen

Von Stefan Salomon *) Börsen-Zeitung, 30.9.2015 Der September verlief bislang unerfreulich für den Dax. Nach einer anfänglichen Stabilisierung und Erholung zu Beginn des Handelsmonats nach dem kräftigen Kurseinbruch im August konnte der Dax noch...

Stimmung für den Dax angeschlagen

Von Stefan Salomon *)Der September verlief bislang unerfreulich für den Dax. Nach einer anfänglichen Stabilisierung und Erholung zu Beginn des Handelsmonats nach dem kräftigen Kurseinbruch im August konnte der Dax noch ein September-Hoch bei 10 512 Punkten erreichen. Der Markt neigte jedoch zur Schwäche. Im September wurden Erholungen verkauft. So bildeten sich in den Wochenkerzen von Anfang bis Mitte September sogenannte “Dochte”, die auf einen Angebotsüberhang im Bereich zwischen ca. 10 100 bis 10 500 Punkten hinwiesen. In der vergangenen Woche setzte sodann eine deutliche Abwärtsbewegung ein, die sich zu Beginn dieser Woche fortsetzte. So wurde das August-Tief bei 9 338 Punkten getestet und bis Dienstagmittag verteidigt. PattsituationDie in der japanischen Kerzencharttechnik als “Lunten” bezeichneten unteren Striche an den Kerzen weisen wiederum in einem Bereich zwischen ca. 9 338 bis 9 600 Punkten auf Kaufinteresse hin. Die in den Wochenkerzen vorliegenden Dochte und Lunten präsentieren den Dax seit dem Kurseinbruch im August in einer “Pattsituation zwischen Bullen und Bären”. Der Markt sitzt zwischen den Stühlen und pendelt hin und her. Damit liegt keine klare Bodenbildung vor. Zudem weist der bisherige Wochenstart auf Schwäche im Markt hin. Die Stimmung ist deutlich angeschlagen.Die Frage aus Sicht der Sentiment-Analyse ist, woher könnten positive Impulse in den Markt gelangen? VW drückt die Stimmung, da zudem noch Unsicherheit darüber besteht, ob mit “Dieselgate” nicht die gesamte Automobilindustrie in Mitleidenschaft gerät. Zudem beschäftigt die Marktteilnehmer die Möglichkeit einer US-Zinswende. Auch die globalen Konjunkturaussichten mit schwächelnder chinesischer Wirtschaft lassen einige Sorgenfalten entstehen. Das bislang erwartete Gewinnwachstum der Unternehmen könnte in den kommenden Wochen oder Monaten nach unten revidiert werden. Lediglich die weiterhin hohen Liquiditätsspritzen der Notenbanken und die Aussicht auf eine Erhöhung des QE der EZB heben die Stimmung. Zusätzlich wird der Dax in dieser Woche im Vorfeld der am Freitag erwarteten US-Arbeitsmarktzahlen sowie der bald beginnenden Berichtssaison nach oben gedeckelt. Negative neue Impulse hingegen beinhalten das Risiko eines kurzen “Crashs” nach unten, sofern in einer kollektiven und teils computergesteuerten Massenreaktion die Marktteilnehmer auf den “Sell-Knopf” drücken. Absicherungsgeschäfte könnten eine entsprechende Marktreaktion verschärfen. Hieraus ergibt sich die Frage nach dem aktuellen Marktrisiko. Interessant aus charttechnischer Sicht ist die Seitwärtsbewegung im Jahr 2014 zwischen ca. 9 000 und 9 800 Punkten. Mit dem Rückfall im September in diese Range per Wochenschlusskurs hat sich das Chartbild eingetrübt, und ein neues Tief im Dax per Tagesschlusskurs unter 9 338 Punkten würde die 9 000er Marke, die untere Begrenzung der Range aus dem Jahr 2014, als Kursziel offerieren. Zuvor darf noch eine leichte Unterstützung bei ca. 9 161 Punkten angenommen werden. Diese Unterstützungslinie ergibt sich aus dem Tief einer langen weißen Wochenkerze von Ende November 2014. Crash-SzenarioEin Re-Break in eine Range lässt grundsätzlich allerdings noch weiteres Ungemach zu: den Ausbruch aus der Range nach unten! Bei einem Fall deutlich unter 9 000 Punkte wäre auch die Schwankungsbreite der Range nach unten als Kursziel abzutragen. So bestünde ein weiteres Kursziel im Worst-Case-Szenario im Bereich des Oktober-Tiefs 2014 bei ca. 8 354 Punkten. Ein weiteres Indiz, dass dieses “Crash-Szenario” nicht völlig von der Hand zu weisen ist, darf in der Berücksichtigung der akkumulierten Umsätze für die jeweiligen Kursniveaus gewertet werden, des “Price-Volume-Profils”. So sind nur geringe Umsätze zwischen einem Kursniveau von ca. 9 000 bis ca. 8 400 Punkten innerhalb der vergangenen 1 000 Handelstage darstellbar. In diesem Kursbereich fehlen somit relevante Unterstützungen. Auch eine “überschießende Panikreaktion” nach unten in Richtung 8 100 bis 8 000 Punkte wäre aus dem Chartbild ableitbar. Ein Dax im Bereich ab ca. 8 500 Punkten würde sich jedoch recht weit von seiner 200-Tage-Linie entfernen, die gegenwärtig bei rund 11 000 Punkten verläuft. Ein Dax-Stand bei ca. 8 500 Punkten würde somit einen negativen prozentualen Abstand von über 20 % darstellen. Ein Wert, der dann auf eine starke Übertreibung nach unten hinweisen würde und wiederum eine zügige Erholung annehmen ließe. Überverkaufte StrukturenDer aktuelle Wert von knapp – 14 % hingegen zeigt überverkaufte Strukturen, aber noch keinen Ausverkauf an. Zu favorisieren wäre allerdings derzeit noch eine Fortsetzung der Pattsituation im Dax sowie einer Stabilisierung in den kommenden Tagen. Denn die langen Lunten an den Wochenkerzen – auch in Verbindung mit den Wochenkerzen im Dax von Oktober bis Dezember 2014 – machen derzeit noch Hoffnung, dass die Marktteilnehmer ab einem Bereich von ca. 9 500 Punkten Kaufinteresse entwickeln. Eine abgeschlossene Bodenbildung liegt jedoch erst bei einem Wiederanstieg über ca. 10 600 Punkte vor.—-*) Stefan Salomon ist Chartanalyst bei wallstreet-online.de