KREDITWÜRDIG

Unbesicherte Bankbonds vollziehen Repricing

Von Oliver Piquardt *) Börsen-Zeitung, 1.10.2015 Sprechen Marktteilnehmer heutzutage über unbesicherte Bankanleihen, fällt in diesem Zusammenhang häufig der Begriff "Repricing", also eine Neubewertung von Bankanleihen aufgrund veränderter Risiken...

Unbesicherte Bankbonds vollziehen Repricing

Von Oliver Piquardt *)Sprechen Marktteilnehmer heutzutage über unbesicherte Bankanleihen, fällt in diesem Zusammenhang häufig der Begriff “Repricing”, also eine Neubewertung von Bankanleihen aufgrund veränderter Risiken bzw. deren Einschätzung durch Investoren. Blickt man auf die Entwicklung der Credit Spreads von unbesicherten Bankanleihen – hier anhand des iBoxx-Banks-Senior-Index – lässt sich erkennen, dass sich die Risikoprämien bei Bankanleihen zwar deutlich von ihren Hochs von rund 300 Basispunkten (BP) über Swap im Frühjahr 2009 und Ende 2011 entfernt haben, mit aktuell rund 93 BP Aufschlag aber weit über den teilweise einstelligen Werten vor Ausbruch der Finanzkrise notieren. Gegenüber den Jahren vor der Finanzkrise hat es demnach auch trotz der zwischenzeitlich erfolgten kräftigen Einengungsbewegung ein “Repricing’ gegeben.Und es lässt sich problemlos auch eine Vielzahl von Gründen benennen, warum dies gerechtfertigt ist. Neben dem veränderten wirtschaftlichen Umfeld, etwa deutlich gestiegene Staatsverschuldungen oder Arbeitslosenquoten, welches sich auf die Bilanzen in Form merklich gestiegener Kreditausfälle niedergeschlagen hat, belasten weitere Faktoren die Ertragsrechnungen: beispielsweise das Niedrigzinsumfeld, eine schwache Kreditnachfrage und gestiegene regulatorische Kosten. Darunter leidet auch die Fähigkeit der Banken, ihr Eigenkapital intern zu stärken und unerwartete Verluste darüber aufzufangen. Zwar haben die Banken in den vergangenen Jahren ihre Eigenkapitalquoten auf Druck von Investoren und Aufsichtsbehörden wesentlich steigern können, gleichzeitig ist aber auch in der Finanzkrise deutlich geworden, wie unzureichend die alten Quoten waren, so dass allein aus der im Vergleich zu Vorkrisenzeiten verbesserten Eigenkapitalausstattung nicht geschlossen werden kann, dass die Credit Spreads aktuell im Vergleich zu damals zu hoch notieren. Erhöhte RisikenDies gilt umso mehr, als sich Investoren vor der Finanzkrise sehr stark darauf verlassen haben, dass Banken notfalls von “ihren” Regierungen aufgefangen werden – und die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben diese Einschätzung – von Einzelfällen abgesehen – auch weitestgehend bestätigt. Staatliche Rettungen sollen aber zukünftig zumindest auf dem Papier in der Regel nicht mehr stattfinden. Die neuen Regelungen zur Sanierung und Abwicklung von Banken sind explizit dafür gedacht, Gläubiger in die Haftung zu nehmen, sollte eine Bank ein Eigenkapitaldefizit aufweisen und dieses nicht aus eigener Kraft decken können. Ob eine Verlustbeteiligung von Gläubigern im konkreten Fall wirklich vollzogen oder doch mit Verweis auf eine Gefährdung der Finanzstabilität vermieden wird, dürfte in hohem Maße von den Begleitumständen abhängen. In jedem Fall sollte sich dieses erhöhte Risiko einer Verlustbeteiligung ceteris paribus in höheren Credit Spreads niederschlagen.Hinzu kommt, dass sich das Nachfrageverhalten bezüglich unbesicherter Bankanleihen verändert hat. Die neuen regulatorischen Anforderungen wirken sich stark dämpfend auf die Nachfrage von Versicherern und Banken aus. Insbesondere die Vorgabe, dass Banken unbesicherte Anleihen anderer Banken nicht zur Erfüllung der kurzfristigen Liquiditätsanforderungen halten dürfen, hat die bankseitige Nachfrage nach unbesicherten Bankanleihen stark reduziert. Auf der anderen Seite haben Bilanzverkleinerungen, Einlagenwachstum und günstige Notenbankkredite den Bedarf der Banken, unbesicherte Anleihen zu begeben, kräftig verringert. Legt man Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Banken der Eurozone zugrunde, hat sich das Volumen der begebenen Wertpapiere vom Hochpunkt von rund 5,6 Bill. Euro Mitte 2012 innerhalb von gerade einmal drei Jahren um ein Fünftel auf 4,5 Bill. Euro verringert. Das Volumen ausstehender unbesicherter Bankanleihen der Banken aus den größten europäischen Ländern hat sich dabei nach Daten von Dealogic seit 2011 um knapp 230 Mrd. Euro reduziert. Eine geringere Nachfrage nach unbesicherten Bankanleihen trifft somit auch auf ein geringeres Angebot. Generelles Phänomen?Handelt es sich bei dem Repricing nun um ein generelles Phänomen bei Credit-Produkten oder betrifft es in erster Linie Bankanleihen? Gemessen an den relevanten iBoxx-Indizes notierten Finanzunternehmen und Nicht-Finanzunternehmen mit einem Rating von “AA” vor der Finanzkrise in etwa auf einem Niveau. Mit Beginn der Krise im Frühjahr 2007 weiteten sich dann die Credit Spreads der Financials deutlich aus, die Credit-Spread-Differenz erhöhte sich im Oktober 2008 auf mehr als 160 BP. Erst ab Mai 2014 lagen die Credit Spreads wieder annähernd auf ähnlichen Niveaus, wobei jene der Financials sogar kurzzeitig unter jenen der Non-Financials notierten.Ein leicht verändertes Bild zeigt sich beim Blick auf die Credit Spreads von Financials und Non-Financials mit einem Rating von “A”. Handelten die Financials vor der Finanzkrise im Durchschnitt bis zu knapp 20 BP unter Non-Financials, liegen die Credit Spreads aktuell um rund 14 BP darüber. Noch deutlicher wird diese Verschiebung bei der Betrachtung der iBoxx-Indizes für mit “BBB” benotete Anleihen. Notierten hier die Financials vor der Finanzkrise knapp über 20 BP teurer als die Non-Financials, bieten Financials aktuell einen Aufschlag von rund 50 BP.Auf Basis der iBoxx-Daten lässt sich festhalten, dass es ein Repricing nicht nur bei Bankanleihen/Financials, sondern auch bei Non-Financials gegeben hat. Alle betrachteten iBoxx-Indizes handeln aktuell zwischen 60 und 170 BP weiter als Ende 2006. Je schlechter jedoch die Bonitätseinschätzung der Financials, desto größer ist der Aufschlag, den Financials gegenüber ähnlich benoteten Non-Financials bieten müssen. Vor der Finanzkrise notierten hingegen gerade jene Financials mit schlechteren Bonitätsnoten deutlich teurer als ähnlich benotete Non-Financials. Dies ist damit zu erklären, dass die Credit-Spread-Differenzierung in Abhängigkeit vom Rating vor der Finanzkrise bei Financials wesentlich weniger stark ausgeprägt war als bei Non-Financials. Ausfallrisiken wurden demnach von Investoren bei Financials weniger stark eingepreist, als es bei Non-Financials der Fall war. Diese Relation hat sich nun umgekehrt. Insofern ist es in der Tat richtig, nicht nur von einem generellen Repricing bei Credits zu sprechen, sondern ein solches insbesondere bei unbesicherten Bankanleihen zu konstatieren. China im BlickWie wird es nun mit den Credit Spreads von Banken weitergehen? Ist das Repricing abgeschlossen? Sofern sich die wirtschaftliche Entwicklung weltweit stabilisiert und die Sorgen um eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft abebben, dürften sich die Banken-Credit-Spreads vom aktuellen Niveau wieder einengen. Spätestens bei erstmaliger Anwendung der neuen Bail-in-Regelungen dürfte es dann aber wieder ein neues Repricing geben.—-*) Oliver Piquardt ist Leiter Credit Research Financials & Structured Credits bei der DZ Bank.