US-Aktienmarkt auf Rekordfahrt
Von Dietegen Müller, FrankfurtWird der US-Aktienmarkt in der neuen Woche einen Meilenstein setzen und auf ein Rekordhoch steigen? Dazu müsste er über die Marke von 2 874 Punkten gemessen am S & P 500 steigen, und dann würde der bisher längste Bullenmarkt zwischen dem 11. Oktober 1990 und 24. März 2000 Geschichte sein, schreibt die DWS in einer Einschätzung. Gemessen an den im historischen Vergleich recht hohen Unternehmensgewinnen schienen die aktuellen Aktienkurse durchaus gerechtfertigt, meint die DWS, und dies sei anders als in den späten Neunzigern. Am Freitag notierte der S & P im frühen Handel leicht schwächer auf 2 838 Punkten. Wer es ganz genau nimmt, wird aber die laufende Hausse am US-Aktienmarkt erst zum längsten Bullenmarkt der Geschichte ausrufen, wenn Juni 2021 erreicht ist. Denn je nachdem, ob gerundete Prozentzahlen oder Schlusskurse statt Intraday-Kurse verwendet werden, hat die Aufwärtsbewegung in den neunziger Jahren bereits im Dezember 1987 begonnen, also nur kurz nach dem “Schwarzen Montag”, und dauerte laut Yardeni Research 4 494 Tage statt der nun in Frage stehenden 3 452 Tage.Bald wird sich zumindest zeigen, ob der alternde Bullenmarkt noch genug Kraft hat, um eine Rekordmarke zu setzen. Der Rückgang des US-Konsumentenvertrauens auf ein Elf-Monats-Tief am Freitag und der am Tag zuvor gemeldete überraschend starke Rückgang des Philly-Fed-Index von 25,7 auf 11,9 Punkte – Analysten hatten einen Stand von 22 erwartet – können Anzeichen einer Konjunkturabkühlung sein. Würde sich dieser Trend durch weitere Konjunkturindikatoren erhärten, dürfte die Wall Street unter Druck geraten. Am Freitag stehen neue Zahlen zum Auftragseingang langlebiger Güter im Juli in den USA an. Der Blick ins Nachbarland Kanada zeigt dagegen, dass die Inflation ein Thema wird: Am Freitag meldete das kanadische Statistikamt eine Teuerungsrate von 3 % im Juli gegenüber 2,5 % im Vormonat. Am Markt wird auf eine raschere Anhebung der Zinsen durch die kanadische Notenbank spekuliert. Im Juli hatten die Währungshüter den Leitzins zum vierten Mal innerhalb eines Jahres erhöht. In der Eurozone steht am Donnerstag bereits der Einkaufsmanagerindex für Deutschland und die Eurozone für August auf der Agenda. Von Bloomberg befragte Ökonomen erwarten einen Eurozone-PMI von 55,1 und damit keine Veränderung zum Vormonat. Der deutsche PMI dürfte demnach von 56,9 auf 56,5 zurückgehen. Werte über 50 signalisieren eine konjunkturelle Expansion – das Wachstum dürfte also ungeachtet der Unsicherheit über den Ausgang des Handelsstreits zwischen den USA und anderen Ländern sowie der Probleme der Türkei weitergegangen sein. In Bezug auf die Türkei werden die kommenden Wochen zeigen, wie lange die Halbwertszeit der Beteuerungen von Finanzminister Berat Albayrak ist, keine Kapitalverkehrskontrollen einzuführen. Die am Freitag zur Schwäche neigende Lira zeigt, dass die Zweifel im Markt groß sind, dass eine baldige Rückgewinnung des Vertrauens möglich ist. Die Türkei ist in hohem Maße auf ausländische Finanzströme angewiesen. Nicht vom Tisch sind auch die Sorgen um Italien. Laut Zahlen der Banca d’Italia haben im Juni ausländische Investoren netto 33 Mrd. Euro aus italienischen Staatsanleihen abgezogen, nach 25 Mrd. Euro im Mai. Damit bewegen sich die Netto-Abflüsse auf dem Niveau während der Euro-Krise 2011/2012. Die Zweifel an der Haushaltspolitik der instabilen Regierungskoalition sind seit Juni nicht kleiner geworden. Der Risikoaufschlag von zehnjährigen italienischen Staatstiteln gegenüber entsprechenden Bundesanleihen lag zuletzt wieder über 280 Basispunkten.