Von Thorsten Grisse *)Der wichtigste europäische Gesamtmarktindex Stoxx Europe 600, ein Aktienindex, der die nach Free-Float-Marktkapitalisierung 600 größten börsennotierten Aktien aus 18 europäischen Ländern umfasst, wurde im Jahr 1998 eingeführt. Gleichzeitig führte Stoxx Sektorindizes ein, wobei jede der 600 Aktien einem von aktuell 19 Sektoren zugeordnet wird.Ein langfristiger Sektorvergleich verdeutlicht, dass der Stoxx Europe 600 Chemicals den Gesamtmarktindex Stoxx Europe 600 seit Ende 1991 im Kursvergleich deutlich geschlagen hat. Aus mittelfristiger Perspektive (seit 2016) weist der Stoxx Chemicals ebenfalls eine relative Stärke auf. Mit dem Erreichen neuer Allzeithochs liegt zusätzlich ein kurzfristiges attraktives technisches Bild vor, das durch den saisonalen Rückenwind einer für den Sektor typischen Jahresschlussrally noch verstärkt wird. In Summe eignet sich der Stoxx Chemicals daher für technisch motivierte (Neu-)Investments. Jährlich 12 ProzentDer Stoxx Europe 600 und der Stoxx Europe 600 Chemicals werden sowohl als Kursindex als auch als Net-Return-Index (Dividendenzahlungen werden steueradjustiert in Kursgewinne überführt) berechnet. Für beide Net-Return-Indizes ist als Basis der 31. Dezember 1991 zu je 100,0 Punkten festgelegt. Ein Blick auf den aktuellen Punktestand verdeutlicht somit immer direkt die relative Entwicklung der Indizes. Ein Investment in den Stoxx Chemicals (Net Return) zwischen 1992 und Oktober 2017 hätte mit einer annualisierten Performance von ca. 12 % die beste Performance aller Stoxx-Sektoren erbracht. Der Stoxx 600 Net Return Index hat in den letzten 25 Jahren ca. 8,37 % geliefert. Vorsprung ausgebautDie langfristige relative Stärke des Stoxx Chemicals entwickelte sich dabei seit dem Auslaufen der TMT-Blase im Jahr 2000. Seitdem setzte sich der Sektor deutlich gegenüber dem Gesamtmarktindex nach oben ab. Der zyklische Charakter des Stoxx Chemcials sorgt dafür, dass besonders in Hausse-Phasen (zuletzt seit 2009) eine Outperformance generiert wird. In Baisse-Phasen (zuletzt in der Zwischenbaisse im Jahr 2015) neigt der Sektor jedoch zur Underperformance. Im laufenden Hausse-Schub (seit 2016) baut der Stoxx Chemicals mit einem Zugewinn von ca. 21 % seinen Vorsprung gegenüber dem Stoxx 600 (+ 13 %) erneut aus. Kurzfristig ist der Sektor in der laufenden Rally seit September 2017 bereits auf neue All-Time Highs gestiegen. Damit weist der Stoxx Chemicals zurzeit auf allen Zeitebenen (kurz- bis langfristig) eine intakte relative Stärke gegenüber dem Stoxx Europe 600 auf.Der Stoxx Chemicals ist ein technischer Marathonläufer, der sich seit den Neunzigerjahren in einer langfristigen Hausse befindet. Aktuell umfasst er 25 Titel, wobei mit Bayer, BASF und Linde drei deutsche Titel in den Top 5 liegen. Die Top 5 vereinen zusammen ca. 65 % Sektoranteil auf sich. Der Sektor ist also stark konzentriert. Ab November 2011 bildete der Stoxx Chemicals (Kursindex) einen Hausse-Trend heraus (Start bei ca. 422), welcher ihn bis April 2015 auf das damalige All-Time High bei 999 Punkten führte. Parallel zur Gesamtmarktbaisse im zweiten Halbjahr 2015 fiel der Sektor in einer Zwischenbaisse bis Februar 2016 auf 688 Punkte zurück. Trendbestätigender AusbruchEs folgte ein Recovery, wobei der Index Ende 2016 eine Trading-Bodenformation mit einem neuen Kaufsignal abschloss. Er etablierte den laufenden mittelfristigen Aufwärtstrend (Trendlinie aktuell bei 880) und stieg bis Juni 2017 auf Hochs bei 957. In der anschließenden kurzfristigen Konsolidierung fiel er kurzzeitig unter seine steigende 200-Tage-Linie zurück, konnte diese aber schließlich behaupten. Die laufende beschleunigte Recovery-Rally hat den Sektorindex mit einem neuen Trading-Kaufsignal auf neue Jahreshochs geführt. In Summe ist der Ausbruch auf neue Hochs trendbestätigend nach oben einzustufen. Als nächstes mittelfristiges Etappenziel dürfte für den Sektor ein Test des All-Time High aus 2015 bei 999 Punkten anstehen. Saisonaler RückenwindDer Einfluss der Top-5-Schwergewichte auf die Indexzusammensetzung und saisonale Tendenzen sind zusätzliche Analyseaspekte für den kurzen Zeitraum. Der laufende M & A-Newsflow z. B. bei Bayer (26 % Indexgewicht), Linde (6 % Indexgewicht) und Akzo Nobel (5 % Indexgewicht) kann dabei die Sektorperformance kurzfristig stark prägen. Aus technischer Perspektive ist positiv hervorzuheben, dass alle Top-5-Titel wieder über ihre 200-Tage-Linien gestiegen sind. Eine saisonale Analyse zeigt, dass der Stoxx Chemicals seit dem Jahr 2000 unter allen 19 Sektoren in der Regel die ausgeprägteste Jahresend-Rally durchläuft. Im Schnitt legte der Sektor in den letzten zwei Monaten des Jahres (zwischen November und Dezember) 5,5 % zu und erreichte in 13 von 16 Monaten eine positive Kursentwicklung.In Summe machen die Kombination aus langfristiger relativer Stärke, einem kurzfristig und mittelfristig ansprechenden technischen Bild und dem saisonalen Rückenwind den Stoxx Chemicals damit für ein Sektorinvestment attraktiv.—-*) Thorsten Grisse ist bei der Commerzbank im Bereich Technische Analyse & Index Research tätig.