Überschwang am Kryptomarkt lässt nach
Krypto-Rally verliert Dynamik
Handelsvolumina in Spot-ETFs auf Bitcoin gehen zurück – Zinssorgen und Skepsis um nahendes „Halving“ trüben Stimmung
Der Krypto-Hype, den die Zulassung Spot-basierter Bitcoin-ETFs in den USA ausgelöst hat, kühlt laut Analysten langsam ab. Dafür seien ein nachlassendes Interesse an den neuen Fonds und die Sorge vor anhaltend höheren Zinsniveaus verantwortlich. Nun richten sich die Blicke der Anleger auf das nahende Bitcoin-Halving.
xaw New York
Der Überschwang am Kryptomarkt kühlt sich in einer wichtigen Phase ab. Trieben die US-Zulassung für Spot-basierte Exchange Traded Funds auf Bitcoin und das bevorstehende „Halving“ – in dessen Zuge die Menge neu generierter Einheiten der führenden Cyberdevise effektiv halbiert wird – die Digitalwährung im März auf ein Rekordhoch von über 73.000 Dollar, schwankt der Kurs seither unterhalb dieser Niveaus.
Langsamere Zuflüsse
Zwar belaufen sich die gesamten Nettozuflüsse in börsengehandelte Produkte (ETPs) auf Cyberdevisen laut dem Vermögensverwalter Coinshares im bisherigen Jahresverlauf auf mehr als 13,8 Mrd. Dollar – der vorherige Rekordwert von 10,6 Mrd. Dollar kam im Gesamtjahr 2021 zustande. Doch nachdem Anleger in der dritten Märzwoche per saldo noch 931 Mill. Dollar aus Krypto-ETPs abzogen und damit so umfangreiche Summen wie nie zuvor, haben die Vehikel rund um den Quartalswechsel nicht mehr an ihre explosiven Mittelzuwächse angeknüpft.
Anzeichen dafür, „dass sich der ETF-Hype abmildert“, beobachtet Coinshares-Chefanalyst James Butterfill indes nicht nur anhand der geringeren Wachstumsraten der Assets under Management, sondern auch anhand der Handelsvolumina. Diese hätten sich in der vergangenen Woche auf 17,4 Mrd. Dollar belaufen und seien damit weit von den Anfang März erreichten 43 Mrd. Dollar entfernt.
Institutionelle Beteiligung steht in Zweifel
Die Zulassung für ETFs löste im Markt zunächst vor allem deshalb Euphorie aus, weil die Vehikel die Kryptoanlage für große Marktteilnehmer einfacher mit ihren Risikomanagement-Vorgaben vereinbar machen. Schließlich erfüllten börsengehandelte Fonds höhere Ansprüche an eine sichere Verwahrung der gehaltenen Basiswerte als eine Selbstverwaltung über ein digitales Wallet, wie Anbieter um Invesco betonen. Zudem gelten Bitcoin-Direktvehikel als effizienter als die seit 2021 zugelassenen Futures-ETFs auf die Cyberdevise. Denn bei Letzteren sorgen Preisdifferenzen zum zugrundeliegenden Markt und das monatliche Rollen der Kontrakte mitunter für hohe Kosten.
Dass sich bei der Rally zwischen Januar und März aber tatsächlich im großen Stil institutionelle Investoren beteiligten, ziehen Analysten inzwischen erheblich in Zweifel. Butterfill verwies bereits Anfang März auf anekdotische Evidenz dafür, dass insbesondere als Investmentberater registrierte Institutionen zukauften – dies aber im Auftrag ihrer Privatanleger.
Mangelnder Track Record
Und laut der New York Stock Exchange, an deren Plattform Arca viele der ETFs gelistet sind, dürften sich große Anleger wie Banken und Vermögensverwalter erst dann stärker im Markt engagieren, wenn es in den USA eine umfassende Regulierung für Digital Assets und Rechtssicherheit gebe. Zuletzt hat die Verurteilung von Sam Bankman-Fried, dem Gründer der Kryptobörse FTX, zu 25 Jahren Haft den Fokus zudem wieder auf die betrügerischen Elemente im Segment gelenkt. Auf bedeutenden institutionellen Plattformen sind die Spot-ETFs überdies noch gar nicht verfügbar, weil sie nicht den nötigen Track Record vorweisen können – bis es so weit ist, könnten die Vehikel aber schon erheblich an Dynamik eingebüßt haben.
Pessimistische Verbraucher
Diese Erkenntnis führen Analysten als einen der Gründe dafür an, dass sich die Stimmung im Kryptomarkt zuletzt eingetrübt hat. Unterdessen herrscht gerade unter privaten Marktteilnehmern mit geringem Zugang zu Informationen über digitale Assets hartnäckige Skepsis: Laut einer aktuellen Umfrage der Deutschen Bank geht nahezu ein Drittel der US-Konsumenten davon aus, dass Bitcoin bis Jahresende unter die Marke von 20.000 Dollar fallen wird. Lediglich 10% rechnen mittelfristig mit neuerlichen Anstiegen auf Kursniveaus von über 75.000 Dollar.
Unterdessen wird die robuste US-Konjunktur zur Bremse für Kryptowährungen. Denn der US-Arbeitsmarkt brummt anhaltend stärker als erwartet. „Die jüngsten starken Beschäftigungszahlen deuten auf Aufwärtsrisiken für die Lohninflation hin“, kommentiert Blerina Uruci, US-Chefvolkswirtin bei T. Rowe Price, die Entwicklung. In der Folge haben die Teilnehmer an den Terminmärkten ihre Wetten auf baldige Zinssenkungen der Federal Reserve zuletzt zurückgeschraubt. Anhaltend höhere Zinsniveaus machen verzinsliche Wertpapiere im Vergleich zu Risiko-Assets allerdings attraktiver – in vergangenen Marktphasen hat sich dies besonders negativ auf spekulative Anlagen wie Kryptowährungen ausgewirkt.
Halving im Fokus
In diesem Umfeld richten sich „alle Augen auf das Bitcoin-Halving“, wie Jannick Bröring, Cheftrader bei der Digital-Assets-Boutique Teroxx, betont. Doch wie Coinshares-Chefanalyst Butterfill unterstreicht, gibt es für einen positiven Kurseffekt der Verknappung des Neuangebots „nicht genügend statistische Belege“. Schließlich habe es bisher erst drei Halvings gegeben. Die Kursanstiege nach dem jüngsten dieser Ereignisse im Mai 2020 ließen sich genauso gut durch die Konjunkturstimuli in Reaktion auf die Coronakrise erklären. Bereits in der kommenden Woche durchlaufen die Hypothesen der Krypto-Enthusiasten den nächsten Test: Das Halving steht nach aktuellem Stand am 15. April bevor. Dann zeigt sich, ob die Krypto-Rally nachhaltig neue Dynamik entwickeln kann.