AUSBLICK

Vor einer Woche der Enttäuschung

Viele Marktteilnehmer haben zu hohe Erwartungen an die EZB - Die Notenbank wird sie kaum erfüllen

Vor einer Woche der Enttäuschung

Von Stefan Schaaf, FrankfurtDie Erwartungen an die EZB sind zuletzt heißgelaufen. Dies zeigte sich nicht zuletzt an der jüngsten Dax-Rally. Auslöser war die Erwartung vieler Marktteilnehmer, die Notenbank werde die erste Pressekonferenz in ihren neuen Räumen in Frankfurt schon am kommenden Donnerstag zur Ankündigung weiterer Anleihekäufe nutzen. Diese hohen Erwartungen dürften jedoch enttäuscht werden. Ökonomen rechnen vielmehr damit, dass EZB-Präsident Mario Draghi die Märkte ein weiteres Mal hinhalten wird. Seine jüngsten Äußerungen zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik hatten die Aktienmärkte befeuert – und waren zuletzt von anderen Notenbankern wieder etwas relativiert worden.Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Diba, erwartet für Donnerstag von Draghi “verbale Kunststückchen”: Den Willen zu einer quantitativen Lockerung betonen, aber keine konkreten Maßnahmen ankündigen. “Ich erwarte keine Aktion. Durch die EZB-Brille betrachtet sind die jüngsten makroökonomischen Daten kein Grund, jetzt zu agieren”, betonte er. Vorstellbar sei lediglich, dass die EZB für den im Dezember anstehenden zweckgebundenen Langfristtender TLTRO den Zinsaufschlag zum Leitzins als Zeichen des guten Willens senken wird.Gegen ein schnelles Handeln der Notenbank sprechen nach Ansicht von Volkswirten auch die jüngsten Inflationsdaten. Die Verbraucherpreise in der Eurozone stiegen im November zwar nur noch auf Jahressicht um 0,3 % und liegen damit weit entfernt von dem, was die EZB mit “knapp unter 2 %” als Geldwertstabilität im Rahmen ihres Mandates definiert. Im Oktober lag die Teuerungsrate noch bei 0,4 %, so dass die Ängste vor einer Deflation weiter wuchsen. Allerdings wird der Rückgang auch auf den Einbruch des Ölpreises zurückgeführt. Die Energiepreise sanken im November um 2,5 %. Üblicherweise gewichtet die EZB solche Einmaleffekte bei Energiepreisen weniger stark in ihrer Analyse, sie spricht dann davon, durch diese “hindurchzuschauen”.Volkswirte weisen zudem darauf hin, dass die EZB am Donnerstag erst ihre neuen Stabprognosen für Wachstum und Inflation vorlegen wird. Eine Entscheidung über eine quantitative Lockerung dürfte damit auch erst im neuen Jahr fallen. “An den Finanzmärkten bestehen kaum Zweifel, dass die EZB im kommenden Jahr mit einem Ankaufprogramm für Staatsanleihen noch mehr Geld in die Wirtschaft pumpen wird”, betonen die beiden Metzler-Analysten Jan Bopp und Eugen Keller und sind damit nicht allein. In jedem Fall ist die Nervosität der Finanzmarktakteure zum Wochenschluss wieder etwas gestiegen. Der an der führenden Terminbörse in Chicago berechnete Volatilitätsindex VIX zog nach fünf Tagen mit Kursrückgängen wieder an. Daten vom US-ArbeitsmarktMarktreaktionen auf die EZB könnten jedoch am Freitagnachmittag schon wieder überholt sein. Dann werden die monatlichen US-Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Der Bloomberg-Konsens rechnet mit 225 000 neuen Stellen außerhalb der Landwirtschaft nach 214 000 Jobs im Oktober sowie einer unveränderten Arbeitslosenquote von 5,8 %. Die Notenbank Federal Reserve misst der Arbeitsmarktentwicklung bei ihren Zinsentscheidungen große Bedeutung zu. Daher dürften Abweichungen vom Konsens die US-Zinserwartungen beeinflussen und könnten damit insbesondere beim Dollar-Kurs und den Renditen von US-Staatsanleihen Wirkung zeigen.