Überflutung am Bondmarkt
Am europäischen Bondprimärmarkt kommt es in den ersten Handelstagen des neuen Jahres zu einer regelrechten Überflutung mit Anleihen. Allein gestern wurden Bonds in der Gemeinschaftswährung für mehr als 28 Mrd. Euro emittiert. Das ist Tagesrekord. Die Nachfrage ist enorm: Die Staaten Portugal und Irland erreichten zusammen ein Ordervolumen von mehr als 44 Mrd. Euro. kjo Frankfurt – Der europäische Primärmarkt für Anleihen unterschiedlicher Segmente erlebt in den ersten Handelstagen des Jahres 2020 eine wahre Flut an neuen Anleihen. Aus allen Segmenten strömen die Emittenten an den Markt. Das verhalf dem noch jungen Emissionsjahr 2020 bereits am fünften Handelstag schon zum ersten Meilenstein. In der Gemeinschaftswährung wurden gestern Bonds im Gesamtumfang von mehr als 28 Mrd. Euro emittiert. Bislang wurde nie ein höheres Emissionsvolumen im Euro an einem einzigen Tag registriert. Fast auf den Tag genau zehn Jahre hat der bisherige Rekord gehalten. Diesen stellte der 12. Januar 2010 auf, als Anleihen im Gesamtumfang von 27,875 Mrd. Euro auf den Markt kamen. Das genaue Volumen, das gestern emittiert wurde, stand am Abend noch nicht genau fest. Fest stand nur, dass Anleihen für 27,75 Mrd. Euro emittiert waren und noch die beiden Bonds von Altice dazu kamen, deren Volumen aber noch festgezurrt werden musste. Geld drängt an den MarktNur allzu oft ist in den vergangenen Jahren zum Auftakt zu beobachten gewesen, dass viele Emittenten an den Markt gehen, um die gute Situation auszunutzen. Denn bei vielen institutionellen Investoren – wie Versicherern, Assetmanagern, Pensionsfonds etc. – drängt das Geld nach Anlage. Das ist offenkundig auch in den ersten Tagen des Jahres 2020 der Fall. Die Spannungen rund um den Golf färben dabei offensichtlich nicht auf die Stimmung des europäischen Primärmarktes ab. Durch die Bank weg ist eine gute Nachfrage nach den neuen Papieren zu beobachten. Zum Teil gelten die Überzeichnungen aber auch schon als enorm.Das Paradebeispiel in Sachen Orderflut war gestern bei den Staaten zu finden, und zwar bei den beiden ehemaligen Krisenländern Portugal und Irland, die sich vor Zeichnungswünschen kaum noch retten konnten. Beide Länder gingen via Syndikat an den Markt. Portugal entschied sich für eine neue zehnjährige Anleihe, für die erste Spreads von “im Bereich von 38 Basispunkten (BP)” ausgerufen wurden, was später auf “den Bereich von 36 BP” konkretisiert wurde. Die Anleger bekamen den Bond schließlich zum Spread von 33 BP. Die Rendite des Papiers lag bei 0,499 %. Der Bond kam im Volumen von 4 Mrd. Euro. Die Orderbücher platzten aus allen Nähten, wie am Volumen von mehr als 24 Mrd. Euro abzulesen war.Irland wählte eine 15-jährige Laufzeit, die mit einer Spread-Vorgabe von “im Bereich von 8 BP” ins Rennen geschickt wurde. Die Anleger erhielten den Bond schlussendlich zu einem Spread von 6 BP. Die Rendite des Titels lag bei 0,45 %. Auch Irland entschied sich letzten Endes, über den Bond 4 Mrd. Euro aufzunehmen, was angesichts des Investorenzuspruches für die Lead-Banken keine Schwierigkeit war. Die Bücher wurden beim Stand von rund 20 Mrd. Euro geschlossen.Ein wenig das Nachsehen hatte in den Reihen der Staaten der Bund, denn er bekam es bei der Auktion der neuen zehnjährigen Anleihe mit einer Unterdeckung zu tun. Für das Gesamtvolumen von 5 Mrd. Euro gingen seitens der Banken lediglich Bietungen über 4,224 Mrd. Euro ein, so dass sich ein Fehlbetrag von 776 Mill. Euro errechnete. Von den Bietungen entfielen 1,76 Mrd. Euro auf Kursgebote und 2,464 Mrd. Euro auf Gebote ohne Kursangabe. An der Auktion beteiligten sich 29 der 35 Mitglieder zählenden Bietergruppe Bundesemissionen, mit der der Bund sein Primärmarktgeschäft abwickelt. Sie gaben 55 Gebote ab, teilte der Bund-Schuldenmanager Deutsche Finanzagentur später mit.In die Zuteilung gingen Papiere für 3,534 Mrd. Euro ab einem Kurs von 102,56 %. Der gewogene Durchschnittskurs lag bei 102,57 %. Die Anleger bekamen den Titel zur durchschnittlichen Rendite von -0,25 %. Bei der vorigen Auktion dieser Laufzeit am 4. Dezember lag die Rendite noch etwas tiefer, und zwar bei -0,33 %. Papiere für 1,466 Mrd. Euro gingen in die Marktpflegequote. Damit operiert die Finanzagentur später am Sekundärmarkt.Am Unternehmensanleihemarkt startete BMW mit drei Tranchen durch und konnte sich ebenfalls nicht über eine mangelnde Nachfrage beschweren. Das 3,25 Jahre laufende Papier über 1 Mrd. Euro ging zum Spread von 28 BP weg. Hier lagen Orders für rund 2 Mrd. Euro vor. Der 2027 fällige Bond über 750 Mill. Euro kam zum Spread von 48 BP. Hierfür gab es Orders über rund 1,6 Mrd. Euro. Der dritte Bond des Konzerns läuft bis zum Jahr 2032 und kam im Volumen von 500 Mill. Euro. Er zahlte den Anlegern einen Spread von 68 BP. Es gab Orders von mehr als 1,2 Mrd. Euro. Gute StimmungDie Deutsche Bahn kam mit einem 15-jährigen Bond. 500 Mill. Euro wurden vorab als Maximalvolumen für das Papier kommuniziert. Es gab Orders von rund 1,8 Mrd. Euro. Der Spread lag bei 40 BP. Veolia Environnement wählte die Laufzeit von elf Jahren und nahm ebenfalls 500 Mill. Euro über den Titel auf, für den es Orders im Umfang von 1,9 Mrd. Euro gab. 48 BP zahlte Veolia beim Spread. Die Stimmung am Markt wurde als gut beschrieben. In dieser Woche kamen bereits Anleihen für insgesamt 51,1 Mrd. Euro. Das ist der höchste Stand seit der Woche vom 14. Juni 2018, als exakt das gleiche Volumen in der Gesamtwoche kam. Es stehen jetzt aber noch zwei Handelstage aus.