US-Angriff auf den Jemen lässt Brent-Ölpreis über 80 Dollar steigen
Rohstoffe
Jemen-Krieg lässt Ölpreis steigen
Brent erreicht Niveau von fast 81 Dollar – US-Angriffe verunsichern Markteilnehmer
ku Frankfurt
Nach amerikanischen und britischen Luftangriffen auf den Jemen ist der Ölpreis kräftig angestiegen. Am Freitagmorgen erreichte der Brent-Ölpreis in der Spitze 80,75 Dollar je Barrel. Dies war der höchste Stand seit dem 27. Dezember. Später wurde die Sorte dann zu 79,72 Dollar gehandelt, ein Anstieg gegenüber Vortag von 3%. Zum Wochenbeginn war Brent noch für wenig mehr als 76 Dollar zu haben, der Ölmarkt zeigt aktuell also eine ausgeprägte Volatilität. US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate verteuerte sich am Freitag um 3% auf 74,21 Dollar. In der Region und durch den Suezkanal fahren auch viele LNG-Erdgas-Tanker, am europäischen Spotmarkt für Erdgas hat es allerdings noch keine ausgeprägte Preisreaktion gegeben. Der führende Monatskontrakt am virtuellen niederländischen Übergabepunkt Title Transfer Facility (TTF) wurde am Freitagmorgen zu 31,23 Euro je Megawattstunde gehandelt, ein Anstieg um 1%. Auf dem Höhepunkt der europäischen Energiekrise war der Preis zeitweise über 300 Euro geklettert.
In der Nacht zum Freitag hatten amerikanische und britische Streitkräfte damit begonnen, Ziele im Jemen zu bombardieren. Nach den Angaben des für die US-Streitkräfte in der Region zuständigen US Central Command sind „mehr als 60 Ziele an 16 Stationierungsorten der vom Iran gestützten Huthi-Militanten“ bombardiert worden. Arabische Nachrichtenagenturen meldeten Bombeneinschläge auch in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. Ein Sprecher der auch Huthis genannten Miliz Ansar Allah sprach von insgesamt 73 Bombenangriffen, in denen fünf Huthi-Kämpfer getötet und weitere sechs verletzt worden seien. Angaben über zivile Opfer gab es noch nicht.
Der Huthi-Sprecher kündigte an, die Angriffe auf israelische Schiffe oder auf Schiffe, die nach Israel unterwegs seien, würden fortgesetzt. Ziele bieten sich der Huthi-Miliz viele: Nach den von Marinetraffic bereitgestellten AIS-Transponderdaten befinden sich derzeit mehr als 200 Handelsschiffe im Roten Meer. Die Huthis hatten bereits zahlreiche Schiffe entweder mit Anti-Schiff-Raketen oder mit Drohnen angegriffen. Westliche Kriegsschiffe haben diese Drohnen zwar in der Regel abgeschossen, wobei aber die dabei verwendeten Abwehrwaffen wesentlich teurer sind als die jemenitischen Drohnen und auch zunehmend knapp werden.
Sowohl die iranische Regierung als auch die libanesisch-schiitische Miliz Hisbollah verurteilten die amerikanischen und britischen Luftangriffe scharf. Sie kündigten allerdings keine Vergeltung oder eine militärische Eskalation an. Nach Einschätzung von Akteuren am Ölmarkt hat vor allem dies bisher dafür gesorgt, dass der Anstieg des Ölpreises vorerst noch gedeckelt ist. In einer Erklärung ließ US-Präsident Joe Biden allerdings verlauten, er werde „nicht zögern“, sollten weitere Maßnahmen gegen die Huthis nötig sein.
In Washington gab es im Kongress viel Unterstützung für den amerikanischen Militärschlag, aber auch Kritik. So bemängelten einige republikanische und demokratische Senatoren und Abgeordnete des Repräsentantenhauses, Biden habe für den Angriff auf den Jemen nicht die vorab erforderliche Autorisierung durch den Kongress eingeholt. Allerdings hieß es vonseiten der Administration, da es sich nur um einen begrenzten Militärschlag handele, sei es ausreichend, den Kongress binnen 48 Stunden zu informieren. Kritik gab es auch vom führenden republikanischen Bewerber um das Präsidentenamt, dem früheren Präsidenten Donald Trump. Er sprach von einem weiteren Krieg, den die Biden-Administration begonnen habe.
Eine Eskalation gab es am Vortag allerdings in anderer Hinsicht. Iranische Streitkräfte hatten den unter der Flagge der Marshall-Inseln fahrenden Tanker „St. Nikolas“ gekapert und beschlagnahmt. Nach iranischen Angaben ist dies auf den Beschluss eines iranischen Gerichts erfolgt. Das Schiff, das vom Iran als „US-Tanker“ bezeichnet wird, hatte im vergangenen Jahr unter seinem früheren Namen „Suez Rajan“ iranisches Öl transportiert, war dann aber von US-Streitkräften gekapert und beschlagnahmt worden. Die US-Regierung hat die iranische Beschlagnahme des Tankers jetzt scharf verurteilt und von einer provokativen und nicht akzeptablen Aktion gesprochen. Sie forderte die Freilassung von Schiff und Besatzung.
Am Markt wird befürchtet, dass im Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran zum einen die iranische Ölförderung von rund 3,2 Mill. Barrel pro Tag ausfallen und damit dem Weltmarkt entzogen werden könnte. Dies könnte nach Einschätzung von Analysten den Ölpreis über die Marke von 100 Dollar treiben. Sollte es zudem zu einer Sperrung der vom Iran kontrollierten Meeresenge von Hormus kommen, durch die rund 25% des gesamten weltweit per Tanker transportierten Rohöls gehen, wird sogar ein enormer Preissprung bis in die Größenordnung von 200 Dollar für möglich gehalten.
Nach amerikanisch-britischen Luftangriffen auf die jemenitische Huthi-Miliz ist der Ölpreis am Freitag deutlich gestiegen. Er kletterte trotz Konjunktursorgen der Marktteilnehmer wieder über die Marke von 80 Dollar. Die politischen Spannungen und die Gefahr eines großen Kriegs im Nahen Osten nehmen weiter zu.