"Unbesicherter Geldmarkt gut für Marktdisziplin"
gb Frankfurt – Der Markt für unbesicherte Interbankenkredite ist besser als sein im Zuge der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogener Ruf. So sieht es zumindest Professor Falko Fecht, Inhaber der von der DZ Bank geförderten Stiftungsprofessur für Financial Economics an der Frankfurt School. Etablierte, auf Erfahrung aus getätigten Transaktionen und Vertrauen basierende bilaterale Kreditbeziehungen der Institute hätten am Geldmarkt eine wichtige Funktion, erläuterte Fecht.Diese Kreditbeziehungen, die Preis und Verfügbarkeit von Liquidität bestimmten, würden auch eine bessere Einschätzung des Gegenpartei- bzw. Kreditrisikos beinhalten und damit die Marktdisziplin fördern: Als unsicher wahrgenommene Banken zahlten höhere Zinsen und umgekehrt. Diese Anreizfunktion komme auch dem besicherten Geldmarkt und dem gesamten Finanzsystem zugute. Im besicherten Markt wickeln Banken über zentralisierte Plattformen wie etwa GC Pooling von Eurex Interbankenkredite anonym gegen Bereitstellung von Sicherheiten ab. Der besicherte Geldmarkt dominiere aufgrund des kostengünstigen Sicherheitenmanagement inzwischen das Geschehen. Marktbeobachter teilen Fechts Einschätzung und sehen diese Entwicklung bisweilen kritisch. Durch die anonyme Abwicklung im besicherten Segment auf Computern und Handelsterminals gehe den Teilnehmern das Gespür für den Markt verloren, sagte ein langjähriger Händler. Bei den bilateralen Interbankenkrediten, die telefonisch und im engen Kontakt der Händler untereinander abgewickelt werden, sei dies nicht der Fall.Eine besondere Situation ergibt sich laut Fecht noch durch die großzügige Liquiditätsversorgung der Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die Interventionen der Notenbank hätten zu einer “Disintermediation” des Geldmarktes geführt, die Funktionsfähigkeit des unbesicherten Marktes sei nachhaltig gestört. Die EZB müsse dafür sorgen, dass der Markt wieder anspringe, um seine disziplinierende Wirkung zu entfalten, empfiehlt der Wissenschaftler. In Bezug auf den Titel seiner Vorlesung kommt Fecht zu dem Schluss, dass der unbesicherte Geldmarkt in der Tat eher dem Blinddarm ähnele, der als evolutionäres Überbleibsel im menschlichen Körper keine direkte Funktion erfülle. Aber auch der unbesicherte Markt habe nach wie vor seinen Sinn für das Finanzsystem.