Vor der letzten Party
Von Claus DöringEinen goldenen Oktober haben die Notenbanken Aktienanlegern beschert. Mit Zinssenkungen wie in China, mit Bekräftigung der ultralockeren Geldpolitik des Quantitative Easing wie in der Eurozone und in Japan oder mit abermals hinausgeschobenen Leitzinserhöhungen wie in den USA haben die Notenbanker die Märkte mit Ecstasy versorgt. Der Dax kam im Oktober um gut 12 % voran, Stoxx 50, Dow Jones und Nikkei legten jeweils um gut 11 % zu. Dürfen sich Anleger jetzt auf eine Jahresendrally freuen?Für die Erwartung eines Kursfeuerwerks als krönenden und versöhnlichen Abschlusses eines ansonsten sehr durchwachsenen Aktienjahres sprechen zwei Überlegungen: erstens die Statistik und zweitens der anhaltende geldpolitische Amoklauf der Notenbanker. Zunächst zur Statistik: Seit 1980, also seit 35 Jahren, hat der Dax in 29 Jahren das Schlussquartal mit Gewinn beendet. Nun würde die Oktober-Performance bereits reichen, um diese Statistik zu bekräftigen. Doch die Notenbanken werden ihre Partydroge in Gestalt von QE und Nullzins weiter verteilen, schon aus Angst vor den Entzugserscheinungen. Ihre Wahnvorstellung, mit der unbegrenzten Bereitstellung von Liquidität und nahezu zinslosem Kapital die wirtschaftlichen Probleme der Welt lösen zu können und zu müssen, wird den Anlagenotstand der Investoren fortsetzen. Dass Staatsanleihen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland inzwischen selbst im mittleren Laufzeitenbereich negativ rentieren, mögen manche als “new normal” ansehen. Wenn aber sogar Staatsanleihen hoch verschuldeter und wirtschaftlich angezählter Länder wie Italien bei Restlaufzeiten bis zu einem Jahr negative Renditen zeigen, dann braucht es keine weiteren Belege für den Irrsinn der aktuellen Geldpolitik.Die Folge: Auf der Suche nach Rendite wird weiterhin Kapital in Assetklassen fehlgeleitet, die jetzt schon Blasenbildung erkennen lassen. Dies gilt für regionale Immobilienmärkte genauso wie für die Aktienmärkte insgesamt. Wie überbewertet der Aktienmarkt auch in Deutschland inzwischen ist, zeigen die scharfen Kursabstürze im Fall von Gewinnwarnungen der Unternehmen. Gewinnwarnungen berichtigen die spekulative Übertreibung um oftmals ein Drittel auf eine fundamental angemessenere Bewertung. Was gegenwärtig erst punktuelle Korrekturen sind, kann sich schnell zur flächendeckenden Neubewertung auswachsen, wenn die Konjunktur kippt und die Rezessionsängste steigen. Das sollten all jene Investoren bedenken, die aufgrund der aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) noch keine Überbewertung zu erkennen vermögen. Wer seine Investments so steuert, gleicht einem Autofahrer, der beim Wechsel von der Autobahn auf die kurvenreiche Landstraße die Einstellung des Tempomats unverändert lässt. Die konjunkturellen Frühindikatoren für die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, USA und China, sowie für die Eurozone lassen nichts Gutes erwarten. Einem Rutsch in die Rezession haben die Notenbanker aber nichts mehr entgegenzusetzen, das geldpolitische Pulver ist mit Nullzins und QE längst verschossen. Vieles spricht für eine im nächsten Frühjahr anstehende Korrektur an den Aktienmärkten, auf die dann der Begriff Crash passen könnte. Die Jahresendrally wird für längere Zeit das letzte Kursfeuerwerk sein.