UBS hält Fielmann-Aktie für zu teuer

Fehlende Chancen in Schwellenländern und mangelhafte Online-Strategie moniert - Grandvision empfohlen

UBS hält Fielmann-Aktie für zu teuer

Der jahrelange Aufstieg der Optikerkette Fielmann neigt sich nach Ansicht der UBS dem Ende zu. Ein Grund: Im Rentenalter würden die Babyboomer nicht mehr so viele Brillen kaufen wie jetzt. Besser aufgestellt sei die Apollo-Mutter Grandvision, heißt es in einer Studie der Schweizer Bank.amb Frankfurt – Die Aussichten für die niederländische Optikerkette Grandvision sind nach Ansicht der UBS deutlich besser als die des deutschen Branchenprimus Fielmann. Die Schweizer Bank hat die beiden Unternehmen erstmals untersucht und rät in einer Studie zum Einstieg bei Grandvision und zum Verkauf der Fielmann-Aktie. Grandvision, die größte Optikerkette weltweit, habe wegen der globalen Präsenz die besseren Karten, die zuletzt unter Druck geratenen Margen würden auch wieder steigen. Fielmann drohe hingegen wegen der demografischen Entwicklung in den deutschsprachigen Ländern eine Erosion der Margen.Eine alternde Bevölkerung in den Industrieländern, immer mehr junge Brillenträger sowie eine wachsende Mittelschicht in den Schwellenländern – grundsätzlich sind es keine schlechten Zeiten für die Optikerketten. Doch die UBS rät zur Vorsicht: So habe Fielmann mit ihren aktuell 695 Filialen bislang von der wachsenden Nachfrage der Babyboomer nach Gleitsichtbrillen profitiert. Diese Generation in den Vierzigern und Fünfzigern nähere sich nun aber dem Rentenalter, einer Phase, in der Brillen nicht mehr so häufig ausgetauscht würden. Außerdem habe das bislang auf den deutschsprachigen Raum konzentrierte Unternehmen vom Boom in den Schwellenländern nichts. Dazu komme die wachsende Konkurrenz aus dem Netz, die nach Ansicht der UBS Fielmann stärker zu schaffen machen wird als dem niederländischen Wettbewerber. Abgesehen von einer Kontaktlinsen-App für Deutschland und Österreich beschränke sich das Unternehmen immer noch auf die Filialen.Grandvision sei viel besser aufgestellt: Konzipiert als Holding mit insgesamt 6 110 Läden unter 34 Namen rund um den Globus – darunter auch die deutsche Apollo-Optik – profitiere das Unternehmen von der steigenden Brillen- und Kontaktlinsennachfrage der expandierenden Mittelschicht in den Emerging Markets. Wachstumstreiber sei vor allem Asien. Dort sei dem Londoner Researchinstitut Euromonitor zufolge in einigen Ländern mit einem Marktwachstum von bis zu 30 % im Jahr zu rechnen. Auch für die Pazifikregion, Afrika und Südamerika werden hohe Zuwächse erwartet, das margenstarke Europa fungiere weiter als “Cash-cow”. Zudem setze Grandvision bereits jetzt auf unterschiedliche Absatzkanäle: So könnten Brillen online konfiguriert werden, Sehtest und Brillenkauf erfolgten aber in den Läden. Darüber hinaus habe sich Grandvision auch durch Zukäufe im Online-Markt positioniert, etwa durch die Übernahme eines britischen Kontaktlinsen-Onlineshops. 5 Prozent WachstumGrandvision wird daher mit “Buy” eingestuft mit einem Kursziel von 26,50 (aktuell 24,75 Euro). Allein beim organischen Wachstum wird mit 5 % p. a. bis 2020 gerechnet, dazu kämen Akquisitionen. Positiv sei, dass es dem Unternehmen immer wieder gelinge, zugekaufte Optikerketten geräuschlos in das Marken-, Lieferanten- und IT-Netzwerk zu integrieren, heißt es in der Studie, die Folge seien positive Skaleneffekte. Die Gewinnmargen, zuletzt durch Zukäufe belastet, würden wieder steigen, für 2020 werden 18,2 % prognostiziert nach 16,3 % 2015. Hintergrund seien die relativ hohen Margen der zugekauften US-Geschäfte, aber auch diverse Effizienzmaßnahmen. Die Gewinnprognosen je Aktie belaufen sich auf 1,11 für 2016, 1,23 für 2017 und 1,36 Euro für 2018, sie liegen über den Konsensschätzungen von 0,97, 1,08 und 1,20 Euro je Aktie. Grandvision ist erst im Februar 2015 an die Börse gegangen und hat seitdem um 22 % zugelegt, seit Jahresanfang kommt die Aktie aber auf ein Minus von 9 %.Unterdessen ist die Fielmann-Aktie seit Februar 2015 um 10 % gestiegen, in diesem Jahr hat sie sich seitwärts bewegt. Laut UBS ist der Titel nach seinem jahrelangen Kursanstieg mittlerweile viel zu teuer: Die Analysten nennen ein Kursziel von 55 (aktuell 64,69) und raten zum Ausstieg (“Sell”). Am Markt werde davon ausgegangen, dass sich das stetige Umsatz- und Gewinnwachstum von Fielmann fortsetzen wird, die Analysten sind aber skeptisch. Als Grund nennen sie vor allem die Konzentration auf die deutschsprachigen Länder. So rechne Euromonitor für die europäische Optikerbranche von 2015 bis 2020 nur mit jährlichen Wachstumsraten von 3 %. Laut UBS ist Deutschland darüber hinaus schon ein besonders reifer Markt, die zuletzt sehr gute Nachfrage nach Gleitsichtbrillen werde nicht anhalten. Fielmann werde auch der Mangel an qualifiziertem Personal zu schaffen machen, der höhere Kosten zur Folge haben werde. Nicht zuletzt drücke die Konkurrenz durch Online-Anbieter auf die Margen. Die von anderen Analysten positiv gesehene Expansion nach Italien betrachtet die Schweizer Bank eher kritisch: Abgesehen von Südtirol werde der Markteintritt sehr schwer werden, mit attraktiven Margen sei nicht zu rechnen.Nach dem eher schwachen ersten Quartal erwarten die Analysten zwar ein besseres zweites Vierteljahr für Fielmann, bis 2020 wird aber nur ein dem Markt entsprechendes Umsatzwachstum von 3 % p. a. prognostiziert. Auch für die Gewinnmarge sehen die Experten kaum noch Luft nach oben: 2015 sei wahrscheinlich der Höhepunkt erreicht worden, die Ebitda-Marge – 2015 bei 21,5 % – werde bis 2020 auf 19,6 % fallen. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen bei 2,08 für 2016 sowie jeweils 2,14 Euro für 2017 und 2018 und damit unter den Konsensprognosen von 2,14, 2,31 und 2,46 Euro. Fielmann hat im ersten Quartal enttäuscht. Der Brillenabsatz stagnierte, der Umsatz schrumpfte gegenüber dem Vorjahresquartal von 317 auf 316 Mill. Euro, der Gewinn nach Steuern ging von 44,6 auf 38,2 Mill. Euro zurück, unter anderem wegen früher Osterferien und Sondereffekten.Die Beurteilungen von Fielmann durch andere Analysten fallen gemischt aus, aber durchweg positiver als bei der UBS: So votierten im Mai die Berenberg Bank, HSBC und Independent Research mit “Halten”, Commerzbank und DZ Bank mit “Kaufen”. Berenberg bestätigte die Einstufung nach einer Investorenveranstaltung und nannte ein Kursziel von 63,50 Euro. Die Wachstumstreiber für die Aktie seien alle intakt, hieß es, nach dem enttäuschenden ersten Quartal rechnen die Analysten mit einer Erholung im zweiten Jahresviertel. HSBC hat das Kursziel nach Veröffentlichung der Quartalszahlen von 63,50 auf 62,50 Euro gesenkt, bei Independent Research liegt das Kursziel bei 66 Euro: Trotz der jüngsten Kursschwäche der Aktie gebe es wegen der fehlenden Dynamik im Hauptmarkt Deutschland nur begrenztes Kurspotenzial.Optimistischer ist die Commerzbank, sie rät zum Kauf (Kursziel 73 Euro). Saisonale Effekte hätten den Brillenhändler im ersten Quartal schwerer getroffen als gedacht, im zweiten Quartal dürfte Fielmann aber wieder bessere Ergebnisse liefern. Die DZ Bank (“Kaufen”) traut der Aktie 70 Euro zu. Die hohe Markenbekanntheit und die überdurchschnittliche Produktivität sprächen für Fielmann, ebenso die demografische Entwicklung in den Kernmärkten.