Anlagethema im Brennpunkt

Versteckte Investmentchancen im Kampf gegen den Klimawandel

Dass der Kampf gegen den Klimawandel nur durch das Aus von fossilen Brennstoffen bei Energiegewinnung und Verkehr gewonnen werden kann, liegt auf der Hand. Um das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Temperatur-Ziel zu erreichen, müssen bis 2030/40...

Versteckte Investmentchancen im Kampf gegen den Klimawandel

Dass der Kampf gegen den Klimawandel nur durch das Aus von fossilen Brennstoffen bei Energiegewinnung und Verkehr gewonnen werden kann, liegt auf der Hand. Um das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Temperatur-Ziel zu erreichen, müssen bis 2030/40 die Investitionen vor allem in erneuerbare Energien und Elektromobilität auf 3 Bill. Dollar jährlich steigen. Eine Summe, die etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Großbritannien oder Frankreich entspricht. Dies hat beispielsweise bei den Herstellern von Batterien, Fahrrädern und Windkraftanlagen für volle Auftragsbücher gesorgt und deren Kurse anziehen lassen.

Beim Kampf gegen den Klimawandel geht es nicht nur darum, den Temperaturanstieg durch eine Reduzierung von CO2-Emissionen zu begrenzen, sondern auch Wirtschaft und Gesellschaft an bereits eingetretene Folgen des Treibhauseffekts anzupassen. Auch dort lassen sich Anlagemöglichkeiten finden, sollten jährlich doch 150 bis 300 Mrd. Dollar in Anpassungsstrategien fließen.

Mit der Zunahme von Naturkata­strophen dürfte beispielsweise die Versicherungswirtschaft vor neue Herausforderungen gestellt werden. Denn in Europa besteht derzeit bei rund 67% der Sachschäden eine Unterversicherung. Sie sind also entweder gar nicht oder nicht ausreichend abgedeckt. In Asien liegt die Quote gar bei etwa 95%. Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren aber rund zwei Drittel der nicht versicherten globalen Sachschäden nach Naturkatastrophen auf Europa und Asien entfallen. Daher wäre es plausibel, wenn auf beiden Kontinenten die Nachfrage nach Versicherungen gegen solche Schäden anziehen würde. Freilich keine leichte Aufgabe für die Erst- und Rückversicherer, denn die müssen solche Policen entsprechend der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts mit dem richtigen Preisschild versehen.

Versicherungen im Fokus

Um beispielsweise ein Hochhaus in Jakarta zu versichern, müssen die Assekuranzen bestimmen, mit welcher Häufigkeit es von Taifunen betroffen sein könnte, aus welchen Baumaterialien es besteht, ob es energetisch saniert ist, wie gut der Zugang für Rettungskräfte ist und wie hoch die Kosten für einen kompletten Wiederaufbau wären. In den österreichischen Alpen kann es von Bedeutung sein, wie groß die Gefahr ist, dass ein bislang ruhiges Bächlein zu einem reißenden Fluss anschwillt, der womöglich ein halbes Dorf hinwegspült. Solche Daten liefern spezialisierte Anbieter. Andere Unternehmen entwickeln Software, um extreme Wetterereignisse zu modellieren, die als Basis für die Preisfindung bei Katastrophenanleihen von Rückversicherern dienen.

Sind Schäden bereits eingetreten, können solche Spezialisten Versicherungen vor Betrug schützen. Denn von Drohnen gemachte Luftbildaufnahmen beispielsweise eines Waldbrandgebiets lassen sich mit Bilderkennungssoftware und künstlicher Intelligenz auswerten, um Anomalien während der Schadensabwicklung aufzudecken. Dieses Marktpotenzial dürfte noch längst nicht ausgeschöpft sein, geben Erst- und Rückversicherer aktuell doch gerade einmal 0,25% ihrer Kostenbasis für solche Daten und Software aus.

Weitere Gelegenheiten bieten sich im Gesundheitswesen, denn der Klimawandel kann krank machen. So wird die Pollensaison immer länger, die Kirschbaumblüte in Japan etwa hat 2021 so früh eingesetzt wie seit 1200 Jahren nicht. Gleichzeitig steigt die Pollenkonzentration. Bereits jetzt leiden weltweit 400 bis 500 Millionen Menschen unter Heuschnupfen, in Europa reagieren fast 40% aller Menschen allergisch auf Pollen.

Durch den Treibhauseffekt dringen Pflanzen wie das Besenkraut nach Europa vor, was die Lage verschärfen sollte. Reagieren dort bislang 33 Millionen Menschen auf die Pflanze, wird sich die Zahl bis 2040/50 auf 77 Millionen erhöhen. In Deutschland ist eine Zunahme von 5 auf 16 Millionen Menschen zu erwarten. Gleichzeitig sollte sich damit die Pollensaison weiter verlängern. Deren Höhepunkt liegt aktuell in den Monaten August und September, dürfte sich mit dem Vordringen des Besenkrauts aber auf Oktober und November verlagern. Doch wie ökonomisch sinnvoll ist die Behandlung von Asthma und Heuschnupfen überhaupt? Den jüngsten verfügbaren Daten zufolge beliefen sich die Kosten durch den Arbeitsausfall aufgrund von Atemwegserkrankungen in den USA auf 20 Mrd. Dollar, in Europa lagen sie sogar bei 60 bis 150 Mrd. Dollar. Die Kosten für die Behandlung mit Tropfen, Tabletten und Injektionen betragen hingegen nur fünf Prozent der Kosten der Arbeitsausfälle.

Rendite mit Fleischersatz

Weiterer hoher Anpassungsbedarf besteht bei der Proteinversorgung. Aufgrund einer insgesamt zunehmenden Weltbevölkerung und eines steigenden Wohlstands ist der Bedarf an proteinhaltigen Lebensmitteln, vorwiegend Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch, in den vergangenen Jahren um jeweils rund 2% gewachsen. Bis 2050 soll der Fleischkonsum weltweit noch einmal um 75% steigen. Das Problem: Durch Austrocknung und Übersäuerung nehmen Weiden und Anbauflächen für Tierfutter gleichzeitig ab. Ein Lösungsansatz liegt in einer effizienteren Aufzucht.

Eine echte Alternative ist die Gewinnung pflanzenbasierter Proteine als Ersatz für Fleischprodukte. Verglichen mit dem globalen Fleischgeschäft, das mit 1,7 Bill. Dollar so groß ist wie die australische Volkswirtschaft, ist dieser Markt mit heute 160 Mill. Dollar noch klein. Legt man aber den Durchdringungsgrad von Milchersatzprodukten am gesamten Milchmarkt von 13% zugrunde, kommt man allein für die USA auf ein Potenzial von Fleischersatzprodukten von 35 Mrd. Dollar. Allerdings gibt es nur wenige gelistete Anbieter solcher Produkte, noch dazu ist der Markt äußerst wettbewerbsintensiv, was gegen langfristig hohe Margen spricht.

Attraktiver erscheint da die Produktion von Speisepilzen als Proteinersatz, bei denen die Nachfrage um jährlich rund 10% wächst. Zum Vergleich: Bei Rind- und Schweinefleisch legt die Nachfrage nur um 1 bis 2% zu, bei Fisch und Aquakulturprodukten sind es 6 bis 7%. Speisepilze sind zudem sehr wirtschaftlich zu züchten und zu vertreiben: So sind beispielsweise für den Herstellungs- und Kühlprozess von 100 Gramm Speisepilzen gerade einmal 0,2 Kilowattstunden an Energie nötig, bei 100 Gramm Fleisch sind es sieben Kilowattstunden.

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