DEVISENWOCHE

Vorläufige Stabilität dank strikter Kontrollen

Von Wolfgang Ernst *) Börsen-Zeitung, 13.10.2015 Die ukrainisc,he Hrywnja zeigte in den vergangenen Jahren markante Abwertungsbewegungen, unterbrochen durch Phasen, in denen die Nationalbank der Ukraine (NBU) unter Einsatz ihrer Währungsreserven...

Vorläufige Stabilität dank strikter Kontrollen

Von Wolfgang Ernst *)Die ukrainisc,he Hrywnja zeigte in den vergangenen Jahren markante Abwertungsbewegungen, unterbrochen durch Phasen, in denen die Nationalbank der Ukraine (NBU) unter Einsatz ihrer Währungsreserven versuchte, die Währung stabil zu halten. Zuletzt endete eine solche Phase Anfang 2014, als die Zentralbank eine neuerliche Abwertung der Hrywnja zulassen musste. Erst in enger Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) brachte es die NBU im Jahresverlauf 2015 zuwege, die extrem instabile Situation am Devisenmarkt wieder unter Kontrolle zu bringen. Seither konnte der Wechselkurs von Dollar in Hrywnja (USD/UAH) mit Hilfe strikter administrativer Kontrollen in einem Korridor von USD/UAH 21,00 bis 23,00 gehalten werden. Talsohle scheint erreichtDie ukrainische Volkswirtschaft scheint unterdessen langsam die Talsohle zu erreichen, und einige Wirtschaftsindikatoren zeigen Anzeichen positiver Trends. Die Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und die Inflation sind trotz hoher Werte rückläufig. Der nachhaltige Abwärtstrend bei der Inflation veranlasste die Nationalbank zur Senkung der Leitzinsen von 30 % auf 22 %. Eine weitere Verbesserung der Wirtschaftssituation dürfte in den kommenden Monaten mehr geldpolitische Lockerung nach sich ziehen, zumal die Zentralbank damit auch eine Normalisierung der Situation signalisieren möchte. Positiv ist auch zu vermerken, dass ein Übereinkommen über die Umstrukturierung der staatlichen Auslandsschulden erzielt werden konnte. Gleichzeitig wird die Kooperation mit dem IWF fortgesetzt, die Mittel des IWF, der EU oder bilaterale Unterstützung (China, Schweden) wurden dazu verwendet, die internationale Reserveposition des Landes aufzufüllen. Verlängert bis DezemberZwar hat die Zentralbank mehrfach angekündigt, als Ziel eine Liberalisierung des Wechselkurses und damit eine freier schwankende Hrywnja zuzulassen, doch war bislang das Risiko zu groß durch eine Auflösung der administrativen Kontrollen eine erneute signifikante Abwertung zu provozieren. Entsprechend entschied sich die Zentralbank unlängst, die Mehrheit der Kapitalkontrollen bis 4. Dezember 2015 zu verlängern. Lediglich einzelne Maßnahmen ohne größere Auswirkungen auf UAH wurden gelockert.Normalerweise verlängert die Zentralbank diese Maßnahmen um jeweils drei Monate, was entsprechend eine nächste Überprüfung erst wieder für Anfang März 2016 wahrscheinlich macht. Wir erwarten dementsprechend nun eine Lockerung der Kapitalkontrollen erst für das erste Halbjahr 2016, ursprünglich hatten wir mit einer weiteren Liberalisierung bereits im vierten Quartal 2015 gerechnet. Nach einer Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen gaben 40 % der Teilnehmer die erste Jahreshälfte 2016 als wahrscheinlichsten Termin für eine Lockerung der Kapitalkontrollen an, lediglich 35 % der Teilnehmer erwarteten dies für 2017 oder später. Kapitalverkehr kontrolliertDurch anhaltende Kapitalkontrollen sollte die Zentralbank nunmehr weiter in der Lage sein, eine Abwertung der Hrywnja vorerst zu verhindern. Doch wird es früher oder später zu einer Lockerung oder Aufhebung der Kontrollen kommen müssen, was in Anbetracht der schwachen wirtschaftlichen Lage sowie bei weiterhin keinen nennenswerten privaten Kapitalzuflüssen bzw. gegebenenfalls sogar Kapitalabfluss ein hohes Risiko für eine erneute Währungsabwertung mit sich bringen sollte. Fixkurs macht keinen SinnNeben den eher schwachen Fundamentaldaten besteht außerdem ein gewisser Aufstau beim Umtauschbedarf (z. B. Gewinnabführung ausländischer Unternehmen), der den Hrywnja-Kurs kurzfristig unter Druck setzten könnte, zumal durch die Kapitalmarktkontrollen ein solcher Umtausch in Fremdwährung lange nicht möglich war. Mit einer Lockerung oder Abschaffung der Kapitalkontrollen wird sich außerdem die Frage stellen, welches Währungsregime die Zentralbank danach anstrebt.Ein Fixkurssystem wie in der Vergangenheit macht dabei unserer Ansicht nach wenig Sinn, zumal dies erneut zu kontinuierlichen Abflüssen der Währungsreserven führen würde. Wahrscheinlicher erscheint uns in diesem Zusammenhang für die Ukraine eher eine Art Crawling Peg, also eine langsame, kontrollierte Abwertung möglicherweise in einem gesetzten Währungsband.—-*) Wolfgang Ernst arbeitet im Bond Market / Currency Research der Raiffeisen Bank International.