Warum Dividenden wieder im Trend sind
Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (283)
Warum Dividenden wieder im Trend sind
Dividenden sind beliebt, weil sie in unsicheren Märkten zu einem stabilen Anlageerfolg beitragen können. Doch was passiert mit den Gewinnausschüttungen in einer Rezession? Es lohnt sich, Dividendenstrategien genauer zu betrachten. Das R-Wort ist seit Ende 2022 in aller Munde – aber die schon oft beschworene Rezession lässt auf sich warten. Das deutsche BIP verzeichnete zwar bereits zum zweiten Mal in Folge ein leichtes Negativwachstum auf Quartalsbasis, in den USA verhindert hingegen ein robuster Arbeitsmarkt die wirtschaftliche Bremsung.
Auch an den Anleihemärkten deutet vieles auf einen konjunkturellen Einbruch hin. Dort liefern kurzlaufende Anleihen schon seit fast zwölf Monaten höhere Renditen als Festverzinsliche mit längerer Laufzeit. Eine solche inverse Zinskurve ist gewöhnlich ein Zeichen dafür, dass Marktteilnehmer bald einen Umschwung bei der Leitzinsentwicklung erwarten. Aber wann kommt die Rezession? Seit die Zentralbanken eine deutlich aktivere Rolle im Geschehen einnehmen, verändern sich die Konjunkturzyklen. Zuletzt haben Marktbeobachter gleich mehrfach hintereinander einen Fehlalarm ausgelöst. Ein Grund: Viele Unternehmen haben sich mit neuen Schulden refinanziert, als die Zinssätze deutlich niedriger waren als jetzt. Sie haben aktuell ausreichend Fremdkapital zur Verfügung und entsprechend wenig akuten Kreditbedarf.
Sorgen vor einer Rezession sind insofern weder unbegründet noch übertrieben. Produktionsrückgänge in Europa, verschärfte Kreditkonditionen in den USA und die inverse Zinskurve am Anleihemarkt sind Signale, die Anleger nicht ignorieren können. Doch die Wirtschaft dürfte dieses Mal eher langsam abkühlen als hart landen. Anleger haben somit noch Zeit, ihr Portfolio defensiver auszurichten. Gut, wenn man bis dahin vorbereitet ist.
An den Börsen wird die Zukunft gehandelt – so lautet jedenfalls eine verbreitete Börsenweisheit. Gemeint ist damit die Aussicht auf künftige, möglichst steigende Gewinne, die im Kalkül vieler Anleger eingeplant sind und die Kurse treiben sollen. Derzeit wird der Blick nach vorn aber von vielen Unsicherheiten getrübt – allen voran die genannten konjunkturellen Sorgen. In Zeiten großer globaler Verwerfungen sind es daher eher die stabilen und planbaren laufenden Erträge, die zum Erfolgsfaktor werden.
Da passt es, dass die Dividendensaison 2023 ein Rekordjahr war. Allein die 40 Dax-Konzerne schütteten rund 75 Mrd. Euro aus, der Zahltag für deutsche Anleger fiel also üppig aus. Besonders hohe Dividenden zahlen Unternehmen aus der Chemie-, Automobil- und Versicherungsbranche. Weit vorne lag der Chemie-Gigant BASF, der am 27. April seine Hauptversammlung abgehalten und dort eine Dividende von 3,40 Euro pro Aktie beschlossen hatte. Volkswagen als Spitzenreiter schüttete gar 8,76 Euro pro Aktie aus. Aktionäre können sich damit über eine Dividendenrendite von über 7% freuen. Dividendenstrategien passen also gut in diese Zeit. Denn regelmäßige hohe Ausschüttungen können gerade in Krisenzeiten ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Das hilft, in turbulenten Phasen einen kühlen Kopf zu bewahren und überstürzte Verkäufe zu vermeiden.
Widerstandsfähig
Zur Psychologie kommen fundamentale Gründe: Selbst in schwieriger Wirtschaftslage halten die Unternehmen oft an ihren Ausschüttungen fest. Dabei geht es um Image und Vertrauen, aber auch darum, Kurse stabil zu halten. Schließlich gelten zuverlässige Dividendenzahler als gesund, bilanzstark und liquide – ein Ruf, den sie nur ungern riskieren möchten. Zudem sind Dividendenaktien im Vergleich zu sogenannten Wachstumstiteln – die etwaige Gewinne nicht ausschütten, sondern eher investieren – gemeinhin günstiger bewertet. Die Bewertungen solcher Substanzaktien leiden zudem auch weniger unter steigenden Zinsen.
Statt Klarheit und Orientierung brachte das Jahr bislang weitere Unsicherheiten. Bei hoher Volatilität und einer drohenden Rezession können Dividendenstrategien ihre relative Stärke ausspielen. An den Börsen werden eben nicht nur die Gewinne der Zukunft gehandelt – sondern auch die Früchte der Vergangenheit geerntet.