Vorbereitungen für den großen Vermögenstransfer
Das heutige Vermögen wird überproportional von älteren Generationen gehalten, bedingt durch demografischen Wandel und Wertsteigerungen, insbesondere bei Immobilien. BCG prognostiziert einen Anstieg der jährlichen Erbschaften in Deutschland auf bis zu 400 Mrd. Euro bis 2027, verglichen mit 101,4 Mrd. Euro an Schenkungen und Erbschaften im Jahr 2022 (Destatis). Doch: Studien zeigen, dass bis zu 70% der vermögenden Familien ihr Vermögen in der zweiten und 90% in der dritten Generation verlieren, was den Umgang mit Generationenvermögen zu einer Herausforderung macht.
Dieser Vermögensverlust ist in Teilen unvermeidbar. Dennoch geht oft unnötig Familienvermögen verloren, weil es an Kommunikation innerhalb der Familie mangelt. Eine unzureichende Vorbereitung und fehlende Abstimmung der finanziellen Ziele verschärfen das Problem. Finanzberater können in dieser Situation ihre Stärken zeigen, denn sie bieten wichtige Unterstützung. Entscheidend ist die Ansprache der Erbengeneration. Erbschaften gehen oft zuerst an Frauen, da sie häufig eine höhere Lebenserwartung haben als Männer. In Deutschland beträgt der Unterschied fünf Jahre, weltweit sind es sogar sieben Jahre. Zudem waren deutsche Frauen 2023 bei der Heirat durchschnittlich zweieinhalb Jahre jünger als ihre Partner.
Fehlendes Engagement
Nach dem Tod ihres männlichen Partners neigen Frauen oft dazu, sich von ihrem Finanzberater zu trennen. Studien zeigen die Gründe für Beraterwechsel nach Erbschaften: Der Berater hat oft keine eigenständige Beziehung zur Partnerin aufgebaut. Zudem werden persönliche Ziele und Wünsche für die Zusammenarbeit oft übersehen. Auch erbende Kinder wenden sich häufig von den Beratern ihrer Eltern ab. Eine Untersuchung von Cerulli Associates belegt: 87% der Kinder ziehen den elterlichen Berater nicht in Betracht. Der Hauptgrund ist fehlendes Engagement seitens des Beraters.
So können sich auch für Finanzberater bei der Vermögensübertragung Herausforderungen ergeben. Oft stehen sie dem Kunden näher als den Erben. Die Aufteilung der Erbschaften kann zudem bedeuten, dass die Erben kleinere Vermögen erhalten, als der Berater üblicherweise betreut. Eine weitere Betreuung kann dann unwirtschaftlich werden.
Der große Beratungstransfer
Angesichts dieser Faktoren erwartet das Vanguard Advisory Research Centre (ARC) eine Verlagerung von einer geringeren Anzahl größerer Anlageportfolios, die derzeit von den über 60-Jährigen gehalten werden, zu einer größeren Anzahl kleinerer Portfolios, die von ihren späteren Erben gehalten werden.
Aktuelle Trends zeigen zudem, dass ein großer Teil dieses Vermögens nicht nur neue Eigentümer haben wird, sondern auch von einem neuen Berater verwaltet wird. Mit dem Beginn des großen Vermögenstransfers werden Berater, die einen Weg finden, die nächste Generation auf die richtige Weise und zum richtigen Zeitpunkt einzubinden, einen erheblichen Vorteil haben. Um die Familienmitglieder effektiv in den Beratungsprozess einzubeziehen, ist oft Flexibilität erforderlich. Berater müssen mit Familien in verschiedenen Konstellationen zusammentreffen. Darüber hinaus möchten Vermögende oft bestimmte „Rahmenbedingungen“ festlegen, in welchem Umfang Informationen über Vermögenswerte offengelegt werden.
Auf Wandel vorbereiten
Beratungsunternehmen sollten auch die Entwicklung spezieller Dienstleistungen für den Vermögensübertrag in Betracht ziehen. Ein spezialisierter Ansatz kann Zeit freisetzen, die für den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen und notwendige, oft emotionale Gespräche genutzt werden kann.
Finanzberater haben einen unschätzbaren Dienst geleistet, indem sie einer Generation geholfen haben, finanziellen Wohlstand zu erreichen. In den kommenden Jahrzehnten steht jedoch ein großer Wandel bevor: Billionen an Vermögen werden von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Finanzberater müssen ihre Praktiken auf diesen Wandel vorbereiten, um diese Herausforderung erfolgreich zu bewältigen.