Bondmärkte

Unternehmensanleihen liefern wieder ansehnliche Erträge

Unternehmensanleihen liefern nach Ansicht der Analysten der DZ Bank wieder ansehnliche Erträge. Die Aussichten für die Gesamtperformance in dem weiteren Verlauf dieses Jahres beurteilen sie als gut.

Unternehmensanleihen liefern wieder ansehnliche Erträge

Festverzinsliche Wertpapiere wie Unternehmensanleihen gelten im Vergleich zu Aktien eigentlich als stabile Anlageklasse. Ein Minus von fast 15% im Jahr 2022 und ein Plus von knapp 8% im vergangenen Jahr ließen an dieser Einschätzung allerdings Zweifel aufkommen. 2024 verspricht eine Rückkehr auf den Pfad stabiler Erträge, auch wenn der Total Return für Senior Corporate Bonds derzeit mit -0,9% leicht im negativen Bereich liegt. Zwar liefern Unternehmensanleihen mit einer Rendite von durchschnittlich rund 3,8% wieder ansehnliche Erträge. Die seit Jahresanfang gestiegenen Marktzinsen – zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell rund 0,6 Prozentpunkte höher – haben jedoch zu Marktwertverlusten geführt, welche die Kuponzahlungen und Wertzuwächse wieder wettgemacht haben. Da wir im weiteren Jahresverlauf mit fallenden Renditen und stabilen Risikoaufschlägen rechnen, sind die Aussichten für eine moderat positive Gesamtperformance aber gut.

Solide operative Entwicklung

Grundlage für diese Einschätzung ist die solide operative Entwicklung, welche die Emittenten von Euro-Unternehmensanleihen bislang an den Tag legen. Trotz zahlreicher Herausforderungen, wie gestiegene Energiepreise, eine hohe Inflation und geopolitische Unsicherheiten, konnten die meisten Unternehmen ihre Gewinne und Margen einigermaßen stabil halten. Industrieunternehmen litten und leiden zwar stärker unter der Konjunkturschwäche, auch weil sich die Standortbedingungen im internationalen Wettbewerb verschlechtert haben. Der Dienstleistungssektor hält sich dagegen trotz der Preissteigerungen wacker, insbesondere in den USA. Nachholeffekte aus der Pandemiezeit und eine niedrige Arbeitslosigkeit unterstützen die Konsumnachfrage, auch wenn am aktuellen Rand Anzeichen für eine beginnende Zurückhaltung bei den Verbrauchern zu sehen sind.

Viele Befürchtungen in Bezug auf einen Anstieg der Insolvenzen und Kreditausfälle haben sich vor diesem Hintergrund nicht bewahrheitet, wenngleich bei beiden Größen im Zuge der Normalisierung des Zinsumfelds und der Wachstumsschwäche ein Anstieg zu verzeichnen war. Nachfragezurückhaltung und höhere Refinanzierungskosten haben in erster Linie die bereits zuvor schwach positionierten Unternehmen am unteren Ende der Ratingskala sowie in zinssensiblen Branchen getroffen. Die grundsätzlich mit einer konservativen Finanzpolitik agierenden Corporates aus dem Investment Grade (mit Bonitätsnoten von BBB- oder besser) zeigten über die vergangenen Quartale hingegen eine stabile Rating-Entwicklung, die sich zuletzt sogar ins Positive gedreht hat. Seit 2021 gab es in jedem Jahr mehr Hochstufungen aus dem High-Yield in das Investment Grade (sogenannte Rising Stars) als andersherum (sogenannte Fallen Angels).

Gute Stimmung

Angesichts der aktuell guten Stimmung an den Märkten, die sich in Rekordständen bei den Aktienindizes und engen Credit-Spreads bei Corporate Bonds manifestiert, findet derzeit nur eine geringe Differenzierung zwischen den Branchen und Emittenten statt. Der Abstand zwischen der Branche mit dem höchsten (Grundstoffe: 102 Basispunkte, BP) und dem Sektor mit dem geringsten Spread (Nahrung: 69 BP) liegt mit 33 BP so gering wie seit Anfang 2022 nicht mehr. Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man den Spread-Abstand von Unternehmen mit „BBB“ und Emittenten mit „A“-Rating analysiert. Lag der Abstand Anfang des Jahres noch bei rund 43 BP, so ist er mittlerweile auf 27 BP gesunken.

Der Spread-Aufschlag von Bonds mit mittleren bis längeren Laufzeiten gegenüber kurzlaufenden Emissionen hat in den vorigen Monaten hingegen wieder zugenommen, nachdem die Kreditkurven im Rahmen des allgemeinen Renditerückgangs im vierten Quartal 2023 zunächst flacher geworden waren. Den Grund für diese erneute Kurvenversteilerung sehen wir in der noch immer deutlich inversen Zinskurve, die dafür sorgt, dass kurzlaufende Anleihen häufig eine höhere Rendite aufweisen als länger laufende Papiere. Die attraktiven Renditen am kurzen Ende haben zu Zuflüssen in Geldmarktfonds gesorgt und somit die Nachfrage nach kurzen Laufzeiten verstärkt. Mit der im Juni eingeleiteten Zinswende sollte sich die Inversion der Zinskurve jedoch sukzessive auflösen. Da wir in den kommenden Monaten mit sinkenden Renditen und einer Verflachung der Kreditkurve rechnen, sind Anleihen mit mittleren Laufzeiten aus unserer Sicht derzeit trotz des Renditenachteil gegenüber Kurzläufern das interessantere Marktsegment.

Robuste Bilanzen

Wir bleiben in Bezug auf Euro-Unternehmensanleihen wegen der robusten Bilanzen und der beginnenden Konjunkturerholung in Europa weiterhin positiv gestimmt. Wir halten die Bewertung von Corporate Bonds mittlerweile aber für zunehmend ausgereizt. Die derzeit geringe Spread-Differenzierung zwischen den Sektoren würden wir daher nutzen, um das Engagement in traditionell eher defensiven Branchen aufzustocken. Angesichts der überdurchschnittlichen Spreads bieten sich hierfür neben Telekomunternehmen vor allem Versorgerwerte an. Branchenvertreter mit Schwerpunkt auf der Stromerzeugung dürften zwar nach den vorigen beiden Rekordjahren im Zuge der zuletzt erfolgten Normalisierung an den Strom- und Gasmärkten vorerst teilweise deutliche Ertragsrückgänge verbuchen. Nach den massiven Verwerfungen während der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise sind die Strom-Futures in der jüngsten Vergangenheit in ganz Europa wieder stärker gefallen. Allerdings notieren die Strom-Futures immer noch deutlich über dem Niveau zur Vorkrisenzeit, so dass sich die Aussichten für die Stromerzeugung im Vergleich zur Zeit vor der Krise doch merklich verbessert haben.

Für Versorger mit Fokus auf dem Netzgeschäft wiederum haben sich die Perspektiven in der jüngsten Vergangenheit durch den Anstieg der Kapitalmarktzinsen sowie der zuletzt hohen Inflation spürbar aufgehellt. Dank wieder steigender Netzentgelte bei einer gleichzeitig sukzessive wachsenden regulierten „Regulated Asset Base“ sollten Netzbetreiber fortan ein stetiges Ertragswachstum verbuchen. Fast allen Versorgern vorerst gemeinsam sind jedoch ehrgeizige Investitionspläne. Neben den Stromnetzen (insbesondere Hochspannungsnetze) betrifft das vor allem den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Zwar nimmt durch die nach wie vor stark steigenden Wind- und Solarkapazitäten die Abhängigkeit der Versorger von den Wetterverhältnissen in Zukunft erheblich zu. Die milliardenschweren Wachstumsschritte eröffnen den Unternehmen aber branchenweit nach wie vor deutliches Ertragspotenzial. Gleichzeitig haben die Versorger die Verschuldung nicht zuletzt dank einer überwiegend unverändert hohen Ertragskraft, jeweils starker Cashflows sowie erfolgreicher Desinvestitionen zumeist im Griff.

Mario Kristl, Senior Corporate Bond Analyst Versorger, Thomas Weber, CFA, Leiter Corporate Bond Research bei der DZ Bank

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