Unternehmensanleihen

Übernahme­offerte bewegt Vodafone-Anleger

Die Bondholder bei Vodafone haben die aktuelle Übernahmeofferte im Blick. Die Spreads der Bonds haben sich stärker ausgeweitet.

Übernahme­offerte bewegt Vodafone-Anleger

Von Bettina Deuscher*)

In der Telekombranche bleiben 2023 zwei Tendenzen richtungsweisend: anhaltender Kostendruck bei moderatem Umsatzwachstum sowie fortwährendes Erfordernis hoher Investitionen in ultraschnelle Breitbandnetze, möglichst flächendeckend. Unternehmensspezifisch variieren die Strategien, wenn es darum geht, die Kapitalallokation zu optimieren. Eine Option kann die Bündelung passiver Infrastrukturkomponenten sein, wie Funkmasten und Dachantennen. Dann können neue Investoren mit an Bord geholt werden. Für beide Seiten eine Win-win-Situation: Langfristig orientierte Investoren können an Wachstumsperspektiven aus dem Trend zu Netzkooperationen und Standortverdichtungen partizipieren. Gleichzeitig sinken für alle Beteiligten die Netzausbaukosten. Genau das geschieht aktuell bei Vodafone und deren Funkturmtochter Vantage Towers – nicht ohne Auswirkungen für die Bondholder. Bislang kontrolliert Vodafone mit knapp 82% des Aktien­kapitals die 2021 an die Börse gebrachte Tochtergesellschaft Vantage Towers.

Zugang zu Know-how

Am 9. November 2022 gab Vantage Towers bekannt, dass die Gründung eines Joint Ventures zwischen Vodafone und einem Konsortium unter der Führung von Global Infrastructure Partners (GIP) und KKR geplant ist. Aus Sicht von Vodafone trägt dieser Milliardendeal zum andauernden Schuldenabbau bei. Für Vantage Towers ermöglicht die strategische Partnerschaft den Zugang zu Know-how von Infrastrukturinvestoren, die mit der Branche Erfahrung haben. Sowohl GIP als auch KKR betonten, dass sie mit Vantage Towers langfristige Ziele verfolgen. Den Eckpfeiler der Partnerschaft zwischen Vantage Towers und dem Joint Venture bildet das sogenannte Business Combination Agreement.

Daraufhin erfolgte am 13. De­zember 2022 die Genehmigung des mehr als 100 Seiten umfassenden Übernahmeangebots an die Minderheitsaktionäre von Vantage Towers durch die Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin. Der Deal ist komplex, an mehrere Bedingungen und zeitliche Fristen geknüpft. Hinter dem Übernahmeangebot steht der Plan, den Funkmastbetreiber mittelfristig von der Börse zu nehmen. Die Offerte unterbreitet Oak Holdings, eine Tochtergesellschaft von Vodafone, die später Teil eines Gemeinschaftsunternehmens zwischen Vodafone und einer Holdinggesellschaft der beiden Finanzinvestoren werden soll. Weil das neue Unternehmen die Kontrollschwelle von 30% überschreitet, wird den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot gemacht. Vereinfacht ausgedrückt bringt Vodafone ihre 81,7% Aktienanteile an Vantage Towers in das Joint Venture ein und macht ein Übernahmeangebot an die Aktionäre, die das verbleibende Aktienkapital von Vantage Towers im Free Float halten (18,3%). Das freiwillige Übernahmeangebot für die ausstehenden Aktien von Vantage­ Towers beläuft sich auf 32 Euro/Aktie. Gegenüber dem IPO-Kurs ist dies ein Aufschlag von etwa 33%. Bei Erreichen einer Beteiligung von 95% des Grundkapitals wird ein Squeeze-out der Minderheitsaktionäre der Vantage Towers durchgeführt. Danach kann die Börsennotiz von Vantage Towers eingestellt werden. Die Annahmefrist läuft voraussichtlich bis zum 10. Januar um Mitternacht. Der Abschluss der Transaktion hängt von verschiedenen behördlichen Genehmigungen ab und wird wahrscheinlich in der ersten Jahreshälfte 2023 erfolgen. Sowohl GIP als auch KKR wollen gemeinsam mit Vodafone den Wachstumskurs des Funkturmkonzerns durch zusätzliche Investitionen in dessen Netz und die Expansion in schnell wachsende angrenzende Märkte in Europa beschleunigen.

Vodafone will zum einen mit dem Deal die Struktur im Konzern vereinfachen. Zum anderen sollen die Erlöse aus dem Joint Venture in die Entschuldung fließen. Die Halbjahreszahlen von Vodafone zeigten zum 30.9.2022 einen Anstieg der Nettofinanzschulden auf 45,5 Mrd. Euro. Wie hoch die Mittelzuflüsse aus dem Joint Venture sein werden, hängt allerdings von dem Ausgang des Übernahmeangebots ab – zwischen 3 und 7 Mrd. Euro könnten schätzungsweise generiert werden.

Geringere Schulden

Zusätzlich hat Vodafones beabsichtigte Anteilsreduzierung an dem Gemeinschaftsunternehmen auf 50% die Dekonsolidierung von Vantage Towers aus der Bilanz zur Folge. Beide Effekte dürften Vodafones Finanzschulden deutlich senken. Dies dürfte für die Spreads der Vodafone-Bonds Einengungschancen bedeuten. Der perspektivische Verlust der vollen operativen Kontrolle über Vantage Towers und die Aufgabe des Eigentums an den passiven Infrastruktur-Komponenten (bei künftiger Miete für die Nutzung) dürfte für Vodafone hingegen keine wesentliche Beeinträchtigung ihrer guten Marktpositionen in den relevanten Märkten sein. Vielmehr ist Vodafones erworbenes Funkspektrum und eine (unveränderte) komplette Kontrolle über sämtliche aktive Funkausrüstungskomponenten entscheidend, um sich im Wettbewerb mit einer sehr guten Netzqualität hervorzuheben. Hinzu kommt, dass sich Vodafone die Nutzung strategisch wichtiger Mobilfunkstandorte von Vantage Towers mit einem Master Service Agreement langfristig gesichert hat.

Chef tritt zurück

Allerdings wurden Vodafones Bondholder Anfang Dezember vom Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Nick Read zum Jahresende überrascht – (teilweise) hohe Spread-Ausweitungen folgten. Das erklärt auch, dass sich Vodafones CDS seither deutlich vom Gesamtmarkt (iTraxx) entfernte. Bis Ende Dezember betrugen die Ausweitungen knapp 10 Basispunkte (BP), während sich der iTraxx seitwärts bewegte. Bevor klar ist, wer die CEO-Nachfolge antritt, dürften die Spreads volatil bleiben.

Eine gänzlich andere Entwicklung zeigt sich hingegen bei den Bonds von Vantage Towers. Der Emittent hat (noch) keinen CDS, der als Risikoindikator herangezogen werden kann. Während alle drei ausstehenden Vantage-Towers-Bonds (Laufzeiten 2025, 2027, 2030) seit dem Frühjahr Spread-Ausweitungen verbuchten, löste die Übernahmeofferte schlagartig eine Kursrally aus. Dahinter dürfte die erwartete Verschuldungszunahme und Abkehr von der bisherigen konservativen Finanzpolitik stecken. Der Markt scheint fest davon auszugehen, dass eine vorzeitige Rückzahlung aufgrund der Anleihebedingungen wahrscheinlich wird. Dafür müsste es zu einem Kontrollwechsel und einer Ratingabsenkung in High Yield innerhalb eines Kontrollwechselzeitraums kommen (aktuell: Composite Rating BBB–). Dann könnten die Anleihegläubiger die Rückzahlung der Anleihen zum Nennbetrag zuzüglich der bis zum Rückzahlungstag aufgelaufenen Zinsen verlangen. Momentan ist der Deal jedoch noch nicht in trockenen Tüchern, auch wenn das Management von Vantage Towers die wirtschaftlichen und strategischen Absichten der Oak Holdings begrüßt und die Annahme des Übernahmeangebots empfiehlt.

*) Bettina Deuscher ist Senior-Analystin bei der Landesbank Baden-Württemberg.

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