Unsicherheit schwächt türkische Lira

Banken senken nach Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Davutoglu ihre Prognosen

Unsicherheit schwächt türkische Lira

Der politische Umbruch in der Türkei hat mit der Ankündigung des Rücktritts von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu vergangenen Donnerstag einen neuen Höhepunkt erreicht. Bankanalysten sehen gestiegene Risiken für die türkische Lira und für türkische Staatsanleihen.Bloomberg/dm Frankfurt – Die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen ist nach der Rücktrittsankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu im Machtkampf mit Präsident Recep Erdogan gestiegen. Die nächsten geldpolitischen Schritte sind schwieriger zu prognostizieren, da der Rückhalt des Zentralbankgouverneurs Murat Cetinkaya schwinden könnte, der mit der Unterstützung von Davutoglu ins Amt kam.Die türkische Lira hat in der vergangenen Woche über 4 % verloren. Am Montag im späten europäischen Handel notierte die Lira auf 2,936 Dollar, gegenüber rund 2,8 Dollar zu Beginn der vergangenen Woche. Analysten der Commerzbank erwarten eine Abschwächung auf 3 Dollar zur Jahresmitte und auf 3,25 Dollar zum Jahresende. Bisher hatte die Bank einen Kurs von 2,90 Dollar beziehungsweise 3 Dollar erwartet. Zudem hat das Institut die Prognose für das Wirtschaftswachstum von jeweils 4 % auf 3,5 % im Jahr 2016 und auf 2,5 % im Jahr 2017 zurückgenommen.Die Commerzbank war zuvor bullish für die Anlageperspektiven, nachdem im November die Regierungspartei AKP eine klare Mehrheit in den Wahlen erreicht hatte. Nun ziehen laut den Analysten Lira-denominierte Vermögenswerte eine höhere Risikoprämie an. Im August dürfte es Wahlen geben, und das erhöhte politische Risiko führe zu einer geringen Liquidität und einer höheren Volatilität. Die politischen Entwicklungen würden die Investitionsausgaben bremsen, und es wäre nicht überraschend, im nächsten Jahr geringeres Wachstum zu sehen. Auch die US-Investmentbank Morgan Stanley sieht Gegenwind für die Lira aus einer neuen Wahlrunde und erhöhten geldpolitischen Risiken sowie Sicherheitsrisiken. Die Lira dürfte bis Ende des Jahres auf 3,2 Dollar fallen.Meena Bassily, Analystin von Morgan Stanley, ist auch bearish eingestellt gegenüber türkischen Staatsanleihen. Sie rät, die Bonds mit Laufzeit bis 2023 zu verkaufen. Ebenfalls sinkende Lira-Kurse erwarten die Analysten der Großbank Unicredit, und Société Générale hat ihre Empfehlung zurückgezogen, die Lira gegen den südafrikanischen Rand zu kaufen. Die britische Großbank HSBC rät dagegen, die Lira gegenüber dem Rand oder dem Rubel zu kaufen. Die fundamentalen Wirtschaftsdaten würden sich schneller verbessern als jene in Südafrika oder Russland.