DEVISENWOCHE

Ungarischer Forint zeigt sich robust

Von Ronald Schneider *) Börsen-Zeitung, 2.4.2019 Über kaum ein zentral- und osteuropäisches Land wird derzeit so viel Negatives berichtet, wie über Ungarn. Im Fokus europäischer Medien und Politik stehen Ministerpräsident Viktor Orbán und seine...

Ungarischer Forint zeigt sich robust

Von Ronald Schneider *)Über kaum ein zentral- und osteuropäisches Land wird derzeit so viel Negatives berichtet, wie über Ungarn. Im Fokus europäischer Medien und Politik stehen Ministerpräsident Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei, die die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Ungarns – unbeeindruckt vom Protest der Europäischen Union – zusehends unterwandern und die Pressefreiheit im Land massiv eingeschränkt haben. Dennoch weist die Wirtschaftsentwicklung Ungarns mit 4,9 % für 2018 Wachstumsraten aus, um die sie so manch westeuropäisches Land beneidet. Auch dem ungarischen Forint geht es in diesem Konjunkturumfeld sehr gut. Straffung der GeldpolitikEinen wichtigen Anteil an der soliden Entwicklung der ungarischen Wirtschaft und an der Stabilität der Währung hat die ungarische Notenbank. Mit ihrer lockeren Geldpolitik hat sie die konjunkturelle Dynamik mitgesteuert und einen Kreditboom ausgelöst, der das Wachstum unterstützt hat. Nun sieht sie den Zeitpunkt gekommen, die Zügel wieder anzuziehen und die Zinsen vorsichtig anzuheben. Tschechien hat diese Entwicklung bereits im vergangenen Jahr eingeleitet. Mit Ungarn folgt nun ein weiteres Land aus der zentral- und osteuropäischen Region, das im Gegensatz zur Eurozone die Zinsschraube (wenn auch nur vorsichtig) wieder nach oben bewegt.Auch die Beschäftigungslage auf dem Arbeitsmarkt ist sehr gut, was allerdings auch der Tatsache geschuldet ist, dass sehr viele heimische Fachkräfte Ungarn in Richtung Westeuropa (vor allem Deutschland) verlassen haben. Um diesem Trend gegenzusteuern, wurde die Bezahlung von Arbeit zuletzt sehr stark angehoben: 2018 sind die Bruttolöhne – branchenabhängig – teilweise um einen zweistelligen Wert gestiegen. Auch wenn das für die Ungarn eine sehr positive Entwicklung ist, liegen die Arbeitskosten dennoch weit unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Nur in Rumänien und Bulgarien ist eine Arbeitsstunde im Schnitt noch weniger wert. Die Arbeitslosenquote lag Ende 2018 bei nur 3,6 % und somit weit unter dem EU-Durchschnitt, der bei 6,9 % lag (Quelle: EU-Kommission, IWF). Das wirkt sich auch positiv auf das Konsumverhalten der Ungarn aus. Die Inlandsnachfrage ist aufgrund der gestiegenen Löhne ebenfalls sehr robust.Unterstützend für die gute Wirtschaftslage Ungarns – das Wachstum betrug 2018 um die 4,9 % – sind darüber hinaus die Gelder aus dem Struktur- und Investitionsfonds der Europäischen Union. Ungarn nutzt diesen Fonds – im Unterschied zu anderen Nettoempfängern wie beispielsweise Bulgarien – sehr stark und hat hier bereits Mittel vorgezogen, um die positive Wirtschaftsentwicklung am Laufen zu halten. Allerdings wird der Budgetrahmen der EU derzeit neu verhandelt, und es ist zu erwarten, dass diese Unterstützung für die osteuropäischen Länder in Zukunft geringer werden wird.Erfolgreich war die Regierung Ungarns dabei, die öffentliche Verschuldung sowie die Auslandsverschuldung zu reduzieren. Letzteres konnte mit einem Leistungsbilanz-Überschuss erreicht werden. Das Budgetdefizit befindet sich in der Nähe von 2 %. Auch das ist ein Wert, den einige westeuropäische Länder nicht erreichen. Last, not least wurde auch das Rating Ungarns wieder auf “Investment Grade” gesetzt, so dass es nun wieder einem weit größeren Investorenkreis als Anlagemarkt offensteht.Die Kerninflation liegt mit knapp über 3 % genau in der Mitte der von der ungarischen Notenbank angestrebten 2 bis 4 %. Deflationäre Tendenzen sind kein Thema. Am 26. März haben die ungarischen Notenbanker daher begonnen, den Einlagesatz von -0,15 % auf -0,05 % anzuheben. Die Leitzinsen wurden bei 0,9 % belassen. Mit der Anhebung des Einlagesatzes müssen Geldinstitute nun eine niedrigere Gebühr für ihre Depots zahlen als bislang, wodurch wieder weniger Geld in Kredite fließen könnte. Allerdings ruderte die Notenbank beim Ausblick weiterer Zinsanhebungen zurück, was den Währungsmarkt enttäuschte. Zwar befindet sie sich dabei in guter Gesellschaft mit der Europäischen Zentralbank und der US-amerikanischen Fed, aber mittelfristig wird der Inflationsdruck weitere Schritte notwendig machen. AufwertungspotenzialAll das hält den Forint stabil bzw. unterstützt mittelfristig dessen Aufwertung. Was währungsseitig gut ist, ist anleiheseitig allerdings weniger optimal, vor allem bei kurz laufenden Anleihen. Bei mittelfristigen Laufzeiten sind die Renditen aktuell am attraktivsten.Fazit: Solides Wachstum, ein moderates Budget und ein Leistungsbilanz-Überschuss sowie Mittel aus dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds bilden eine gute Voraussetzung für Kapitalzuflüsse und damit für die Währung. Auch wenn die politische Entwicklung negativ ist, hat diese vorerst keine negativen Implikationen für den Kapitalmarkt. Daher sehen wir Ungarn als attraktiven Anlagemarkt und sind entsprechend gewichtet.—-*) Ronald Schneider ist Leiter “Anleihen, CEE & Global Emerging Markets” bei Raiffeisen Capital Management.