Tokios Börse soll reformiert werden

Veränderte Segmentierung geplant - Aufsicht will Topix für ausländische Anleger attraktiver machen

Tokios Börse soll reformiert werden

Die Börse Tokio soll reformiert werden. Das sehen jetzt präsentierte Vorschläge vor. So soll es einen “Premiummarkt” für Blue Chips geben, ein Segment für Small und Mid Caps und einen Markt für Wachstumswerte. Die Vorschläge sollen bis Jahresende beraten werden. Ziel ist es, den Topix attraktiver zu machen. mf Tokio – Ein Expertenrat der Financial Services Agency (FSA) hat vorgeschlagen, die Tokioter Börse neu zu organisieren. Danach soll es künftig einen “Premiummarkt” für Blue Chips mit ausgezeichneter Corporate Governance, einen “Standardmarkt” für mittelständische Unternehmen mit relativ hoher Liquidität und einen “Wachstumsmarkt” für Start-ups geben.Derzeit existieren an der Börse in Tokio eine 1. und 2. Sektion sowie der Jasdaq und Mothers Market. Die Reform würde also einen von vier Märkten eliminieren und für Japan quasi einen Dax, einen MDax und einen Neuen Markt etablieren. Der Börsenbetreiber Japan Exchange Group (JPX) will die Expertenvorschläge nun bis zum Jahresende beraten.Dabei gilt das Augenmerk von JPX sowie der Finanzaufsicht in erster Linie dem Topix. Dieser breit gefasste Index entspricht der 1. Börsensektion und befindet sich zu 30 % im Besitz von Ausländern. Ebenso wie vielen japanischen Aktien- und Pensionsfonds dient ihnen der Topix – nicht der Nikkei 225 – als Benchmark. Zugleich generieren diese Auslandsinvestoren 60 bis 70 % des Tageshandels an der Tokioter Börse. Ihnen ist jedoch die hohe Zahl von 2 155 Topix-Unternehmen seit langem ein Dorn im Auge. Diese Zahl ist fast so hoch wie die rund 2 400 Mitglieder der weit schwergewichtigeren Börse in New York.Daher begann vor rund einem Jahr die aufwendige Suche nach einem Konsens für eine weitreichende Reform, um den Topix für ausländische Anleger attraktiver zu machen. Zugleich will die Regierung dabei die Corporate Governance verbessern. “Die Aufteilung in vier Märkte ist immer schwieriger zu erklären”, gestand damals JPX-Chef Akira Kiyota.Der jetzige Vorschlag zielt darauf, den Topix auf große und viel gehandelte Aktien zu verkleinern. Jedoch verzichtete der Expertenrat auf zahlenmäßige Kriterien für die Auswahl der Mitglieder. Vielmehr sollen die Unternehmen selbst bestimmen, in welchem Markt sie gehandelt werden wollen. Viel AblehnungDieser Vorschlag hängt damit zusammen, dass viele Topix-Firmen die anfangs diskutierte Neuordnung anhand der Marktkapitalisierung ablehnen. Im Schnitt beträgt der Börsenwert der Topix-Angehörigen nur umgerechnet rund 400 Mill. Euro, fünfmal weniger als der Durchschnitt an der New Yorker Börse. Selbst am Höchststand handelten 30 % der Topix-Mitglieder unter Buchwert. Das werten Analysten als Indiz dafür, dass diese Firmen ihre Aktionäre vernachlässigen.Eine Selektion nach Börsenwert hätte jedoch dramatische Folgen. Rund ein Drittel der Topix-Angehörigen sind aktuell weniger als jene 25 Mrd. Yen wert, die für eine neue Notierung notwendig sind. Ein Grund: Die Zahl der Topix-Mitglieder hat sich entgegen dem weltweiten Trend gegenüber 1990 verdoppelt. “Diese Zahl ist zu hoch”, sagte Kazuyuki Tarao von Allianz Global Investors Japan schon im März. Würde die JPX das Minimum auf 50 Mrd. Yen erhöhen, flöge die Hälfte der jetzigen Mitglieder aus dem Index. Bei einer Anhebung auf 100 Mrd. Yen wären es sogar rund zwei Drittel.Im Falle einer radikalen Reform käme es laut Analysten einerseits zu massiven Kursverlusten bei ausgeschiedenen Index-Firmen und andererseits zu einer Übernahme- und Fusionswelle, weil viele Unternehmen versuchen würden, ihren Börsenwert schnell zu steigern. Weniger Topix-Titel erhöhten den Druck auf kleinere Unternehmen, ihre Bilanzen zu verbessern, meinte auch John Vail, Chefstratege der Vermögensverwaltung Nikko AM. Zudem dürften sich die Bewertungen größerer und liquiderer Titel mittelfristig verbessern.Angesichts dieser Aussichten lehnen viele Topix-Unternehmen eine Überarbeitung der Börsenstruktur ab. Außerdem fürchten sie einen Prestigeverlust, falls sie den Index verlassen müssten. Dadurch würden sich ihre Kreditkonditionen verschlechtern, und sie wären weniger attraktiv für qualifizierte Universitätsabsolventen.