TECHNISCHE ANALYSE

Tops und Flops in Europa

Von Petra von Kerssenbrock *) Börsen-Zeitung, 7.1.2015 Die US-Börse, die sich seit März 2009 in einem technischen Hausse-Zyklus befindet, hat 2014 mit einer ausgeprägten relativen Stärke (inkl. der Dollar-Aufwertung) aus technischer Sicht den...

Tops und Flops in Europa

Von Petra von Kerssenbrock *)Die US-Börse, die sich seit März 2009 in einem technischen Hausse-Zyklus befindet, hat 2014 mit einer ausgeprägten relativen Stärke (inkl. der Dollar-Aufwertung) aus technischer Sicht den europäischen Börsen die Show gestohlen. Dennoch zeigt sich aktuell für 2015 bei den europäischen Aktienindizes nur ein gemischtes Bild – mit Blick sowohl auf die wichtigen Länderindizes als auch auf die verschiedenen Sektorindizes. Während im Dax (ein Total-Return-Index) eine gute Chance besteht, dass die seit Anfang 2014 bestehende Seitwärtspendelbewegung im Laufe des Jahres nach oben verlassen wird, verfestigen sich die relativen Schwächen z. B. des französischen CAC 40 und des italienischen FTSE MIB sowie des Euro Stoxx 50. Demgegenüber liegt sowohl beim schweizerischen SMI als auch beim britischen FTSE 100 aufgrund der aktuell günstigen bzw. ungünstigen Sektorzusammensetzung ein technisches Eigenleben vor. SeitwärtspendelbewegungDer Euro Stoxx 50, ein Kursindex mit einer aktuell hohen Dividendenrendite von etwas über 3,5 %, befindet sich seit März 2009 (Low bei 1 765) in einer moderaten technischen Hausse, wobei der flache, zentrale, seit fast sechs Jahren bestehende Hausse-Trend derzeit bei ca. 2 200 Punkten liegt. Innerhalb dieser übergeordneten Bewegung bildete sich ab dem Herbst 2011 eine beschleunigte Hausse-Bewegung heraus, wobei sich ab Juni 2012 (Start bei ca. 2 050) ein beschleunigter Hausse-Trend ergab. Dieser führte den Index im Juni 2014 auf Kurse um 3 325 und damit in eine mittelfristig überkaufte Lage. Unterhalb davon bildete sich eine neue gestaffelte Resistance-Zone (3 300 bis 3 325) heraus. In den Folgemonaten hat der Index den beschleunigten Hausse-Trend in eine mittelfristige Seitwärtspendelbewegung mit der Support-Zone von 2 790 bis 2 800 und der gestaffelten Resistance-Zone von 3 300 bis 3 325 verlassen. Da der Abbau der mittelfristig überkauften Lage noch nicht ausreichend vorangekommen ist, sollte sich diese Seitwärtspendelbewegung zeitlich ausweiten. Als Konsequenz besteht im Euro Stoxx 50 das technische Kursziel für 2015 “nur” im Test der Resistance-Zone von 3 300 bis 3 325.Der CAC 40 hatte ausgehend von seinen Allzeithochs um 6 945 (September 2000) eine Seitwärtspendelbewegung mit negativem Touch oberhalb der gestaffelten Support-Zone von 2 400 bis 2 470 herausgebildet. Seit dem Jahreswechsel 2008/09 ergab sich unterhalb der gestaffelten Resistance-Zone von 4 088 bis 4 118 und mit den steigenden Tiefpunkten bei 2 465 (März 2009) und bei 2 693 (September 2011) eine volatile technische Bodenformation. Die Hausse seit September 2011 führte den CAC 40 im dritten Quartal 2013 aus dieser fünfjährigen Bodenformation heraus. Die fehlende Unterstützung durch die Marktbreite signalisierte jedoch, dass keine dynamische Hausse anstehen sollte. Deshalb überrascht es nicht, dass der Index seinen moderaten Hausse-Trend nach Erreichen der Hausse-Tops um 4 599 im Juni 2014 verlassen hat und in eine technische Korrektur mit negativem Touch übergegangen ist. Da sich die relative Schwäche noch verfestigt hat, sollte es dem CAC 40 schwerfallen, seine technische Korrektur 2015 nach oben zu verlassen. Das technische Kurspotenzial für dieses Jahr bleibt daher zunächst auf einen Test der gestaffelten Resistance-Zone von 4 500 bis 4 600 beschränkt.Der FTSE 100 befindet sich (in lokaler Währung) seit dem Jahreswechsel 1999/2000 in einer übergeordneten Seitwärtspendelbewegung, wobei sich eine 15-jährige, gestaffelte Resistance-Zone von 6 900 bis 6 950 herausgebildet hat. Im Gegensatz zum S & P 500 hat die seit März 2009 laufende Hausse den FTSE 100 jedoch nur an bzw. in diese Resistance-Zone geführt. Seit Mai 2013 befindet sich der FTSE 100 in einer volatilen Seitwärtspendelbewegung unterhalb dieser Resistance-Zone. Aufgrund der eingetrübten technischen Marktbreite, die u.a. auf die aktuell ungünstige Sektorzusammensetzung des Index (Öl- und Gas- plus Rohstofftitel machen etwa 20 % des FTSE 100 aus) zurückzuführen ist, fehlen die technischen Hinweise, dass der Index diese Zone im Jahr 2015 zur Disposition stellen sollte. Die derzeitige politische Unsicherheit im Vorfeld der im Mai 2015 anstehenden Parlamentswahlen verstärkt die Hinweise, dass technische Chancen dieses Jahr bei Index-Investments geringer ausfallen sollten als bei Einzelaktien- bzw. Spread-Positionen. SMI weist Eigenleben aufDer SMI, der von seinen Index-Schwergewichten (Nestlé, Novartis und Roche; zusammen über 50% Index-Anteil) geprägt wird, weist aufgrund der übergeordneten technischen Haussen dieser drei größten Aktien in Europa ein technisches Eigenleben auf. Im März 2009 startete der Index bei 4 235 einen technischen Hausse-Zyklus, wobei sich ab August 2011 (Start bei 4 695) ein steiler Hausse-Trend herausgebildet hatte. Aufgrund der abnehmenden Aufwärtsdynamik bei den drei Index-Schwergewichten ergeben sich zwei technische Konsequenzen für 2015. Einerseits sollte sich die Hausse im SMI fortsetzen, andererseits steht eine weitere Abschwächung des mittelfristigen Aufwärtsmomentums an. Damit sollte ein Test der Resistance-Zone im Umfeld der Allzeithochs bei 9 550 (aus 2007; in lokaler Währung) für 2015 auf der technischen Tagesordnung stehen.—-*) Petra von Kerssenbrock ist bei Commerzbank Corporates & Markets tätig.