GELD ODER BRIEF

Unicredit ist auf dem richtigen Weg

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 20.11.2015 Mit dem vor gut einer Woche präsentierten revidierten Geschäftsplan ist die italienische Großbank Unicredit auf dem richtigen Weg. Darüber sind sich die Mailänder Finanzexperten derzeit...

Unicredit ist auf dem richtigen Weg

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandMit dem vor gut einer Woche präsentierten revidierten Geschäftsplan ist die italienische Großbank Unicredit auf dem richtigen Weg. Darüber sind sich die Mailänder Finanzexperten derzeit einig. Doch sie sind der Ansicht, dass der Markt erst dann den aktuellen Bewertungsrückstand der Muttergesellschaft von HypoVereinsbank und Bank Austria auflösen wird, wenn die Mailänder bewiesen haben, dass die Restrukturierungsmaßnahmen auch greifen.Die italienische Bank will die Erträge stärken und die Kapitalpuffer festigen. Sie wird bis 2018 rund 14 % ihrer Beschäftigten entlassen, d.h. 18 200 Arbeitsplätze streichen. Diese Zahl umfasst auch rund 6 000 Arbeitsplätze, die durch den geplanten Verkauf der Tochter in der Ukraine und einer Beteiligung von Santander Asset Management an Pioneer Investment wegfallen. Der Stellenabbau betrifft Deutschland, Österreich und Italien. In diesen Ländern sollen 800 Filialen geschlossen werden. Profitabilität verbessernNotwendig ist die Kostensenkung von 1,6 Mrd. Euro, um die Profitabilität in einem Niedrigzinsumfeld zu verbessern und dem wachsenden Wettbewerb und den steigenden regulatorischen Kapitalanforderungen gerecht zu werden. Unicredit will vor allem jene Sparten ausbauen, die Kommissionserträge liefern: Wealth Management sowie Corporate und Investment Banking.Unicredit hat ihr einstiges Gewinnziel für 2018 von 6,6 Mrd. Euro auf 5,3 Mrd. Euro gesenkt. Analysten hatten im Schnitt nur mit 4,9 Mrd. Euro bis 2018 gerechnet. Sie halten das neue Ziel für ehrgeizig, aber realistisch. Vor diesem Hintergrund empfehlen laut Bloomberg 17 der insgesamt 37 befragten Analysten den Kauf der Aktien, 19 raten zum Halten und nur einer empfiehlt, die Unicredit-Papiere zu verkaufen. Die Kursziele reichen von 5,80 Euro pro Aktie bei Credit Suisse bis zu 8,10 Euro bei der Mailänder Investmentbank Mediobanca. Analystin Azzurra Guelfi von der US-Bank Citigroup hat den Zielkurs nach der Veröffentlichung des revidierten Geschäftsplanes von 7,70 drastisch auf 6,15 Euro gesenkt und Unicredit von “Buy” auf “Neutral” herabgestuft. Ähnlich sieht Credit Suisse in der ersten Beurteilung die Sanierungsmaßnahmen. Die neue Strategie sei allerdings ein Schritt in die richtige Richtung, heißt es dort. Um dem schwierigen Ertragsumfeld Rechnung zu tragen, senkt die Schweizer Bank ihre Gewinnprognose bis 2018 um bis zu 13 %, setzt den Zielkurs von 7 auf 5,80 Euro, belässt aber die Einstufung bei “Neutral”. Am Donnerstag notierten Unicredit bei 5,575 Euro pro Aktie. Das Jahreshoch wurde am 3. Juni mit 6,61 Euro, das Tief am 9. Januar mit 4,82 Euro erreicht.Der Bewertungsrückstand von Unicredit ist offensichtlich. Während der Banken-Branchenindex an der Mailänder Börse seit Jahresbeginn 19 % zulegte und der allgemeine FTSE Italia All Share Index 18 % dazugewann, legten die Unicredit-Aktien nur 3,4 % zu. Der Kursgewinn ist auch insofern kümmerlich, als sich der Rivale Banca Intesa Sanpaolo seit Jahresbeginn um 28,8 % verteuerte. In der Woche nach der Veröffentlichung des Geschäftsplanes gaben Unicredit mit einem Minus von 6,8 % um mehr als das Doppelte des Bankenindex (-3,1 %) nach. Die Kapitalisierung der Mailänder Großbank macht derzeit 33,3 Mrd. Euro aus, gegenüber 50,2 Mrd. Euro bei Banca Intesa Sanpaolo.Gründe für die neuerliche Rosskur gibt es mehrere. Unicredit-CEO Federico Ghizzoni wollte um jeden Preis eine Kapitalerhöhung vermeiden. Diese wäre die vierte innerhalb weniger Jahre gewesen. Großaktionäre wie der Staatsfonds Aabar aus Abu Dhabi hatten signalisiert, dass sie mit einer entsprechenden Kapitaloperation nicht einverstanden sind. Aabar ist laut der Börsenaufsicht Consob mit 5,05 % Kapitalanteile der größte Einzelaktionär, gefolgt vom US-Investor BlackRock mit 5,03 % und der Stiftung der Sparkasse von Verona mit 3,47 %. Die Sparkassenstiftung von Verona hat bereits wissen lassen, ihre Beteiligung verringern zu wollen. 41 % der Aktionäre sind institutionelle Anleger. 35 % der Investoren stammen aus den USA und Kanada.Zudem verdient Unicredit derzeit noch zu wenig. Im dritten Quartal brach der Gewinn mit 509 Mill. Euro um 30 % im Jahresvergleich ein. Noch dazu weist die Mailänder Großbank wenig Eigenkapital auf. Die Kernkapitalquote CET 1 (fully loaded) soll von 10,53 % im September bis 2018 auf 12,9 % zunehmen. Damit liegt sie weiterhin unter dem derzeitigen Stand des Rivalen Intesa Sanpaolo (13,4 %).Deutsche Bank hat die Schätzung für den Unicredit-Gewinn pro Aktie von 38 Cent im laufenden Jahr auf 69 Cent bis 2017 angehoben. HSBC erwartet sogar einen Gewinn von 76 Cent bis 2017. Die Eigenkapitalrendite (Return on Tangible Equity, ROTE) soll von 5 % im Jahr 2014 auf 11 % im Jahr 2017 zunehmen. Dies ist weniger, als im ursprünglichen Plan mit 13 % vorgesehen war. Die Analysten von J. P. Morgan sehen in ihrer Studie auch 11 % noch als “äußerst ehrgeiziges Ziel” an. Verkauf von AssetsNicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch der Verkauf von Assets soll Unicredit wieder auf die Beine helfen. Die Mailänder Großbank will ihre Leasingsparte verkaufen, das Privatkundengeschäft der Bank Austria entweder verkaufen oder restrukturieren und die Ukraine-Tochter abgeben. Verkaufsverhandlungen mit der österreichischen Bawag wegen des Privatkundengeschäfts von Bank Austria sind laut Mailänder Bankkreisen im Gange. Allerdings wolle Bawag (Cerberus) nicht den geforderten Preis von 800 Mill. Euro zahlen. Unicredit und die spanische Bank Santander einigten sich aber darauf, dass die beiden Töchter Pioneer und Santander Asset Management fusionieren. Die neue Gesellschaft Pioneer Investments wird ein Vermögen von rund 400 Mrd. Euro verwalten und rückt damit unter die zehn größten europäischen Vermögensverwalter auf.