LIRA

Türkei in der Sackgasse

Die türkische Lira eilt derzeit von Rekordtief zu Rekordtief. Am Montag mussten für den Dollar erstmals ungefähr 7,40 Lira bezahlt werden. Im bisherigen Jahresverlauf hat die Lira gegenüber dem Dollar rund 18 % an Wert verloren. Marktteilnehmer...

Türkei in der Sackgasse

Die türkische Lira eilt derzeit von Rekordtief zu Rekordtief. Am Montag mussten für den Dollar erstmals ungefähr 7,40 Lira bezahlt werden. Im bisherigen Jahresverlauf hat die Lira gegenüber dem Dollar rund 18 % an Wert verloren. Marktteilnehmer halten es mittlerweile sogar für möglich, dass es zu einer regelrechten Implosion der türkischen Währung kommen könnte.Eigentlich müsste die türkische Zentralbank in der jetzigen Situation den Leitzins anheben, um die Währung zu stützen. Dies würde jedoch unweigerlich die auch von der Coronakrise schwer in Mitleidenschaft gezogene türkische Konjunktur weiter schädigen. Die Zentralbank hat bereits den Leitzins von einem Niveau von 24 % im Juli 2019 auf jetzt 8,25 % nach unten gehievt. Präsident Recep Tayyip Erdogan drängt aber zu weiteren Schritten der Notenbanker.Bisher versucht die Zentralbank, sich dem Verfall der Lira mit Maßnahmen unter dem Radarschirm der Aufmerksamkeit des Präsidenten entgegenzustellen, etwa der Reduzierung der billigen Liquidität, die sie durch Offenmarktgeschäfte den Banken gewährt. Sie vermochte damit auch zumindest kurzfristig am Dienstag die Lira zu stützen. Liquidität, die die Notenbank den Banken über Nacht gewährt, dürfte die Banken jetzt 9,75 % kosten. Analysten erwarten, dass es schon bald 11,25 % sein können. Ob dies ausreicht und ob Erdogan darauf verzichtet, sich gegenüber der Notenbank durchzusetzen, steht in den Sternen.Damit steht nun das gesamte türkische Entwicklungsmodell, das Erdogan nach dem Putschversuch von 2016 dem Land verordnete, vor dem Bankrott. Erreicht wurde zwar zunächst ein ansprechendes Wirtschaftswachstum, allerdings war dieses mit ausländischen Krediten in Fremdwährungen finanziert. Zudem fand der Boom vor allem im Immobilien- und Bankensektor statt, und es gab einen regelrechten Importrausch, während die Profitabilität türkischer Unternehmen aus der Realwirtschaft weiter nachließ. Nun besteht die Gefahr, dass die durch den Lira-Verfall steigende Last der Verschuldung im Ausland die Konjunktur vollends abwürgt. Dem Land macht zudem die weiter um sich greifende Korruption zu schaffen.Wie der Kurs der Lira deutlich anzeigt, befindet sich die türkische Volkswirtschaft in der Sackgasse. Es dürfte für die Regierung Erdogan und die Notenbank sehr schwierig werden, ohne größere Verwerfungen einen Ausweg zu finden. Der Verfall der türkischen Währung sollte sich daher fortsetzen.