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Vieles spricht für einen starken US-Dollar

Von Lars Edler *) Börsen-Zeitung, 5.12.2017 Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu und langsam kehrt an den Kapitalmärkten Ruhe ein. Wie in jedem Jahr erreicht die schläfrige Stimmung als Erstes die Rentenmärkte. Etwas anders das Bild bei den...

Vieles spricht für einen starken US-Dollar

Von Lars Edler *)Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu und langsam kehrt an den Kapitalmärkten Ruhe ein. Wie in jedem Jahr erreicht die schläfrige Stimmung als Erstes die Rentenmärkte. Etwas anders das Bild bei den liquideren Assetklassen wie Aktien oder gar Währungen. Hier ist erhöhte Volatilität zwischen den Jahren oder sogar am Silvestertag selbst nicht unüblich.Währungen waren im zu Ende gehenden Jahr eine große Risikoquelle, was dazu führen wird, dass sowohl Portfolio- als auch Risikomanager zum Jahresende ein besonderes Augenmerk auf diese Assetklasse legen. Zu Recht, wie wir meinen. Zur Erinnerung: Der Wechselkurs des US-Dollar gegen den Euro glich im Jahr 2017 einer Achterbahnfahrt. Am 30. Dezember 2016 kostete ein Euro 1,05 US-Dollar. Seinen vorläufigen Tiefpunkt fand die US-Währung seitdem am 8. September, als man über 1,20 Dollar für einen Euro ausgeben musste. Eine Wertkorrektur von über 14 %. Interessanterweise fand diese relativ starke Kursbewegung in einem Umfeld unterdurchschnittlicher Volatilität statt. Wie geht es jetzt also weiter mit dem Dollar-Euro-Wechselkurs? Um sich dieser Frage zu nähern, macht es Sinn, sich die verschiedenen Argumente für und gegen eine Aufwertung des Dollar zu beleuchten. “Sicherer Hafen”Beginnen wir mit dem Für. Der US-Dollar war und ist die Reserve- und Leitwährung. Im Vergleich zum Euro hat er seinen Status als “sicherer Hafen” in den vergangenen Jahren nicht nur bewahrt, sondern ausgebaut. Ein Beispiel hierfür ist die im Oktober 2016 vom Internationalen Währungsfonds getroffene Entscheidung, künftig den chinesischen Yuan mit 10,9 % in seinem Währungskorb zu gewichten. Diese Aufnahme ging überproportional stark zu Lasten des Euro; auf das Gewicht des Dollar im Währungskorb hatte sie quasi keinen Effekt. Für einen stärkeren Dollar spricht eindeutig auch ein Blick auf die vorherrschenden Zinsdifferenzen zwischen Eurozone und USA. Die Leitzinsdifferenz liegt weiterhin über 1 % und die von den Zentralbanken vorgezeichneten Politikpfade deuten nicht auf eine Einebnung dieser Unterschiede hin. Die Abweichungen in der Geldpolitik sprechen somit für den Dollar. Die Empirie zeigt, dass eine Ausweitung des amerikanischen Zinsvorsprungs um 25 Basispunkte zu einer Aufwertung des US-Dollar um 3 % führt.Weitere Unterstützung für den Dollar könnte die US-Steuerreform leisten. Bis zu einem gewissen Grad scheint die Reform an den Märkten bereits eingepreist zu sein. Sollten die Ankündigungen (überraschenderweise) vollumfänglich umgesetzt werden, würde dies dem Dollar jedoch nochmals Auftrieb verleihen können. Der Grund hierfür ist die positive Wirkung der Unternehmenssteuerreform auf die Gewinne von US-Unternehmen, was Kapital in den US-Aktienmarkt locken würde. Diese Kapitalflüsse stellen – zumindest kurzfristig – einen bedeutsamen Einfluss für die Entwicklung des Wechselkurses dar. Belastung durch TrumpDie Argumente für einen stärkeren Euro dagegen sind eher politischer Natur: Durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist die politische Unsicherheit weltweit gestiegen. Relevante Kennzahlen wie der Bloomberg Policy Uncertainty Index sprechen eine deutliche Sprache. Eine höhere politische Unsicherheit stellt einen Belastungsfaktor für die jeweilige Währung – in diesem Fall den US-Dollar – dar. Andererseits sprechen gerade die politischen Verhältnisse in Europa nach den Wahlen in Frankreich und den Niederlanden für ruhigeres Fahrwasser auf der europäischen Seite des Atlantiks. Die politische Unsicherheit in der Eurozone ist gesunken, was für einen stärkeren Euro spricht. Hinzu kommt das Überraschungspotenzial der Geldpolitik. Während der amerikanische Zinsverlauf relativ gesichert erscheint, würde eine restriktivere Geldpolitik der EZB die Märkte überraschen. Auch das konjunkturelle Überraschungspotenzial erscheint derzeit in Europa höher.Zuletzt lohnt noch der Blick auf die Kaufkraftparität. Auch wenn es hinreichend bekannt ist, dass ein Wechselkurs über lange Phasen von der Kaufkraftparität abweichen kann, so hilft dieser Zusammenhang doch als Orientierung für eine fundamental gerechtfertigte Bewertung. Die OECD berechnet den kaufkraftparitätischen Wechselkurs derzeit mit 1,30 Dollar je Euro. Gemessen an dieser Zahl ist der Dollar derzeit stark überbewertet, was im Umkehrschluss eine Aufwertung des Euros erwarten lassen kann.Die Vielzahl der oben genannten vielfältigen Argumente pro und kontra Dollar-Aufwertung zeigt die Komplexität des Themas. Aus unserer Sicht ist nach Abwägung aller Punkte eine Entwicklung Richtung 1,12 Dollar je Euro auf Sicht von zwölf Monaten zu erwarten. Dies wird voraussichtlich mit ansteigender Volatilität einhergehen. Für unwahrscheinlich halten wir hingegen im kommenden Jahr eine Abwertung des Dollar auf unter 1,25 Dollar je Euro oder eine Aufwertung auf über 1,08 Dollar je Euro.—-*)Lars Edler ist Co-Chief Investment Officer von Sal. Oppenheim.