TECHNISCHE ANALYSE

US-Bondrenditen stehen vor zyklischem Tief

Von Arne Franke *) Börsen-Zeitung, 26.2.2020 Die im Rahmen der Coronavirus-Epidemie ausgelöste Risikoaversion an den globalen Kapitalmärkten zu Beginn dieser Woche hat die Flucht in sichere Häfen wie US-Staatsanleihen verstärkt, was die...

US-Bondrenditen stehen vor zyklischem Tief

Von Arne Franke *)Die im Rahmen der Coronavirus-Epidemie ausgelöste Risikoaversion an den globalen Kapitalmärkten zu Beginn dieser Woche hat die Flucht in sichere Häfen wie US-Staatsanleihen verstärkt, was die zehnjährigen US-Renditen auf den tiefsten Stand seit dem Sommer 2016 drückte.Im großen Bild schwanken die zehnjährigen US-Renditen seit 2012 in einer Spanne zwischen circa 1,3 und 3 %, wobei aktuell wieder die untere Bandbreite getestet wird. Das jüngste Renditehoch trat im Oktober 2018 bei 3,26 % auf, von wo aus die US-Renditen unter marginalen Schwankungen bis heute nur eine Richtung kannten und in dieser Woche bei 1,33 % wieder die untere Range erreichen. Somit stellt sich aktuell für viele Investoren die Frage, ob es auch dieses Mal nach dem Motto “Aller guten Dinge sind drei” zu einer Bodenbildung in diesem Bereich kommt. Gegenbewegung im SommerBetrachtet man die Struktur der seit 2018 laufenden Abwärtsbewegung etwas genauer, so wird deutlich, dass sich die zehnjährigen US-Renditen in einem nahezu idealtypischen fünfwelligen Abwärtszyklus nach der Elliott-Wellen-Theorie befinden, wobei die seit Januar 2020 laufende Abwärtsbewegung der Welle 5 zugeordnet werden kann. Auch auf der kürzeren Zeitebene erkennt man ein solches Muster, was dafür spricht, dass der aktuelle Renditerückgang in den kommenden Wochen einen Boden finden sollte, bevor eine deutliche Gegenbewegung in den US-Renditen in den Sommer hinein startet. Neben den vorangegangenen technischen Mustern spricht auch unser Zyklusmodell für einen nahenden Renditeboden, da sich die zehnjährigen US-Renditen nach 2012 und 2016 aktuell wiederum im Bereich eines Vierjahreszyklustiefs befinden. Dieser langfristige Mehrjahreszyklus war in den vergangenen Dekaden ein sehr zuverlässiger Zyklus und Indikator für die zehnjährigen US-Renditen, und auch im aktuellen Umfeld ist davon auszugehen, dass dieser Zyklus ein weiteres Mal ein wichtiges Renditetief ankündigt. Neben den vorweg angeführten Argumenten sprechen auch die aktuell in vielen quantitativen Indikatoren entstehenden bullishen Divergenzen im Renditechart für einen nahenden und belastbaren Boden.Richtet man den Blick vom Renditechart auf den Chart des zehnjährigen Treasury-Futures, so treten auch hier auf verschiedenen Zeitebenen in einer Vielzahl quantitativer Indikatoren bearishe Divergenzen auf, was das oben beschriebene Szenario einer Bodenbildung in den Renditen unterstützt. Betrachtet man neben der Renditeentwicklung die aktuelle Long-Positionierung der Non-Commercials auf den zehnjährigen US-Treasury-Future, so fällt auf, dass das aktuelle Niveau deutlich erhöht ist und damit gegen einen starken weiteren Anstieg des zehnjährigen Treasury-Future spricht. Vielmehr sollte das aktuelle Niveau in den US-Treasury-Future-Long-Positionen im historischen Kontext eher als Contrarian-Signal gesehen werden und somit mittelfristig die Basis für einen deutlichen Rückschlag im zehnjährigen Treasury-Future und damit steigenden US-Renditen in den Sommer hinein sorgen. Korrektur ist wahrscheinlichUnter Cross-Asset-Gesichtspunkten wäre eine Bodenbildung in den zehnjährigen US-Renditen wohl der Startpunkt für ein Ende der aktuellen Goldhausse, in der Gold in US-Dollar erst zu Beginn dieser Woche auf ein neues Mehrjahreshoch gestiegen ist. Ähnlich wie die zehnjährigen US-Renditen befindet sich auch der Goldpreis seit 2018 in einer idealtypischen Elliott-Wave-Struktur, die im Gegensatz zu den US-Renditen bei Gold gen Norden gerichtet ist. Aber auch hier wird bei genauerem Hinschauen deutlich, dass sich aktuell auch Gold in einer Welle 5 größerer Ordnung befindet und somit das Aufwärtspotenzial zunehmend begrenzt sein sollte. Die ersten bearishen Divergenzen auf der Tagesebene und ein Mehrjahreshoch bei Long-Positionen auf Gold unterstützen diese These und machen eine deutliche Korrektur im Goldpreis in den Sommer sehr wahrscheinlich. Eine erfolgreiche Bodenbildung bei den zehnjährigen US-Renditen hätte wohl nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf den Preis von Gold, sondern auch auf die relative Performance einzelner Sektoren gegenüber ihrer Benchmark am Aktienmarkt.Auf der einen Seite sollten Sektoren wie Banken beginnen, ihre Indizes outzuperformen und auf der anderen Seite als zinssensibel geltende Sektoren wie beispielsweise Health Care oder Pharma beginnen den Gesamtmarkt underzuperformen. Eine solche Entwicklung würde wohl sehr viele Investoren auf dem falschen Fuß erwischen und taktisch zu deutlichen Portfolioumschichtungen in den Sommer führen. Somit sollten auch Aktionäre die Entwicklung der Rentenmärkte in den kommenden Wochen genau verfolgen.Blickt man abschließend noch auf die zehnjährigen Renditen von Bundesanleihen, so fällt auf, dass die Rendite dort im Gegensatz zu den USA noch ein deutliches Stück von den bisherigen Tiefs entfernt ist. Daher ist davon auszugehen, dass im Zuge einer Bodenbildung in zehnjährigen US-Renditen ihr deutsches Pendant das erste höhere Zinstief ausbildet, was die Basis für einen signifikanten Zinsanstieg in Bund-Renditen in den Sommer hinein ist.*) Arne Franke ist technischer Analyst bei der Global Macro Cycle Partners AG.