Vor allem Versicherungen überzeugen als Dividenden-Aristokraten
Versicherer überzeugen als Dividenden-Aristokraten
Allianz, Münchener Rück und Talanx bieten Qualität – Auch Siemens, Deutsche Telekom und Deutsche Post mit stetigen Ausschüttungen
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Dividenden sind einer der wichtigsten Werttreiber für die Aktienanlage. Doch wird die Bedeutung der Ausschüttung für die Performance von Aktien häufig unterschätzt. So hat zum Beispiel Philipp Immenkötter vom Flossbach von Storch Research Institut in einer Studie ermittelt, dass in den vergangenen 20 Jahren satte 52,2% des geschaffenen Werts am deutsche Aktienmarkt durch ausgezahlte Dividenden geschaffen wurden. Auf Kurssteigerungen entfallen dabei 40,9% des Wertzuwachses und auf Aktienrückkäufe 7,0%. Und unter den größten Wertschaffern hierzulande befinden sich mit Siemens, Allianz, Mercedes-Benz Group, Deutsche Telekom, BASF, BMW und Volkswagen auch gerade die großen Dividendenzahler.
Aber gerade bei Dividenden lauern auch große Fallen. Vor allem wenig erfahrene Anleger setzen oft auf eine oder wenige Aktien mit hohen Ausschüttungsrenditen. Das ist grundfalsch, denn dabei handelt es sich häufig um angeschlagene Firmen, die aber ihre Dividende noch nicht gekürzt oder gestrichen haben. Nach der Streichung der Dividende ist dann in mehreren Fällen auch schon einmal eine Insolvenz erfolgt. Insofern ist eine extrem hohe Dividendenrendite sogar ein Risikoparameter. Besser ist es für Anleger, auf ein breit gestreutes Portfolio von sogenannten Dividenden-Aristokraten zu setzen. Sprich auf Aktien, die in den vergangenen Jahren ihre Ausschüttung gesteigert oder zumindest stabil gehalten haben. Denn eine stabile oder langfristig steigende Dividende stellt letztendlich ein Qualitätsmerkmal für eine Aktie dar.
Aktuell tun sich beim Blick auf den Aktienmarkt sowie auf Dividenden hierzulande mehrere Botschaften auf. Erstens sind „unter dem Gesichtspunkt der laufenden Ausschüttungen Aktien im Vergleich zu Anleihen deutlich weniger attraktiv als noch in der vorigen Dekade“, stellt Aktienanalyst Frank Klumpp von der LBBW fest. Der langjährige Dividendenvorteil habe sich nach dem massiven Renditeanstieg zu einem Nachteil entwickelt, wenn man beispielsweise Unternehmensanleihen im Single-A-Ratingsegment als Vergleich heranziehe. Auch lohnt es sich wieder für Investoren, ganz einfach Cash zu halten. Das ist eine ganz andere Botschaft als in der Nullzinswelt, als es eben keine Zinserträge am kurzen Ende gab. Das relativiert natürlich die Bedeutung der Dividende.
Vonovia hat enttäuscht
Zweitens hat es gerade auch bei Dividenden herbe Enttäuschungen gegeben. So haben zum Beispiel mehrere Immobilienwerte aufgrund des massiven Zinsanstiegs die Dividenden vollständig gestrichen, um die Liquidität im Unternehmen zu halten. Manche Immobilienaktien sind auch pleite gegangen, andere kämpfen ums Überleben. Und mit Vonovia hat auch ein Dax-Wert, der früher aufgrund über die Jahre mit stabiler oder steigenden Ausschüttungen auch den Dividenden-Aristokraten zuzurechnen war, die Dividende im vergangenen Jahr deutlich von 1,66 Euro auf 0,85 Euro je Aktie gekürzt. Auch ein Aristokrat bleibt also nicht immer ein Aristokrat. Auch hier gibt es Risiken.
Drittens, und das ist die gute Botschaft für Anleger: Es gibt am deutschen Aktienmarkt immer noch eine Reihe von qualitativ hochwertigen Dividenden-Aristokraten. Hierzu zählt zum Beispiel der Versicherungsriese Allianz, der ohnehin anstrebt, die Dividende jährlich um 5% zu erhöhen. Eine neuerliche Dividendenerhöhung ist bei der Allianz wahrscheinlich. Aktuell errechnet sich eine Dividendenrendite von satten 5,5%.
Zu den qualitativ hochwertigen Aristokraten zählt auch die Münchener Rück, die gerade nach guten Quartalszahlen ihre Gewinnprognose für das Gesamtjahr von 4 Mrd. Euro auf 4,5 Mrd. Euro erhöht hat. Entsprechend dürfte der größte Rückversicherer der Welt auch die Dividende erneut anheben. Aktuell errechnet sich eine Dividendenrendite von 3,3%.
Zu den qualitativ hochwertigen Aristokraten im Versicherungssektor gehört auch die Talanx. Auch Deutschlands drittgrößter Versicherungskonzern hat gerade seine Gewinnprognose für 2023 angehoben. Daher ist auch bei Talanx eine Dividendenanhebung wahrscheinlich, wie es sich für einen echten Aristokraten gehört. Aktuell errechnet sich eine Dividendenrendite von 3,8%.
Zu den Qualitätsunternehmen und zu den Dividenden-Aristokraten zählt Siemens. Der Technologiekonzern hat in den vergangenen Jahren durch steigende Erträge überzeugt. Auch für das gerade abgelaufene Geschäftsjahr gilt eine Dividendenerhöhung als wahrscheinlich. Die Dividendenrendite beträgt aktuell 3,5%.
Ein waschechter Dividenden-Aristokrat ist die Deutsche Telekom nicht, wurde doch vor wenigen Jahren auch einmal die Dividende von 70 auf 60 Cent je Aktie gekürzt. Gleichwohl überzeugt der Konzern durch stetige Cashflows und attraktive Ausschüttungen. Derzeit beträgt die Dividendenrendite der T-Aktie 3,7%. Zu den Dividenden-Aristokraten zählt auch die Aktie der Deutschen Post, die derzeit eine Dividendenrendite von 4,9% bietet. Doch fällt bei dieser Gesellschaft der Gewinn im laufenden Jahr deutlich niedriger aus als 2022. Gleichwohl dürfte die Dividende von 1,85 Euro je Aktie gehalten werden.
Mit die höchsten Dividendenrenditen im Dax bieten Volkswagen-Vorzüge mit 8,6% und BASF 8,3%. Investoren sich aber bewusst sein, dass bei den Ausschüttungen dieser beiden Aristokraten durchaus Risiken bestehen könnten. Volkswagen hat in den vergangenen Jahren zwar die Dividende deutlich erhöht. Doch sind Autohersteller natürlich zyklisch und gerade die Autobranche befindet sich derzeit durch die Umstellung auf elektrischen Antrieb in einem gewaltigen Umbruch. Zudem musste VW gerade von ihrem Renditeziel für das laufende Geschäftsjahr abrücken. Dass Volkswagen für die Vorzüge zumindest eine stabile Dividende zahlt, ist zwar wahrscheinlich. Doch dürfte die Situation für den Autokonzern auch in den kommenden Jahren nicht einfach sein.
Auch Ertragsentwicklung zählt
Auch die BASF befindet sich in einem schwierigen Umfeld. Auch hier gilt es als wahrscheinlich, dass der Chemieriese die Dividende von 3,40 Euro je Aktie hält. Aber es kann auch anders kommen. Auszuschließen ist zudem nicht, dass BASF ihre Dividendenpolitik in den kommenden Jahren ändert. Letztendlich zählt eben nicht nur die Dividende, sondern auch die Ertragsentwicklung.
Eine hohe Dividendenrendite offeriert mit 7,3% auch die DWS Group. Hier dürfte die Mutter Deutsche Bank daran interessiert sein, auch in den kommenden Jahren eine hohe Dividende auszuschütten.
Als Dividenden-Aristokraten, die hohe und stetige Ausschüttungen bieten, überzeugen Allianz, Münchener Rück und Talanx. Doch auch Siemens, Deutsche Telekom und Deutsche Post bieten attraktive Erträge. Hingegen ist Vonovia durch die deutliche Dividendenkürzung kein Aristokrat mehr.