Telekom-Aktien sind die Stiefkinder der Börse
Stiefkinder der Börse
An Telekomtiteln geht die Hausse vielfach vorbei – T-Aktie liefert Kontrastprogramm
2024 kam der Durchbruch für die T-Aktie. Erstmals seit vielen Jahren stieg der Kurs stärker als der Gewinn, rückblickend ein gelungenes Investment, aber für Analysten eine Steilvorlage. Andere Schwergewichte wie Vodafone oder Telefónica locken stattdessen vermeintlich mit Einstiegskursen, aber die Risiken dominieren das Bild.
hei Frankfurt
Die Schwergewichte des europäischen Telekomsektors sind seit Jahren Stiefkinder der Börse. Ein kapitalintensives Geschäft sowie ein hoher Wettbewerbs- und Regulierungsdruck, die bei vielen auf der Umsatz- und Gewinnentwicklung lasten, sind ein Giftcocktail für Investoren. Er liegt ihnen so schwer im Magen, dass auch eine Dividendenrendite, die beispielsweise bei Telefónica für 2025 zuletzt auf 7% taxiert wurde, die Anleger kaum reizen kann. Allerdings hat die Aktie im vergangenen Jahr immerhin ein Fünftel zugelegt und vom Gesamtschwung des Marktes profitiert. Anders als Vodafone, deren Titel jeden Anschluss an die Hausse verpasst haben und die aus Sicht von einigen Beobachtern auch noch zu wenig Licht am Horizont im operativen Geschäft hat, um eine echte Kaufempfehlung zu erhalten.
Eklatante Schwäche
Bettina Deuscher von der LBBW steht eher auf der Seite der Optimisten. Sie spricht für Vodafone nach den jüngsten Zahlen eine Kaufempfehlung aus, mit einem Kursziel von 100 Pence, aktuell notiert die Aktie bei 65,40 Pence. Die Analystin hebt hervor, dass der angeschlagene Mobilfunkriese alle Schritte des „Vodafone for Growth“-Programms erledigt habe, also eine Konzentration auf die Kernmärkte und Verkäufe von Aktivitäten ohne Wertbeitrag in Spanien und Italien. Außerdem sei die Dividendenrendite im Peer-Vergleich attraktiv, hinzu kämen die Aktienrückkäufe. Skeptiker unter den Experten verweisen allerdings auf die eklatante Schwäche im deutschen Markt, der für Vodafone mit einem Umsatzanteil von 34% der wichtigste ist. Dort sind die Erlöse im zurückliegenden dritten Geschäftsquartal um 7,6% eingebrochen, unter Druck steht vor allem das TV-Geschäft. Dies ist ein besonderes Debakel, denn dahinter steht die sündhaft teure Akquisition der Kabelaktivitäten. Diese wurden für ein operatives Multiple von 15 (Basis: Ebitda) eingekauft. Analysten taxieren das Geschäft heute mit einem Multiple von 5 – eine gigantische Kapitalvernichtung. Die Vodafone-Aktie dümpelt derzeit auf dem Niveau, das sie zu Jahresbeginn 2024 erreicht hatte – nach einem Kursrutsch von 50% gegenüber dem Hoch bei 140 Pence Anfang 2022.
Vor dem Dax
Dazu liefert die T-Aktie das Kontrastprogramm. Das Papier der Deutschen Telekom hat im vergangenen Jahr (und schon länger) nicht nur den Sektor hinter sich gelassen, sondern in der zweiten Jahreshälfte auch den Dax. Die Titel liegen aktuell binnen zwölf Monaten mehr als 50% im Plus, der Dax knapp 30%. Die T-Aktie gehört nach SAP und Siemens zu den Haupttriebfedern des deutschen Leitindex. Trotz der starken Performance geben fast sämtliche einschlägigen Analysten für das Papier eine Kaufempfehlung mit Kurszielen in der Spanne von 31 Euro (Banco Sabadell) bis 43 Euro (J.P. Morgan).
Fundament ist die anhaltend hohe Geschäftsdynamik bei der Tochter T-Mobile US, die indes auch 83% vom Börsenwert der Telekom insgesamt ausmacht. Nachdem der Kurs der T-Aktie im Jahr 2024 um mehr als Viertel gestiegen ist, bleibt das Gewinnplus dahinter zurück. Der Bonner Konzern legt sein Zahlenwerk für 2024 am kommenden Mittwoch offen, Experten rechnen im Mittel mit einem bereinigten Gewinn je Aktie von 1,87 Euro nach 1,60 Euro im Vorjahr. Dies wäre ein Plus von 16,8%.
Damit, so heißt es aktuell in Analystenkreisen, „muss jetzt mal neu gerechnet werden“. Dass die T-Aktie dabei ein Verkaufssignal erhält, ist eher nicht zu erwarten. Für die Anleger hat das Papier nochmals an Attraktivität gewonnen, seit die Telekom ihre Verschuldung in die Rating-Komfortzone gedrückt hat und nun bei der Aktionärsvergütung deutlich aufdrehen kann.
Einen positiven Blick haben Experten auf die Telekomanbieter ohne Netz hierzulande. Sowohl bei Freenet als auch bei 1&1 wird allgemein von einer soliden Performance ausgegangen, bei 1&1 trotz des jüngsten Rückschlags beim Wachstum.